Hamburger Hafen Kabinett erlaubt begrenzten Cosco-Einstieg
Die Regierung hat im Streit um den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco im Hamburger Hafen einen Kompromiss abgesegnet. Der Konzern darf sich nun mit 24,9 Prozent beteiligen - statt wie ursprünglich geplant mit 35 Prozent.
Der begrenzte Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in die Betreibergesellschaft eines Containerterminals im Hamburger Hafen ist von der Bundesregierung genehmigt worden. Das Kabinett stimmte einer sogenannten Teiluntersagung zu.
Kein Geschäftsführerposten mehr vorgesehen
Statt des Einstiegs mit 35 Prozent beim Terminal Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA genehmigte die Regierung aber nur eine Beteiligung der Chinesen von 24,9 Prozent. HHLA bemüht sich nun um eine Einigung mit Cosco für den abgespeckten Einstieg, der auch keinen Anspruch auf einen Geschäftsführerposten mehr vorsieht. Cosco soll zudem untersagt werden, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen.
Der Entscheidung war innerhalb der Bundesregierung ein Konflikt zwischen Kanzleramt und etlichen Ministerien vorausgegangen, die sich für ein komplettes Verbot ausgesprochen hatten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie andere Bundesminister hatten insbesondere nach den Erfahrungen mit Gaslieferungen aus Russland vor neuen Abhängigkeiten gewarnt.
Ist der Hafen kritische Infrastruktur - oder nicht?
Das Kanzleramt und die Hamburger Regierung hatten aber darauf gedrängt, dass der Einstieg zustande kommt. Scholz, der Anfang November nach China reist, hatte darauf verwiesen, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Hätte das Kabinett nicht in dieser Woche entschieden, wäre der Verkauf automatisch wie von Cosco und HHLA ursprünglich vereinbart genehmigt worden.
Der in Verhandlungskreisen als Notlösung bezeichnete Kompromiss funktioniert zweistufig. Zum einen wurde die Betreibergesellschaft für den Terminal nicht als kritische Infrastruktur eingestuft. Damit stieg die Grenze für Beteiligungen, ab der eine Genehmigungspflicht besteht, von zehn auf 25 Prozent. Da nun eine Beteiligung Coscos von nur noch 24,9 Prozent erlaubt wurde, ist der Einstieg nicht mehr genehmigungspflichtig - die Ministerien können somit keinen Einspruch einlegen. Kritiker sehen den gesamten Hafenbetrieb aber als kritische Infrastruktur und lehnen den Einstieg deshalb weiter ab.
Merz: Neubewertung der Chinabeziehung
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat nun eine grundsätzliche Neubewertung des Verhältnisses zu China angemahnt. Nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine und dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas sei die Frage, "ob wir einem solchen Land noch weiter Zugang geben sollten zu unserer wirklich kritischen Infrastruktur", sagte Merz im ARD-Morgenmagazin.
"Und da stehen für mich nicht in erster Linie finanzielle Aspekte im Vordergrund, sondern politisch-strategische," so Merz. Er verwies unter anderem auf die Warnungen der Ministerien sowie des Bundesnachrichtendiensts, eine solche Investition zuzulassen. Es gehe um einen grundsätzlichen Aspekt der Sicherheitsinteressen Deutschlands. "Ich verstehe den Bundeskanzler nicht, wie er in einer solchen Situation darauf bestehen kann, eine solche Genehmigung zu erteilen", sagte Merz.
Dröge: Nichts aus Russlandpolitik gelernt
Auch die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat die Entscheidung als Fehler kritisiert. Der Kompromiss begrenze zwar den Schaden, führe aber weiterhin zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit und beeinträchtige Deutschlands Souveränität bei kritischer Infrastruktur. Dröge sagte weiter: "Diejenigen, die diese Investition zu einem reinen Wirtschaftsprojekt verklären, haben nichts aus der Russlandpolitik der vergangenen Jahrzehnte gelernt. Es darf bei kritischer Infrastruktur und Schlüsseltechnologien keine Abhängigkeit von autoritären und undemokratischen Staaten geben."
Wie Merz forderte Dröge eine neue Chinapolitik. Dazu gehöre auch "eine Weiterentwicklung des Außenwirtschaftsgesetzes und eine Verständigung in der EU auf eine gemeinsame Infrastrukturstrategie".
Kritik auch aus der FDP
Kritik und die Forderung nach einer Reform des Außenwirtschaftsgesetzes kommen auch aus der FDP. Deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Christian Dürr, meinte, der Fall Cosco zeige, dass die geltende Rechtslage nicht mehr zur geopolitischen Realität passe. Sie müsse geändert werden, "damit wir auch bei einem Beteiligungsumfang unterhalb von 25 Prozent Einfluss haben", so Dürr.
Auch das Bundesfinanzministerium unter FDP-Politiker Christian Lindner forderte eine baldige Überarbeitung des Gesetzes. Die FDP-geführten Bundesministerien schlossen sich zudem einer sogenannten Protokollnotiz an, die das Auswärtige Amt in Reaktion auf den Beschluss einbrachte, und die auch vom Wirtschaftsministerium unterstützt wird. Darin heißt es, der Erwerb des Terminals durch die chinesische Staatsreederei erweitere "den strategischen Einfluss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig".
Acht Terminal-Beteiligungen in Europa
Cosco betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei. Deren Schiffe laufen seit mehr als 40 Jahren das Terminal Tollerort an. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. Reedereibeteiligungen an Terminals sind in der globalen Containerlogistik üblich. Cosco selbst hält allein in Europa bereits Beteiligungen an acht Terminals.