Studie zum öffentlichen Dienst Fast jeder Vierte erlebt Gewalt im Job
Beleidigung, Bedrohung und manchmal auch Gewalt: Eine groß angelegte Studie zeigt, dass fast ein Viertel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst solche Erfahrungen machen musste. Innenministerin Faeser zeigte sich "zutiefst erschüttert".
Knapp jeder vierte Beschäftigte im öffentlichen Dienst hat Gewalterfahrungen gemacht. Das geht aus einer Studie hervor, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Berlin vorstellte. Danach gaben 23 Prozent der Beschäftigten an, bereits Gewalterfahrungen gemacht zu haben, zwölf Prozent berichteten sogar von mehreren Vorfällen innerhalb eines Jahres.
Anstieg während der Pandemie
Für die Untersuchung befragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr als 10.000 Beschäftigte aus über 1600 Behörden. Die Polizei wurde in die Untersuchung nicht mit einbezogen. Laut Studie unterscheidet sich die Häufigkeit stark nach Beschäftigungsbereich: Bei Feuerwehr und Rettungskräften, im Veterinäramt, im Ordnungsamt und im Justizvollzug erlebten den Angaben zufolge ein Drittel oder mehr Beschäftigte innerhalb eines Jahres Gewalt, Bedrohung oder Beleidigungen.
In den Hochschulen, der Sozial- und Arbeitsverwaltung und der Justiz machten unter zehn Prozent der Beschäftigten solche negativen Erfahrungen. Männer waren etwas häufiger betroffen als Frauen. Die Zahlen sind während der Corona-Pandemie angestiegen. Eine Zunahme beobachteten die Forscher vor allem in den Bürgerämtern, bei Gerichtsvollziehern und Justizs gegen Mitarbeiter des Ordnungsamtes.
Hohe Dunkelziffer
Lediglich rund 30 Prozent der erlebten gewalttätigen Übergriffe wurden an Vorgesetzte oder andere Stellen gemeldet - "die Dunkelziffer lag also bei 70 Prozent", heißt es in der Zusammenfassung der Untersuchung. Viele Beschäftigte gaben an, sie hätten den bürokratischen Aufwand gescheut.
Von den Beschäftigten, die solche Übergriffe erlebt haben, berichteten den Angaben zufolge 44 Prozent, sie hätten dadurch nun ein ungutes Gefühl bei der Arbeit. Jeder vierte Betroffene litt demnach unter psychischen Problemen wie Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen oder Depressionen.
"Unhaltbare Zustände"
Bundesinnenministerin Faeser besuchte gemeinsam mit Gewerkschaftsvertretern das Ordnungsamt Berlin-Mitte, um sich von den Beschäftigten aus erster Hand von deren Gewalterfahrungen berichten zu lassen. Sie sprach von einem "erschütternden Ergebnis". Die Täter müssten hart verfolgt werden.
Ihr Ministerium wolle sich gemeinsam mit den Gewerkschaften für eine bessere Gewaltprävention und einen besseren Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einsetzen. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, forderte eine systematische Erfassung der Angriffe sowie Prävention und Nachsorge.
Nach den Worten der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi ist Gewalt gegen Beschäftigte kein Randphänomen. Im Umgang gebe es zudem deutliche Defizite: Oft fehle Betroffenen die Unterstützung der Vorgesetzten. Ein Großteil der Befragten fühle sich nicht sicher im Dienst. "Das sind unhaltbare Zustände, die die Arbeitgeber beseitigen müssen", so Fahimi.