Finanzierung von Militärhilfen Deutschland setzt auf neue Geldquelle für Kiew
Angesichts knapper Kassen will die Bundesregierung der Ukraine vorerst keine neuen Hilfen mehr bereitstellen. Ausnahmen sind laut Finanzministerium aber möglich. Die Unterstützung für Kiew soll künftig aus anderer Quelle kommen.
Rund acht Milliarden Euro hatte die Bundesregierung in diesem Jahr für die Unterstützung der Ukraine eingeplant. Schon Anfang Juli allerdings wurde klar, dass die Mittel für die Militärhilfen zur Neige gehen. Sie seien "weitgehend verausgabt und gebunden", sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius im Vorfeld des NATO-Gipfels.
Mit einem Teil des Geldes war Material direkt beschafft worden. Anderes wurde fest bestellt - und wird auch noch geliefert. Was im Juli im Topf noch übrig war - aus Sicht des Verteidigungsministers zu wenig: "Wir arbeiten gerade daran, zusätzliche Mittel loszueisen", so Pistorius.
Das Geld fehlt
Das scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein. Darauf jedenfalls deutet ein interner Schriftverkehr zwischen dem Kanzleramt, dem Finanz- und dem Verteidigungsministerium hin, der der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vorliegt. Der Tenor: Neue Anträge können nicht bewilligt werden, weil das Geld fehlt.
Wenn also die Ukraine in diesem Jahr beispielsweise weitere Munition, Ersatzteile oder Militärgerät anfragen würde, dann müsste die Bundesregierung "nein" sagen. Und hoffen, dass ein anderes Land in die Bresche springt.
Ausnahmen bleiben möglich
Von einem Ende der Ukraine-Hilfen kann aus Sicht der Bundesregierung trotzdem keine Rede sein. Denn Waffen und Munition, die schon genehmigt sind, werden geliefert.
Das Finanzministerium betont, dass es auch in diesem Jahr noch Ausnahmen geben könnte. "Dazu müssen aber die zusätzlichen Bedarfe konkret gemeldet und nachvollziehbar sein, um allen haushaltsrechtlichen Regeln zu entsprechen und den Deutschen Bundestag auf dieser Basis um eine Genehmigung bitten zu können", schreibt das Ministerium auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios. Und weiter: "Dem Bundesministerium der Finanzen liegt hierfür aber bisher keine konkrete Bedarfsmeldung vor. Deshalb kann weder geprüft noch entschieden werden."
"Größter Unterstützer"
Auch wenn die Devise gilt, dass man künftig weniger Geld aus dem Bundeshaushalt für die Ukraine-Hilfen zur Verfügung stellen will, wies SPD-Haushaltspolitiker Dennis Rhode darauf hin: "Wir sind weiterhin der größte Unterstützer in Europa für die Ukraine. Wir sind auch bei der Militärhilfe der größte Unterstützer. Und das wollen und werden wir auch bleiben."
Vier Milliarden Euro hat die Bundesregierung bisher im Etat für 2025 vorgesehen. Ein Großteil der Mittel für die Ukraine-Hilfe soll künftig auf anderem Wege finanziert werden - und zwar mit Hilfe des eingefrorenen Vermögens der russischen Zentralbank.
Kredit über 50 Milliarden Dollar für Kiew
Kanzler Olaf Scholz hatte sich gemeinsam mit anderen Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, einen Teil der Zinsen, die mit dem Vermögen erwirtschaftet werden, zugunsten der Ukraine zu nutzen. Kiew soll ein 50-Milliarden-Dollar-Kredit zur Verfügung gestellt werden: "Damit die Ukraine das beschaffen kann, was sie für ihre Verteidigung braucht, aber auch Fragen der humanitären Entwicklung voranbringen kann. Infrastruktur wieder entwickeln kann, die ja auch zerstört worden ist. Alles das ist dringend notwendig."
Der Kanzler ist zuversichtlich, dass der Kredit zustande kommt, trotz rechtlicher Bedenken und vieler offener Fragen mit Blick auf die Umsetzung. Im besten Fall, heißt es hinter den Kulissen, stehe der Kredit zum Ende des Jahres.
Botschafter ist optimistisch
Was passiert, wenn das Vorhaben scheitert, darüber mag sich gerade niemand Gedanken machen. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksij Makejew, der zurzeit in der Ukraine unterwegs ist, zweifelt jedenfalls nicht daran, dass Deutschland auch weiterhin an der Seite seines Landes steht.
"Sie können all die Einwohner der Ukraine, all die Kiewer hier, fragen: Sie wissen die deutsche Unterstützung hoch zu schätzen. Ich hoffe sehr, und ich bin mir sicher, dass es auch weiter so läuft."