Barett der Bundesverfassungsrichter des Ersten Senats.
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Wegweisendes Urteil erwartet Verfassungsgericht entscheidet über Soli

Stand: 26.03.2025 01:43 Uhr

Darf der Solidaritätszuschlag 35 Jahre nach der Wiedervereinigung noch erhoben werden? Falls das Gericht den Soli kippt, fehlen der neuen Regierung Milliarden.

Von Alena Lagmöller , ARD-Rechtsredaktion

Seit Jahrzehnten ist der Solidaritätszuschlag ein politischer Zankapfel. Am Bundesverfassungsgericht könnte es nun zum Ende der sogenannten Ergänzungsabgabe kommen. Denn sechs FDP-Politiker haben Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie wollen erreichen, dass der Soli endgültig und für alle entfällt.

Vor allem Gutverdiener und Unternehmen zahlen

Eingeführt wurde der Soli vor 30 Jahren, um die Wiedervereinigung und den "Aufbau Ost" zu finanzieren. Ursprünglich mussten ihn alle Steuerpflichtigen zahlen. 2021 änderte sich das. Vor allem Gutverdiener zahlen nun noch den Soli. Konkret heißt das: nur noch etwa zehn Prozent der privaten Steuerzahler.

Ledige müssen aktuell ab einem zu versteuernden Einkommen - also Bruttoeinkommen minus Freibeträge - von 73.484 Euro zahlen, verheiratete Paare ab 146.968 Euro. Daneben werden die meisten Unternehmen weiter voll belastet - und auch höhere Gewinne aus Kapitalanlagen. Alle anderen Steuerzahler hatte die damalige Große Koalition davon befreit.  

Sechs FDP-Mitglieder klagen gegen Steuerbescheide

Die sechs FDP-Mitglieder wehren sich gegen die Festsetzung des Soli in ihren eigenen Steuerbescheiden mit einer Verfassungsbeschwerde. Florian Toncar ist einer von ihnen. Bis zum Bruch der Ampelkoalition war er Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. Toncar meint: Der Soli hätte nur vorübergehend erhoben werden dürfen.

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Bundesverfassungsgericht entscheidet über Klage mehrerer FDP-Politiker gegen Solidaritätszuschlag

Kolja Schwartz, SWR, Morgenmagazin, 26.03.2025 05:30 Uhr

"Vorübergehend ist jetzt schon 30 Jahre, obwohl die Kosten für Wiedervereinigung, der sogenannte Solidarpakt, inzwischen ausgelaufen ist." Laut Toncar ist der Soli ein klassisches Beispiel für eine Steuer, bei deren Einführung versprochen wird, dass sie wieder wegfällt, aber Politikern doch wieder Gründe einfallen, die Steuer weiter zu erheben. 

"Verfassungsgericht stößt an Grenzen"

Jura-Professor Uwe Volkmann vertrat die Grünen vorm Bundesverfassungsgericht. Er ist der Ansicht, dass der Soli auch weiterhin erhoben werden darf.

Der Gesetzgeber habe einen großen Spielraum bei der Frage, ob und wie lange eine solche zusätzliche Abgabe erhoben werde: "Vor allem stößt ein Verfassungsgericht hier an die Grenzen seiner Möglichkeiten, wenn es sich daran machen wollte, einen Finanzbedarf des Bundes zu überprüfen."

Ungerechte Belastung für Reiche?

Die FDP-Kläger halten den Soli auch für ungerecht. Begründung: Nur zehn Prozent der Steuerzahler müssten den Soli zahlen, diejenigen mit den höchsten Einkommen. Dies verstoße gegen den Gleichheitssatz. Dem widerspricht Jura-Professor Volkmann. Dass nur noch wenige den Soli zahlten, sei wegen des Sozialstaatsprinzips gerechtfertigt.

"Die Besteuerung und Erhöhung von Abgaben ist auszurichten an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, und das setzt eine entsprechende Abstufung voraus, nach dem Grundsatz: Starke Schultern können auch mehr tragen als schwache", so Volkmann.

Bundesfinanzhof hält den Soli für verfassungsgemäß

Der Bundesfinanzhof in München ist das höchste deutsche Finanzgericht. Dort hatte man 2023 entschieden: Der Soli sei "noch" verfassungsgemäß. An dieses Urteil ist das Bundesverfassungsgericht nicht gebunden. Fest steht: Gibt das Bundesverfassungsgericht den Klägern recht und kippt den Soli, dann fehlen der neuen Regierung in Zukunft Milliardeneinnahmen im Haushalt.

Denkbar wäre auch, dass die Richterinnen und Richter den Soli sogar rückwirkend für nichtig erklären. Dann müsste der Bund den betroffenen Steuerzahlern das Geld für mehrere Jahre zurückerstatten. Das wären etwa 65 Milliarden Euro. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. März 2025 um 07:00 Uhr.