Dauerthema NPD-Verbotsverfahren Bayern erhöht den Druck
Bei der Innenministerkonferenz wird hinter verschlossenen Türen erneut über Maßnahmen gegen die NPD beraten. Während die SPD-Minister ein erneutes Verbotsverfahren wollen, sind die meisten Unionsländer dagegen. Bayern schert allerdings aus - und strebt bereits für den Sommer konkrete Schritte an.
Von Patrick Gensing, tagesschau.de
Bayern macht Druck in Sachen NPD-Verbotsverfahren. Ein Sprecher des Staatsministeriums des Inneren sagte gegenüber tagesschau.de, es liefen derzeit Vorbereitungen für ein umfangreiches Konzept für einen neuen Anlauf zum Verbotsverfahren. Allerdings müsse Innenminister Joachim Herrmann bei den Unionskollegen noch Überzeugungsarbeit leisten. Es sei allerdings unstrittig, dass die NPD verboten werden könnte, hieß es, Uneinigkeit gebe es bei den Risiken eines Verfahrens.
Bayern hatte vor etwa einem Jahr seinen Kurs in der Verbotsfrage geändert. Die Linie des Freistaats sei in dieser Sache künftig aber "dauerhaft konsequent", betonte der Sprecher. Zielmarke sei es, schon im Sommer 2010 konkrete Schritte einzuleiten. Bayern würde allerdings auch die Initiative von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann unterstützen - wenn diese Aufsicht auf Erfolg habe.
Genau dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Vor einem Jahr hatte Niedersachsen mit einem Gutachten für Aufsehen gesorgt. Demnach sei es möglich, der NPD per Verfassungsänderung den Geldhahn zuzudrehen. Die Rechtsextremisten sollten diesem Vorschlag zufolge keine Mittel mehr aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten. Für die NPD wäre dies ein harter Schlag, da sie einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen aus dieser Quelle erzielt. Dem Vorschlag zufolge sollte der Bundestagspräsident entscheiden können, welche Parteien staatliche Gelder bekommen - und welche nicht.
Verstoß gegen die Gewaltenteilung?
Experten bezweifeln allerdings die Verfassungsmäßigkeit dieser Konstruktion. Der Politikwissenschaftler Christoph Weckenbrock sagte gegenüber tagesschau.de, er halte den Vorschlag für verfassungsrechtlich nicht akzeptabel, da der Bundestagspräsident als Mitglied der stärksten Bundestagsfraktion und somit als Parteipolitiker dafür völlig ungeeignet sei. "Die Prüfungskompetenz über die Verfassungswidrigkeit einer Partei sollte in jedem Fall bei der unabhängigen Judikative verbleiben", so Weckenbrock.
Das CDU-geführte Innenministerium in Sachsen teilte auf Anfrage von tagesschau.de mit, man halte den Vorstoß aus Niedersachsen ebenfalls "für rechtlich sehr problematisch". Auch aus Ländern, die ein Verbotsverfahren wollen, kamen zurückhaltende Reaktionen. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) sagte zu dem Vorschlag aus Hannover, es sei ein fragwürdiger Ansatz, zwischen Parteien erster und zweiter Klasse zu unterscheiden. Zudem werde vom Bundesverfassungsgericht nicht die Verfassungswidrigkeit der NPD festgestellt. Die SPD-Minister meinen aber, die "aggressiv-kämpferische" Haltung der NPD könne eindeutig belegt werden - und das sogar aus öffentlichen Quellen.
So lieferte beispielsweise NPD-Funktionär Udo Pastörs Argumente für ein NPD-Verbot, als er bei einer Rede ausführte: "Wenn wir einen Schulterschluss haben, dann sind wir auch wieder in der Lage, anzugreifen dieses System! Auf der Straße – und in den Parlamenten! [...] Und daher braucht eine so kleine Kampftruppe, so wie wir es sind, Punktlandungen! Und dafür müssen wir arbeiten, kämpfen und notfalls auch bluten. Angriff heißt die Parole! Nicht blind agieren."
Durch den Rückgriff auf öffentliche Quellen soll das Problem der V-Männer umschifft werden. Denn die Unionsländer wollen nicht auf die Zusammenarbeit mit hochrangigen NPD-Funktionären, die dem Verfassungsschutz Informationen verkaufen, verzichten. Mehrere SPD-Länder hätten hingegen bereits die Kooperation mit V-Männern in der NPD-Spitze beendet, wie Berlins Innensenator Erhart Körting verlauten ließ. Dies galt bislang als Voraussetzung für ein NPD-Verbot, da das Verfahren an dieser Frage gescheitert war.
Ist die NPD bald pleite?
Einen Schwerpunkt der Beratungen der Innenminister dürfte die finanzielle Lage der NPD sein. Mit dem Tod des vermögenden Neonazis Jürgen Rieger im Oktober verlor die NPD einen ihrer wichtigsten Kreditgeber; was aus dem Erbe des Anwalts wird, ist noch unklar. Zudem drohen der NPD weitere Strafzahlungen wegen möglicher Verstöße gegen das Parteiengesetz. Nach Informationen von tagesschau.de wird in Mecklenburg-Vorpommern geprüft, ob Gelder zweckentfremdet wurden. Einige Beobachter äußerten daher bereits die Hoffnung, das "Problem NPD" werde sich von alleine erledigen.
Die Partei wurde allerdings schon mehrfach für praktisch tot erklärt. Beobachter warnen außerdem vor verfrühten Rückschlüssen, da die NPD über eine aktionistische und junge Basis verfügt. Außerdem bauen die Neonazis ihre Strukturen in einigen Hochburgen weiter zielgerichtet aus. Der Experte Günther Hoffmann betonte im Interview mit tagesschau.de, die NPD verfüge beispielsweise in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns über Ressourcen, von denen demokratische Parteien nur träumen könnten.