Was Versicherte beim Krankenkassenwechsel beachten sollten Wechseln ohne Risiken und Nebenwirkungen?
Da die City BKK geschlossen wird, müssen sich die Mitglieder eine neue Krankenkasse suchen - ältere Versicherte haben dabei offenbar Probleme: Wie die "Financial Times Deutschland" berichtete, wurde ihnen von der HEK-Service-Hotline nahegelegt, sich nach einem Versicherer aus der Gruppe der Betriebskrankenkassen, zu der auch die City BKK gehört, umzuschauen.
Zur Begründung hieß es demnach, für eine Mitgliedschaft bei der HEK müssten zunächst die Rabattverträge mit den Arzneimittelherstellern überprüft werden. Zudem müsse ein möglicherweise neues ungünstigeres Gutachten über die Pflegestufe erstellt werden. Auch könne der Wechsel ziemlich lange dauern. Stefan Etgeton von der Verbraucherzentrale Berlin erklärt im Interview mit tagesschau.de, welche Probleme beim Kassenwechsel auftreten können.
tagesschau.de: Sind der Verbraucherzentrale Probleme älterer City-BKK-Mitglieder beim Krankenkassenwechsel bekannt?
Stefan Etgeton: Dass Kassen chronisch kranke oder ältere Menschen ungern aufnehmen, ist ein altes Problem, weil es sich dabei um die so genannten "schlechten Risiken" handelt. Die besten Versicherten sind für die Kassen natürlich immer die Jungen und Gesunden, die nur zahlen aber keine Leistungen in Anspruch nehmen. Trotzdem ist ein solches Verhalten seitens der Kassen natürlich nicht in Ordnung.
Seit 2007 leitet der Theologe und promovierte Kulturwissenschaftler die Fachabteilung Gesundheit und Ernährung.
tagesschau.de: Müssen die Kassen bei neuen Versicherten ein neues Gutachten der Pflegestufe erstellen oder die Rabattverträge mit den Arzneimittelherstellern überprüfen?
Etgeton: Die Pflegestufen werden vom medizinischen Dienst begutachtet und der arbeitet kassenübergreifend. Bei den Rabattverträgen ist es so, dass jede Kasse oder Kassenverbindungen Rabattverträge mit bestimmten Arzneimittelherstellern abschließen – ein Kassenwechsel kann also dazu führen, dass auch das Arzneimittel bzw. der Hersteller gewechselt wird. Das heißt aber nicht, dass ich mein Medikament nicht mehr bekomme. Der Wirkstoff des neuen Medikaments ist der gleiche, es ist nur eine andere Marke – die Tabletten, die vorher rosa waren sind dann vielleicht grün. Darauf muss man sich bei einem Kassenwechsel einstellen, insofern ist der Hinweis richtig. Es ist aber nicht richtig, dass teure Medikamente ab einem bestimmten Alter von einer bestimmten Kasse nicht bezahlt werden, wenn das Teil des Leistungskataloges ist, muss das von allen Kassen finanziert werden.
tagesschau.de: Die Kassen müssen also prüfen, welcher Hersteller ihnen das Medikament liefert, Senioren können aber ohne Probleme versorgt werden?
Etgeton: Ja, der Versicherte hat mit der Umstellung nichts zu tun, der Patient bekommt sein Rezept und muss in der Apotheke den Hinweis auf den Wechsel geben und dann weiß der Apotheker, welche Medikamente von der neuen Kasse unter Rabattvertrag stehen.
tagesschau.de: Ältere Versicherte müssen sich wegen einer bestimmten Medikation auch nicht nahe legen lassen, zu einer anderen Kasse zu gehen?
Etgeton: Nein, das ist kein Argument für eine andere Versicherung. Wenn der Patient es sich aber ersparen möchte, die Medikamente auszutauschen, dann empfiehlt es sich wirklich, innerhalb der eigenen Kassenart zu bleiben oder in eine Kasse zu wechseln, die denselben Rabattvertrag hat. Da kann man, wie im aktuellen Fall, bei der City BKK fragen, welche anderen Kassen denselben Rabattvertrag haben, um dorthin zu wechseln.
tagesschau.de: Was würden Sie den betroffenen Senioren empfehlen, jetzt zu tun?
Etgeton: Es ist gut, dass das öffentlich wird, so ein Verhalten ist nicht in Ordnung. Die Senioren könnten sich beim Bundesversicherungsamt, der Verbraucherzentrale oder bei der unabhängigen Patientenberatung beschweren.
Die Unabhängige Patientenberatung hat 21 Beratungsstandorte in Deutschland. Unter der kostenfreien Hotline 0800-0117722 nehmen Mitarbeiter montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr Anregungen und Beschwerden entgegen.
Weitere Infos gibt es unter www.unabhaengige-patientenberatung.de
tagesschau.de: Ist denn noch genug Zeit zum Wechseln?
Etgeton: Zum 1. Juli sollten die ehemaligen Versicherten der City BKK eine neue Kasse haben, bis dahin hat man also für die Suche Zeit, ansonsten wird man automatisch einer anderen Kasse zugewiesen. Dass man nicht versichert ist, kann nicht passieren und auch während der Wechselzeit besteht der Versicherungsschutz.
Das Interview führte Nicole Hulka für tagesschau.de