Diskussion über neue Partei Scharfe Kritik an Wagenknecht-Äußerungen
Wieder denkt die Linken-Abgeordnete Wagenknecht öffentlich darüber nach, eine neue Partei zu gründen. Bei den Parteivorsitzenden stößt das auf Unmut. Auch Partei-Urgestein Gysi hat eine klare Haltung zu der Ankündigung.
Nachdem die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht in einem Interview erneut darüber nachgedacht hatte, eine neue Partei zu gründen, zeigten sich die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan empört.
"Anzukündigen, dass man im Verlauf der nächsten Monate über die Bildung einer konkurrierenden Partei entscheiden will, ist verantwortungslos", erklärte die Linken-Spitze. "Es stößt die Tausenden Mitglieder vor den Kopf, die sich vor Ort für die Linke und ihre Ziele einsetzen."
Wagenknecht kritisiert die Parteispitze scharf
Im Interview mit "ZDFheute" hatte Wagenknecht zuvor gesagt, dass sie davon ausgehe, bis Ende des Jahres die Entscheidung zu treffen, ob sie eine neue Partei gründen will. "Eine Parteigründung hängt an Voraussetzungen, auch juristischer Art. Man muss Strukturen aufbauen", so Wagenknecht. "Die Erwartung, man könnte - selbst wenn man sich entschieden hätte - mal eben so eine Partei aus der Taufe heben, von einer Woche zur nächsten, das wäre zum Scheitern verurteilt."
Neue Parteien hätten immer das Risiko, dass auch schwierige Leute mitmachen wollten, so Wagenknecht. Bei "Aufstehen" habe sie erlebt, dass das ein Projekt zum Scheitern bringen könne.
Zugleich kritisierte Wagenknecht die Linken-Spitze scharf: "Die Parteispitze verfolgt einen Kurs, der mit meiner Vorstellung vernünftiger linker Politik kaum noch etwas zu tun hat."
Gysi bemüht sich um Schlichtung
Wissler und Schirdewan verlangten, dass Wagenknecht die Überlegungen beendet. "Wir fordern alle auf, Spaltungsbestrebungen eine Absage zu erteilen", erklärten die Parteivorsitzenden. Sie wollten die Linke als "plurale sozialistische Partei" verteidigen und weiterentwickeln.
Partei-Urgestein Gregor Gysi bemüht sich nach eigenen Angaben darum, zwischen der Parteispitze und Wagenknecht zu vermitteln. Er sei dagegen, dass Wagenknecht eine neue Partei gründe, denn "das wäre ja eine Konkurrenz zu meiner eigenen Partei". "Dann würden diese beiden Parteien natürlich auch ordentlich aufeinander losgehen, und ich weiß nicht, ob das unsere Gesellschaft braucht", sagte Gysi "ZDFheute".
"Partei nicht ewig quälen"
Gysi betonte, er wisse, wie die Stimmung aussehe, wenn man eine Partei gründen wolle: "Ich war im Dezember 1989 wild entschlossen, und dass Sahra jetzt so wild entschlossen ist, eine neue Partei aufzubauen - da bin ich nicht sicher." Letztlich entscheide sie aber mit anderen zusammen darüber.
Nur eines gehe nicht, so Gysi, nämlich "dass wir uns monatelang mit dieser Frage beschäftigen und uns nicht inhaltlich konzentrieren auf die Fragen, die notwendig sind". Wer eine neue Partei gründen wolle, solle das tun - "und nicht die Partei ewig quälen".