Ein Fahrgast hält ein Smartphone mit einem digitalen Deutschlandticket an einer U-Bahnstation in der Hand.

Offene Finanzierung Söder sieht Deutschlandticket vor dem Aus

Stand: 12.11.2024 14:46 Uhr

Ohne die Ampel im Bund wackelt die ohnehin strittige Finanzierung des Deutschlandtickets. Jetzt will Bayerns Ministerpräsident Söder das Ticket abschaffen - außer der Bund übernimmt alle Kosten. Das führt zu Kritik.

Angesichts der schlechten Wirtschaftslage und eines hohen Investitionsbedarfs sieht CSU-Chef Markus Söder für das Deutschlandticket keine Perspektive mehr. "Ich kann mir gut vorstellen, dass wir ein Ferienticket, 49 Euro, für einen Monat im Jahr finanzieren können, damit man einmal im Jahr ein günstiges Ticket hat, beispielsweise um nach Bayern zu fahren. Auf Dauer aber kann das 49-Euro-Ticket, das ja schon nicht mehr 49 Euro teuer ist, kaum gehalten werden", sagte der bayerische Ministerpräsident.

"Wenn der Bund es nicht bezahlt, dann muss es fallen"

Auf Nachfrage konkretisierte Söder, dass die Zukunft des Tickets aus seiner Sicht direkt gekoppelt sei mit einer vollständigen Finanzierung durch den Bund. "Wenn der Bund es nicht bezahlt, dann muss es fallen - ganz einfach."

Nach der Wahl müsse die neue Bundesregierung prüfen, ob die Finanzierung "in der Gesamtverantwortung des Bundes" möglich sei. "Meine Priorität ist Entlastung für Bayern und mehr Investitionen in Infrastruktur."

Söder: Mehr Geld für Infrastruktur

Aus Söders Sicht fließt beim Deutschlandticket zu viel Geld in die Subventionierung der Fahrkarten und zu wenig in den Ausbau der Infrastruktur: "Schiene, Verkehr, Brücken, Wohnungen können noch mehr Geld vertragen. Deutlich mehr Geld." Alleine Bayern koste das Deutschlandticket 400 Millionen Euro pro Jahr. "Wir halten diese Balance für falsch auf Dauer." Es brauche eine grundlegende Überarbeitung.

Das Deutschlandticket deckt - wie viele andere ÖPNV-Fahrkarten auch - bei weitem nicht die Kosten für den Betrieb von Bussen und Bahnen. Es wird deshalb von Bund und Ländern subventioniert - jeweils zur Hälfte. Beide Seiten steuern jährlich jeweils 1,5 Milliarden Euro bei. Die Mehrkosten für das Ticket für die Verkehrsunternehmen gehen jedoch perspektivisch über diese drei Milliarden Euro hinaus - deswegen soll das Ticket ab 2025 auch nicht mehr 49 Euro, sondern 58 Euro kosten.

Grünen-Minister: Mittel dringend übertragen

Laut Bundesverkehrsministerium ist diese hälftige Finanzierung auch für 2025 grundsätzlich gesichert. Noch offen ist aber unter anderem eine Gesetzesänderung, mit der 2023 und 2024 nicht ausgeschöpfter Mittel für das Ticket auf das kommende Jahr übertragen werden. Das Ampel-Aus gefährdet diese Pläne nun.

Zwar habe das Aus für die Regierungskoalition und der nicht verabschiedete Haushalt für das kommende Jahr keine unmittelbaren Folgen für das Deutschlandticket, versicherte das von den Grünen geführte nordrhein-westfälische Verkehrsministerium, das den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz hat. Der baden-württembergische Ressortchef Winfried Hermann - ebenfalls Grüne - mahnte aber, nicht gebrauchte Mittel müssten dringend ins nächste Jahr übertragen werden. Womöglich würde das Ticket sonst teurer.

Söders Vorstoß stieß in anderen Bundesländern auf Kritik. Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies erklärte: "Wir sollten nicht an den Grundfesten der Finanzierung rütteln." Das sei keine Forderung, mit der Niedersachsen allein dastehe, sagte der SPD-Politiker. Seine Amts- und Parteikollegin aus dem Saarland, Mobilitätsministerin Petra Berg, sprach von einem "isolierten Vorstoß" Söders, der sich "aus der Verantwortung ziehen" wolle.

"Der gesellschaftliche Wert ist immens"

Der Bundesverband Schienennahverkehr appellierte: Es müsse "endlich ein Ende haben", die Existenzberechtigung des Tickets in Frage zu stellen. Den Erhalt des Tickets gebe es zwar nicht umsonst - "aber der gesellschaftliche Wert ist immens". 

Mit dem Ticket kann der öffentliche Nahverkehr in ganz Deutschland genutzt werden - unabhängig von Bundesland, Verkehrsverbund oder Tarifgebiet. Das Ticket gilt für Bus und Bahn. Ausgenommen sind lediglich Züge des Fernverkehrs wie beispielsweise ICE, IC und TGV.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. November 2024 um 15:06 Uhr.