Parteitag in Essen Bisky führt Linkspartei in den Europawahlkampf
Die Linkspartei hat ihren Vorsitzenden Bisky als Spitzenkandidat für die Europawahl nominiert. Auf dem Parteitag in Essen erhielt er eine Mehrheit von 93,4 Prozent. Die beiden bisherigen EU-Abgeordneten Brie und Kaufmann fielen bei ihren Kandidaturen um die Listenplätze durch.
Der Linkspartei-Vorsitzende Lothar Bisky führt die Partei als Spitzenkandidat in den Europawahlkampf. Beim Parteitag in Essen sprachen sich 93,4 Prozent der Delegierten für ihn aus. Bisky will sich 2010 von der Parteispitze zurückziehen. Er ist auch Vorsitzender der Europäischen Linken (EL).
Um die weiteren aussichtsreichen Listenplätze gab es ein heftiges Ringen. Der Bundesausschuss der Linkspartei hatte im Januar Vorschläge für die ersten 16 Plätze der Europaliste gemacht und dabei vier derzeitige EU-Abgeordnete nicht berücksichtigt, darunter die profilierten Politiker André Brie und Sylvia-Yvonne Kaufmann. Kaufmann scheiterte zwei Mal mit einer Kampfkandidatur um die Listenplätze sieben und neun. Kaufmann steht intern in der Kritik, weil sie für den EU-Reformvertrag gestimmt hatte, gegen den die Linke vor dem Bundesverfassungsgericht klagt. Auch Brie fiel bei der Bewerbung um den Listenplatz 12 durch.
Linkspartei fordert neuen EU-Reformvertrag
Zuvor hatte die Partei nach mehrstündiger Debatte ihr Programm für die Europawahl am 7. Juni bei zwei Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen beschlossen. In dem Wahlprogramm mit dem Titel "Solidarität, Demokratie, Frieden - Gemeinsam für den Wechsel in Europa" fordert die Partei einen neuen EU-Reformvertrag, über den die Bürger der EU-Mitgliedsstaaten in einer Volksabstimmung entscheiden sollen.
Parteichef Oskar Lafontaine verlangte in seiner Rede zur Bewältigung der Wirtschaftskrise höhere Einkommen für Arbeitnehmer und Rentner. Die Ursache der Milliardenverluste von Unternehmen und Banken seien nicht nur eine fehlende Regulierung und Kontrolle, sondern auch eine falsche Vermögensverteilung. Durch Produktivitätssteigerung erzielte Gewinne seien nicht über steigende Löhne und Renten in den Konsum, sondern in die Taschen der Reichen geflossen. Arbeitnehmer und Rentner seien so "enteignet" worden.
"Bananenrepublik Deutschland"
Zum Auftakt des Parteitags hatte Bisky mit der Bundesregierung abgerechnet. Er warf der großen Koalition Versagen bei der Bewältigung der Finanzmarktkrise vor. Es sei der Weg in die "Bananenrepublik Deutschland", wenn sich die "Hohepriester des Neoliberalismus" als Manager von Krisen feierten, die sie selbst hervorgerufen hätten. "Nicht einmal die Krawatten haben sie gewechselt", fügte er hinzu.
Bisky forderte einen "Rettungsschirm für die Menschen". Dazu gehörten Maßnahmen gegen Massenentlassungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor, in Bereichen wie Kultur, Bildung und im Sozialen. Bisky forderte ein Verbot von Hedgefonds, eine Börsenumsatzsteuer und eine Millionärsabgabe. Außerdem verlangte er eine längere Zahlung von Arbeitslosengeld I, eine Erhöhung von ALG II und die Überwindung von Hartz IV.
Keine Forderung nach Abschaffung der EU
Bisky forderte seine Partei auf, selbstbewusst in den Europawahlkampf zu gehen. Kritik an einer antieuropäischen Haltung der Linkspartei trat er entgegen. Diese wolle die EU weder abschaffen noch zurück zur ausschließlichen Nationalstaatlichkeit.