Journalisten erfreut über "Cicero"-Urteil "Urteil ist Stärkung der Pressefreiheit"
Journalisten und Verleger haben das Urteil im "Cicero"-Fall begrüßt. Die Leiterin der ARD-Sendung "Monitor", Mikich, sprach von "einer Stärkung der Pressefreiheit". Gegenüber tagesschau.de forderte sie klare Gesetze als "Bollwerk gegen einen Staat, der immer an seine Grenzen gehen wird".
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Medien vor Durchsuchungen ist bei Journalisten, Verlegern und Politikern auf ein positives Echo gestoßen. Das Urteil schaffe für investigative Journalisten Sicherheit, sagte der Chefredakteur des betroffenen Politmagazins "Cicero", Wolfram Weimer. Die Razzia in seiner Redaktion habe bundesweit Informanten und Kollegen verunsichert und zu "Mechanismen der Selbstzensur" geführt. Weimer hatte gegen die Durchsuchung seiner Redaktionsräume 2005 geklagt und vor dem höchsten Gericht Deutschlands Recht bekommen.
"Mikich: Wir brauchen ein Bollwerk gegen den Staat"
Sonia Mikich, Leiterin der ARD-Sendung "Monitor", sagte gegenüber tagesschau.de: "Das Urteil bedeutet eine Stärkung der Pressefreiheit und auch eine Stärkung der Alltagsarbeit der Redaktion. Es gab nach der Cicero-Hausdurchsuchung durchaus Kollegen, die überlegt haben, wie sie ihre vertraulichen Aktenordern auslagern, um bei einer möglichen Hausdurchsuchung nicht ihre Informanten zu verraten." Sie forderte allerdings weiter gehende gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Pressefreiheit: "Manchmal sind Gesetze nicht klar genug. Dabei brauchen wir ein Bollwerk gegen einen Staat, der immer an seine Grenzen gehen wird, der immer mehr wissen will, als er eigentlich soll. Und dieses Bollwerk besteht eben aus der Justiz und den Gesetzen."
Forderung: Gesetzliche Reformen müssen folgen
Ähnlich äußerte sich auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV): "Wir erwarten von der Politik, dass die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Pressefreiheit im Sinne eines besseren Quellenschutzes klarer definiert werden", sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. Für die Medien bedeute das Urteil künftig besseren Schutz gegen polizeiliche Durchsuchungen. Dies sei ein weiterer Schritt zur Stärkung des Quellenschutzes und damit auch der Pressefreiheit. Positiv äußerte sich auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV): "Die Karlsruher Richter haben dieses wichtige Grundrecht der Demokratie gestärkt."
Der Journalist Hans Leyendecker vom "Netzwerk Recherche" sagte, das Urteil "sichert den Informantenschutz und damit unsere Arbeit". Die Entscheidung werde auch Einfluss haben etwa auf die weitere Berichterstattung des BND-Untersuchungsauschusses im Fall des in Guantánamo festgehaltenen Bremer Türken Murat Kurnaz. Staatsanwälten werde es nicht mehr möglich sein, gegen Journalisten wie bislang vorzugehen, so Leyendecker.
1. Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person des Informanten zu ermitteln.
2. Die bloße Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses im Sinne des § 353 b StGB durch einen Journalisten reicht im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht aus, um einen den strafprozessualen Ermächtigungen zur Durchsuchung und Beschlagnahme genügenden Verdacht der Beihilfe des Journalisten zum Geheimnisverrat zu begründen.
Telefongespräche sollen geschützt werden
Die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" forderte noch weitere gesetzliche Reformen: "Journalisten, die Material von Informanten zugespielt bekommen und es verwenden, dürfen nicht kriminalisiert werden. Daher müssen Journalisten von Paragraf 353b des Strafgesetzbuches, der Beihilfe zum Geheimnisverrat unter Strafe stellt, ausgenommen werden." Zudem sollten Telefongespräche von Journalisten vor Überwachung geschützt sein, wie es bereits für andere Berufsgruppen, etwa Rechtsanwälte oder Pfarrer, gilt.
Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele fordert das Parlament auf, aus dem Urteil "Konsequenzen zu ziehen und eine Änderung im Strafgesetzbuch vorzunehmen." Der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Lutz Diwell, kündigte jedoch an, es werde auch in Zukunft "keinen absoluten Schutz von Journalisten vor einer staatlichen Verfolgung" geben. Dies gelte dann, "wenn ein Journalist sich selber durch bewusst gewolltes Handeln in einen Dienstgeheimnis-Bruch mit einschaltet und einen entsprechenden Tatplan entwickelt, um eine Veröffentlichung zu bezwecken. Dann ist er verstrickt."