Jubiläumsgipfel in Berlin Neuer EU-Vertrag soll 2009 kommen
Im März hat die EU in Berlin das Jubiläum der Römischen Verträge von 1957 gefeiert - und den Blick nach vorn gerichtet. Kanzlerin Merkel richtete eine deutliche Botschaft an alle Verfassungsskeptiker: Ohne ein neues Vertragswerk sei die EU nicht handlungsfähig, mahnte die Kanzlerin und will jetzt aufs Tempo drücken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält ungeachtet der vereinzelten Kritik an ihrem Vorhaben fest, bis 2009 einen neuen Grundlagenvertrag für die Europäische Union zu schaffen. "Da wir nun alle kennen, wo die Probleme liegen, weiß ich nicht, wie lange man noch darüber sprechen soll", sagte sie in der ARD. Und sie mahnte erneut: Ohne eine neue Grundlage könnten wichtige Entscheidungen der EU nicht gefällt werden, etwa über ihre Erweiterung oder eine gemeinsame Energiepolitik. Nötig sei jetzt der gute Wille aller Beteiligten.
Klaus: "So kann man das nicht machen"
Vor dem EU-Jubiläumsgipfel zum 50. Geburtstag der Verfassung waren die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern einer neuen EU-Verfassung wieder aufgebrochen. Besonders die Regierungen Polens und Tschechiens stellten den Zeitplan in Frage. Der tschechische Präsident Vaclav Klaus sagte in Berlin gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio: "Es fehlt eine demokratische Debatte, eine demokratische Diskussion. So kann man das wirklich leider nicht machen." Einzelne Regierungen seien nicht ausreichend eingebunden worden. "Einen Text 24 Stunden vor Beginn dieses Treffens zu bekommen, ist für die tschechische Regierung sehr problematisch", sagte Klaus weiter.
Klaus' polnischer Amtskollege Lech Kaczynski kritisierte den Zeitplan zur Lösung der EU-Verfassungskrise als "unrealistisch". Er teile nicht die Ansicht von Merkel, wonach ein neuer Vertrag bereits vor den Europawahlen im Sommer 2009 in Kraft treten könne, sagte Kaczynski.
Juncker: "Wir brauchen einen neuen Grundvertrag"
Zustimmung für Merkel kam hingegen vom scheidenden französischen Präsidenten Jacques Chirac. "Frankreich unterstützt voll und ganz Kanzlerin Merkel", sagte Chirac, der mit großem Beifall vom europäischen Parkett verabschiedet wurde. Auch Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker betonte die Notwendigkeit eines neuen EU-Vertrages. "Wir brauchen einen neuen Grundvertrag, mit dem wir dann aktiv Politik gestalten können", sagte er in der Sendung "Sabine Christiansen". Allerdings stellte er die Erweiterungspraxis der EU in Frage. "Wir können nicht immer erweitern, erweiterm erweitern", sagte er.
Merkel: "EU nicht länger handlungsfähig"
Merkel hatte den Gipfel in Berlin mit einem deutlichen Bekenntnis zu Europa und dem dringenden Aufruf zu Reformen am Sonntag beendet. Vor Journalisten kündigte die EU-Ratspräsidentin eine Regierungskonferenz zur Lösung der Verfassungskrise der EU unter portugiesischer Präsidentschaft an. Bis Juni werde sie einen Fahrplan "mit inhaltlichen Weichen" vorlegen. Entscheidungen zur EU-Reform müsse dann die Regierungskonferenz treffen. "Der Wille ist da, dass wir Entscheidungen treffen", sagte Merkel nach der feierlichen Unterzeichnung der "Berliner Erklärung", mit der die EU auf eine neue Grundlage gestellt werden soll. Das Thema werde nicht einfacher, "wenn man es bis Ultimo verschiebt", sagte sie. Die EU sei nicht länger handlungsfähig.
Die "Berliner Erklärung" wurde stellvertretend von Merkel, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sowie von dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, unterschrieben. Darin bekennt sich die Europäische Union 50 Jahre nach ihrer Gründung in Rom zu grundsätzlichen Reformen und zur Schaffung einer neuen vertraglichen Grundlage bis 2009.
Zum Gipfel-Ende gab es auch Proteste: Rund 1000 Menschen demonstrierten gegen die EU. Ein Bündnis von rund 40 Organisationen hatte zu dem Protest unter dem Motto: "Nein zum Europa des Kapitals!" aufgerufen.