Reaktionen auf Wagenknecht-Äußerung "Reisende soll man nicht aufhalten"
Die Ankündigung Wagenknechts, nicht mehr für die Linke antreten zu wollen, trifft auf ein geteiltes Echo. Die Parteispitze wirft ihr vor, schon "länger auf eigene Rechnung" zu arbeiten. Anhänger sprechen von jahrelangem "Mobbing".
Die Absage der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht erneut für die Linke zu kandidieren, lässt die Risse innerhalb der Partei offen zu Tage treten. Während das Vorsitz-Tandem unter Janine Wissler und Martin Schirdewan auf die Ankündigung kühl reagiert, erhält Wagenknecht viel Zuspruch ihrer Anhänger innerhalb der Partei.
"Es ergibt sich politisch etwas Neues"
Am Freitag hatte Wagenknecht in einem Interview mit der "Rheinpfalz" gesagt: "Eine erneute Kandidatur für die Linke schließe ich aus." Auch dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigte sie, Konsequenzen zu ziehen. Sie wolle sich nach Ablauf der Legislaturperiode entweder aus der Politik zurückziehen und als Publizistin und Buchautorin arbeiten, "oder es ergibt sich politisch etwas Neues", sagte sie der "Rheinpfalz".
Damit spielte Wagenknecht auf Spekulationen an, dass sie möglicherweise die Gründung einer neuen Partei plant. In dieser Sache hält sie sich aber nach wie vor bedeckt. Angesprochen auf eine eventuelle Neugründung sagte sie der "Rheinpfalz": "Darüber wird an vielen Stellen diskutiert". Es sei nach ihrer Beobachtung ein Problem, dass sich viele Menschen im heutigen Parteienspektrum von niemandem mehr wirklich vertreten fühlten.
"Ich kommentiere das nicht"
Parteichefin Wissler sagte zu Wagenknechts Ankündigung vom Freitag nur: "Das ist ihre Entscheidung. Ich kommentiere das nicht." Sie nannte "das Kokettieren mit neuen Parteien" nicht hilfreich. Allerdings kenne sie auch "keine genauen Pläne" und "keine Bestrebungen dahingehend". Die Vizevorsitzende Katina Schubert warf Wagenknecht vor, diese arbeite "schon lange auf eigene Rechnung" und gegen die Partei. Und: "Reisende soll man nicht aufhalten."
Das konterten Wagenknechts Anhänger scharf. "Das jahrelange Mobbing der jeweiligen Parteiführung gegen die populärste Politikerin in den eigenen Reihen hat nun Konsequenzen", erklärte der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich. "Ich kann nachvollziehen, warum Sahra Wagenknecht nicht mehr bereit ist, für diese Linke zu kandidieren. Warum soll sie einer Partei das politische Überleben organisieren, die sie jeden Tag bekämpft?"
Der frühere Parteichef Klaus Ernst zeigte sich auf Twitter demonstrativ mit Wagenknecht und kommentierte: "Es ist schade, dass meine Partei in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwindet."
Vorwurf der Alleingänge
Zuletzt war es Wagenknechts Haltung zum Ukraine-Krieg, mit der sie in der eigenen Partei aneckte. Schon nach einer umstrittenen Rede im Bundestag im Herbst, als sie der Bundesregierung einen Wirtschaftskrieg gegen Russland vorhielt, stand kurz ihr Ausschluss aus der Fraktion oder eine Spaltung im Raum.
Bei ihrem mit der Publizistin Alice Schwarzer verfassten "Manifest für Frieden" und einer großen Demonstration in Berlin machte die Parteispitze nicht mit. In der Partei werfen sie Wagenknecht Alleingänge vor, aber auch "rechtsoffene" Thesen - also solche, die auch bei der AfD Platz fänden. Wagenknecht gilt als eine der bekanntesten Vertreterin der Linken.
Umfragen bescheinigen einer von ihr geführten Partei ein Wählerpotenzial von 20 bis 30 Prozent.
Mit Informationen von Mario Kubina, ARD-Hauptstadtstudio