"Wachstumschancengesetz" Warum es auch die "Light-Variante" schwer hat
Das "Wachstumschancengesetz" gibt es nun in einer Light-Variante - dennoch hat es nur geringe Chancen auf Verwirklichung. Was ist geplant, warum ist das so kompliziert - und was hat der Agrardiesel damit zu tun?
Die Ausgangslage
Es ist kompliziert. Das fängt schon beim Namen an: "Wachstumschancengesetz". Dahinter verbirgt sich ein Entlastungspaket für die schwächelnde Wirtschaft. Auf ihrer Kabinettsklausur vor einem halben Jahr in Meseberg hatte die Ampel das Paket präsentiert, der Bundestag stimmte im November zu. Im Bundesrat aber stoppten Länder das Ganze, weil sie Änderungen forderten. Sie kritisierten vor allem befürchtete Steuerausfälle für die Kommunen. Nun liegen die Pläne im Vermittlungsausschuss.
Zusätzlich verkompliziert wird die ganze Sache dadurch, dass die Union ihre Zustimmung zum Gesetz davon abhängig macht, dass die Bundesregierung die geplante Streichung von Agrardiesel-Subventionen vollständig zurücknimmt. Eine "sachfremde Verknüpfung" aus Sicht der Bundesregierung, denn inhaltlich haben beide Vorhaben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun - und jetzt liegt es an der Kreativität des Vermittlungsausschusses, den Knoten zu lösen.
Was sah das "Wachstumschancengesetz" ursprünglich vor?
In seiner ursprünglichen Form waren steuerliche Entlastungen für Firmen von sieben Milliarden Euro im Jahr vorgesehen. Damit sollte die stotternde heimische Wirtschaft bei ihrem Wandel hin zu Klimaneutralität und aktiverer Forschung finanziell unterstützt werden. Unternehmen sollten bei Investitionen in Energieeffizienz mit 15 Prozent der Kosten direkt unterstützt werden.
Geplant war und ist auch, Unternehmen durch günstigere Abschreibungsmöglichkeiten zu entlasten. Vor allem die Bauindustrie würde davon profitieren. Ihre Aufwendungen für Neubauten könnte sie dann mit höheren Anteilen und schneller von der Steuer absetzen. Ähnlich profitieren würden auch Klein- und Mittelunternehmen.
Die Forschungszulage soll von den Personal- auch auf die Sachkosten ausgeweitet werden. Zudem beinhaltet das Gesetz einige Regelungen zum Bürokratieabbau.
Was steckt in der abgespeckten Form des Gesetzes?
Bei den vorgelagerten Verhandlungen zum Vermittlungsausschuss zeichnete sich eine Kompromisslösung ab. Das finanzielle Gesamtvolumen des "Wachstumschancengesetzes" soll auf gut drei Milliarden Euro jährlich eingekürzt werden. Sein Kernstück, die Prämie für Investitionen in Energieeffizienz, wurde gekippt, soll aber möglicherweise auf anderem Wege finanziert werden.
Weiterhin enthalten ist die Einführung einer degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter sowie eine ausgeweitete Forschungszulage. Mit letzterer wird die Forschung und Entwicklung von Unternehmen steuerlich gefördert. Auch eine degressive Abschreibung für Wohngebäude ist weiterhin Teil des Gesetzes. Allerdings soll diese nun geringer ausfallen: Statt wie ursprünglich vorgesehen sechs Prozent sollen Bauunternehmen nur noch fünf Prozent ihrer Anschaffungs- und Herstellungskosten steuerlich abschreiben können.
Der Bund müsste nach dem Kompromissvorschlag laut Nachrichtenagentur Reuters noch mit Steuerausfällen von rund 1,38 Milliarden Euro rechnen, die Länder mit 1,3 Milliarden Euro und die Kommunen mit 545 Millionen Euro.
Die SPD-geführten Länder haben signalisiert, dass sie diesem abgespeckten Vorhaben zustimmen könnten. Doch bei der Union stößt dieses "Wachstumschancenpaket light" weiter auf Kritik. Sie beharrt darauf, dass SPD, Grüne und FDP auf die geplante Streichung der Steuervergünstigung für Agrardiesel verzichten.
CDU und CSU werfen dem Bund vor, er wolle etwa ein Drittel seiner Kosten aus dem Paket durch die Streichung der Steuervergünstigung für Agrardiesel finanzieren. Sie wiesen denn auch den Vorwurf der Bundesregierung zurück, die Union verknüpfe in sachfremder Weise zwei Themen miteinander. Doch auch Wirtschaftsverbände kritisierten die Blockade scharf.
Und nun?
Am Abend sucht der Vermittlungsaussschuss nach einer Lösung. Das Gremium besteht aus je 16 Mitgliedern von Bundesrat und Bundestag. Der politische Druck ist hoch. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin und derzeitige Vorsitzende des Vermittlungsausschusses Manuela Schwesig formulierte es im Deutschlandfunk so: "Es sind doch zurzeit alle angenervt in der Wirtschaft, in der Bevölkerung, dass es viel Streit gibt, aber zu wenig Lösungen", sagte die SPD-Politikerin. "Wenn wir heute nicht zum Ergebnis kommen, wäre es kein gutes Signal."
Mit Informationen von Michael Weidemann, ARD-Hauptstadtstudio