Klausurtagung der SPD Intern Diskussionen - nach außen Geschlossenheit
Trotz Krieg und Energiekrise: Die SPD hat zu neuer Ruhe gefunden. Bei der Jahresauftaktklausur könnte es dennoch kontrovers werden - allerdings intern. Denn neben dem Ausbau der Infrastruktur soll es auch um Lambrechts Video gehen.
Wie steht es eigentlich um die SPD? Einst gab es da diese einfache Antwort: "Fraktion gut. Partei auch. Glückauf", sagte Franz Müntefering, damals Meister der kurzen Sätze. Knapp 20 Jahre später zieht Generalsekretär Kühnert in der ARD diese Bilanz: "Ich würde heute sagen. 'Partei Gut. Fraktion auch. Weltlage schwierig'."
Schwierig ist noch freundlich ausgedrückt. Krieg. Energie- und Klimakrise. Und mittendrin eine SPD, die den Krisenkanzler stellt und einen Kaltstart als Regierungspartei in dieser Katastrophenwelt von heute organisieren musste.
Dafür gehe es der Partei doch prächtig: "Schau mal einer an", so Kühnert im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. "Auch über ein Jahr nach der Regierungsübernahme sind die immer noch eine überraschend geschlossene Partei."
Kühnert: Alle sollen wissen, was uns leitet
Geschlossen also. Wenn jetzt die Sozialdemokraten zur Vorstandsklausur zusammenkommen, geht es um Bilanz und Ausblick. Wo stehen wir, wo wollen wir hin? Und: Erklären wir eigentlich genug? Kühnert hatte einst versprochen, sich nicht im Willy-Brandt-Haus einzumauern.
Knapp drei Jahre später findet er: Das hat geklappt: "Ich muss respektieren, dass nie alle mit unser Politik übereinstimmen. Aber mein Anspruch ist, dass alle wissen, was uns leitet. Darauf richte ich die Kommunikation im Willy-Brandt-Haus aus."
Rosenthal: SPD wird daran gemessen, was sie tut
Stichwort Kommunikation. Für die Vorstandsklausur hat die SPD sich Expertise von außen eingeladen. Thema: Kommunikation in Zeiten multipler Krisen. Die SPD will wissen, was besser laufen könnte. Vermutlich so einiges.
Kühnert lächelt da milde. Da war das total verrutschte Silvestervideo der Verteidigungsministerin. Auch darüber wollen sie reden - allerdings intern: "Das Silvestervideo hätte jetzt nicht sein müssen. Aber Christine Lambrecht ist nicht Instagram-Ministerin in Deutschland, sondern Verteidigungsministerin."
Überhaupt Kommunikation. Jessica Rosenthal, Vorstandsmitglied und Jusochefin, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, sie wolle über Verteilungsgerechtigkeit reden, über Hilfe für Studierende und Geringverdiener. "Von daher ist die Frage der Kommunikation zweitrangig", sagte Rosenthal. "Die SPD wird daran gemessen, was sie tut und wie sie handelt. Da ist einiges schon gut gelaufen."
Vermögenssteuer, Klimaschutz und Fachkräfte
Anderes aber will die Jusochefin 2023 ganz oben auf der Agenda sehen: die Vermögensteuer. Für die SPD ist es ein Klassiker. Aber einer, an dem die SPD trotz des in diesem Punkt sturen Finanzministers Christian Lindner samt seiner FDP viel Freude hat. "Tun wir genug? Kämpfen wir hart genug, dafür, dass soziale Gerechtigkeit in der Krise herrscht?", fragte Rosenthal. "Da müssen wir eine Schippe drauflegen."
So soll es außerdem um die Sicherung des Industriestandortes gehen unter Berücksichtigung von Klimaschutzfragen. Außerdem will die Partei über eine Fachkräfteoffensive reden. Themen, sagte Kühnert, die auch für die Europawahl 2024 und die kommende Bundestagswahl wichtig würden.
SPD-Chef fordert Tempo bei Infrastrukturausbau
Und noch zwei Themen liegen der SPD am Herzen: die schnellere Modernisierung der Infrastruktur und der Ausbau der erneuerbaren Energien. SPD-Chef Lars Klingbeil verwies auf das Tempo beim Bau der Flüssiggas-Terminals und nannte sie vorbildlich für eine neue "Deutschland-Geschwindigkeit". "Wir haben gesehen, dass in Niedersachsen ein LNG-Terminal mit einer neuen Deutschland-Geschwindigkeit in nur 200 Tagen fertiggestellt wird", sagte Klingbeil dem RND.
Das zeige: Es gehe, wenn die Notwendigkeit und der politische Wille da seien. "Ich erwarte, dass eine solche Geschwindigkeit jetzt auch bei der Modernisierung unserer Infrastruktur in allen Bereichen aufgenommen wird", so Klingbeil. Damit meint er auch das Bildungssystem von der Kita bis zur Universität, die öffentliche Verwaltung oder die Gesundheitsvorsorge - all das zählt die SPD zur Infrastruktur.
Mützenich: In Ruhe arbeiten
Zwei Tage tagen die Sozis. In der kommenden Woche trommelt Fraktionschef Rolf Mützenich dann seine Fraktion zusammen. Er hat für 2023 auch schon einen Vorschlag: Lasst uns in Ruhe arbeiten. "Ich rate immer jedem, nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, sondern in Ruhe zu arbeiten", sagte Mützenich. "Lösungen wird man finden. Ob sie immer allen gefallen, kann ich nicht garantieren."
Dass die SPD vor lauter Ruhe und Geschlossenheit zum neuen "Kanzlerwahlverein" verkommt, fürchtet Kühnert nicht. "Wenn ich nicht bereit wäre, die Politik meiner Partei in der Regierung und damit auch meines Bundeskanzlers zu verteidigen, hätte ich mich nicht als Generalsekretär bewerben dürfen", betonte Kühnert und ergänzte: "Das heißt nicht, dass ich keine eigene Meinung habe."
Interne Diskussionen und Geschlossenheit nach außen
Die werden die Sozis bei der Vorstandsklausur zu hören bekommen. Allerdings intern: Das hat sich offenbar bewährt. "Nicht, weil wir alle im Keller einsperren, oder weil wir keine unterschiedlichen Meinungen haben", erklärte der SPD-Generalsekretär.
"Wir haben einfach gelernt, man klärt Themen nach innen und tritt dann geschlossen auf. Das hat uns stark gemacht. Das halten wir durch", so Kühnert.