In Kindergärten und Grundschulen Lehrerverbände für Kopftuchverbot
Ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen? Die Überlegungen aus Nordrhein-Westfalen stoßen bei Lehrerverbänden auf breite Zustimmung. Auch Immigrantenverbände loben die Idee.
Lehrer- und Immigrantenverbände begrüßen Überlegungen der NRW-Landesregierung, ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren einzuführen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte der "Bild"-Zeitung, ein Kopftuchverbot würde dazu beitragen, Diskriminierung und Mobbing aus religiösen Gründen zumindest tendenziell den Boden zu entziehen.
Er forderte, eine "bewusste Demonstration religiöser Symbole bei religionsunmündigen Kindern" zu unterlassen. An weiterführenden Schulen sei dies aber etwas anders, schränkte er ein.
Es dürfe in einer Demokratie keine Unterordnung des einen Geschlechts unter das andere geben, sagte die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing. "Ein Kopftuch kann aber als Symbol dafür verstanden werden und hat deshalb im Unterricht nichts zu suchen", sagte sie der "Bild".
Immigrantenverbände für Verbot
Zustimmung erfährt der Vorstoß auch durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV). Entsprechende Pläne der Regierung in Österreich seien nachahmenswert, um muslimische Kleinkinder vor Diskriminierung zu schützen, erklärte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft, Ertan Toprak.
"Es geht hier um eine Abwägung zwischen dem Erziehungsrecht und dem Kindeswohl", fügte Toprak hinzu. Staat und Gesellschaft seien unbedingt verpflichtet, dem Kindeswohl Vorrang zu geben. "Immer mehr Eltern verschleiern ihre Kinder bereits Jahre vor der Pubertät und legen eine sehr extreme Interpretation der Religion an den Tag." Darüber dürfe ein freiheitlich-demokratischer Staat nicht weiter hinwegsehen. Toprak verwies darauf, dass nach dem Koran ein Kopftuch ohnehin erst in der Pubertät vorgeschrieben sei. Vor allem Kleinkinder müssten "vor dem religiösen Totalitarismus der Eltern geschützt werden".
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte Anfang April angekündigt, mit dem Kopftuchverbot könnten "Parallelgesellschaften" vermieden werden.
Kritik an Bevormundung
Dagegen lehnte der thüringische Bildungsminister Helmut Holter ein Kopftuchverbot für Mädchen ab. "Alle Kinder sollen sich zu freien und selbstbestimmten Individuen entwickeln können", sagte der Politiker der Linkspartei der "Bild". Der derzeitige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz sprach sich dafür aus, stattdessen die Demokratiebildung in den Schulen stärken.
Das NRW-Innenministerium hatte am Wochenende bestätigt, dass ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren geprüft wird. Kinder, die noch nicht religionsmündig seien, dürften nicht dazu gedrängt werden, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, erklärte Integrationsminister Stamp. Der Islamrat kritisierte das Vorhaben und nannte die Debatte "populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer".