Das große Torfmoor bei Minden
mittendrin

Wiedervernässung von Mooren Wo Klimaschutz und Landwirtschaft aufeinandertreffen

Stand: 12.04.2024 19:07 Uhr

Trockengelegte Moore sind für rund sieben Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Die Wiedervernässung stößt aber auf den Widerstand von Landwirten, die auf den Flächen Futter für ihre Tiere anbauen.

Das Große Torfmoor bei Minden ist eine weitläufige Wasserlandschaft mit großer Geschichte. Über Jahrtausende hat sich hier im Norden von Nordrhein-Westfalen Torf gebildet.

Kaum jemand kennt dieses Moor so gut wie Rainer Eschedor, der als ehrenamtlicher Natur- und Landschaftsführer Touren anbietet. An diesem Vormittag erklärt er Achtklässlern eines örtlichen Gymnasiums, wie hier jahrhundertelang Torf abgebaut wurde.

#mittendrin aus Hille: Ringen um Wiedervernässung von Mooren

David Zajonz, WDR, tagesthemen, 11.04.2024 22:25 Uhr

Moore für Torfabbau und Landwirtschaft trockengelegt

Um den 13- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schülern zu demonstrieren, wie das früher ausgesehen hat, sticht er mit einem Spaten in die Erde. 1.500 Torfstücke habe eine Person pro Tag aus dem Boden geholt, sagt Eschedor: "Das war schwere körperliche Arbeit." Der Torf wurde dann als Brennmaterial genutzt, unter anderem zum Heizen.

Um das Große Torfmoor für den Torfabbau und die Landwirtschaft nutzbar zu machen, wurde es insbesondere Anfang des 20. Jahrhunderts trockengelegt. Ähnliches passierte in vielen anderen Moorgebieten in Deutschland, mehr als 90 Prozent von ihnen sind entwässert. Was die Menschen damals noch nicht wissen konnten: Die Trockenlegung hatte fatale Folgen für das Klima.

Rainer Eschedor mit Schülerinnen und Schülern des örtlichen Gymnasiums

Moorführer Eschedor mit Schülerinnen und Schülern des örtlichen Gymnasiums

Feuchte Moore dienen als CO2-Speicher

Denn Torf besteht aus alten Pflanzenresten und beinhaltet somit viel Kohlenstoff. Dieser Kohlenstoff schlummert unter der Wasseroberfläche, aber nur solange das Moor nass ist. "Wenn der Wasserstand fällt, dann kommt Sauerstoff an den Boden und verbindet sich mit Kohlenstoff", erklärt Moorführer Eschedor. Auf diese Weise entstehe Kohlendioxid - "und das in riesigen Mengen", fügt er hinzu.

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums sind trockengelegte Moore für etwa sieben Prozent der CO2-Emmissionen in Deutschland verantwortlich. Die Bundesregierung will die Flächen deshalb teilweise wiedervernässen, mit diesem Vorhaben steht sie aber noch am Anfang.

Im Fall des Großen Torfmoors ist das bereits vor etwa 20 Jahren geschehen, auch weil das Moor als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten dient.

Landwirt fürchtet um seine Flächen

Gegen die Wiedervernässung gibt es aber Widerstände von Landwirten. Hermann Buhrmester aus Hille hat direkt neben dem Großen Torfmoor einige trockengelegte Wiesen, auf denen er Gras für seine rund 250 Rinder anbaut. Der Landkreis Minden-Lübbecke würde gerne auch seine Flächen unter Wasser setzen.

"Das würde bedeuten, dass ich diese Flächen wahrscheinlich nicht mehr für meine Milchviehherde nutzen könnte", sagt Landwirt Buhrmester. Die Gräser, die dann im nassen Moor wachsen würden, seien minderwertig. Außerdem könne er das Gebiet wohl kaum mehr mit seinen Maschinen befahren und die Wiese damit auch nicht mähen, so Buhrmester. Sollte er seine Flächen verlieren, müsste er das Futter für seine Kühe teuer einkaufen. Dann stünde sogar die Zukunft seines Hofes auf dem Spiel.

Dem Klimaschutz wolle er überhaupt nicht entgegenstehen, sagt Buhrmester. Er dürfe als Landwirt aber nicht damit alleine gelassen werden: "Wenn die Gesellschaft will, dass wir Moore wiedervernässen, dann muss die Gesellschaft das auch finanziell unterstützen." Als Ausgleich brauche er entweder Geld oder Ersatzflächen.

Hermann Buhrmester

Landwirte wie Buhrmester fordern einen Ausgleich für die Flächen.

Finanzieller Ausgleich für Landwirte?

Hier hat er den Moorführer und Klimaschützer Rainer Eschedor durchaus auf seiner Seite. Die beiden kennen sich schon lange, ihr Heimatort Hille ist klein. Für die Nöte der Landwirte, habe er Verständnis, sagt der Moorführer.

Der Landkreis Minden-Lübbecke hat deshalb einen Moderationsprozess angestoßen, an dem auch Landwirt Buhrmester teilgenommen hat. Als gemeinsames Ziel wurde unter anderem eine "wirtschaftlich tragfähige Zukunftsperspektive für die Landwirtschaft" formuliert. Derzeit sucht der Landkreis nach Fördermöglichkeiten für das Projekt.

Moorführer Eschedor dringt auf eine schnelle Einigung in Sachen Wiedervernässung. "Man müsste das eigentlich von heute auf morgen machen", sagt er. Dann könnten die Moorflächen wieder als CO2-Speicher dienen und so zum Klimaschutz beitragen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 11. April 2024 um 22:25 Uhr.