Reaktionen auf NRW-Wahl Wie die Parteien das Ergebnis deuten
Der klare Sieg in NRW stärke Parteichef Merz - diese Botschaft sendet die CDU. In der SPD hofft man trotz der Schlappe, die Grünen wollen sich noch nicht entscheiden, die FDP nennt ihr Ergebnis "desaströs". Wie die Parteien den Wahlausgang bewerten.
Rückenwind für Merz
Der klare Sieg in NRW stärkt CDU-Parteichef Friedrich Merz, der im Wahlausgang gar ein Comeback nach der desaströsen Bundestagswahl erkennen wollte: "Die CDU ist zurück", schrieb er bei Twitter und sieht seinen Kurs "auch auf Bundesebene bestätigt". In seinem Heimatland NRW hatte er sich im Wahlkampf besonders ins Zeug gelegt und auf klare Abgrenzung zur Ampel-Koalition gesetzt. In der CDU hofft man, dass sich Merz mit dem Erfolg von Hendrik Wüst stabilisiert hat.
Generalsekretär Mario Czaja formuliert es in der "Berliner Runde" so: "Er ist der starke Mann der Union, ohne Frage." Das mögliche Kalkül: Je stärker Merz, desto leiser die Debatten über mögliche "Thronfolger" wie Wüst oder Daniel Günther. Die CDU sei froh, dass sie starke Ministerpräsidenten habe "und damit auch ein breites Angebot an Persönlichkeiten, die Verantwortung tragen können".
Zugleich schrieb Czaja der Führung von Merz den "starken gemeinsamen Auftritt" der CDU zu. Dieser habe das Team der CDU zusammengeführt, im Wahlkampf stark mitgeholfen, die Union geeint und die Flügel zusammengebracht.
SPD: Verloren - aber dennoch hoffnungsfroh
Noch nie schnitten die Sozialdemokraten in NRW schwächer ab als bei dieser Wahl. Von einer klaren Niederlage will die Parteispitze dennoch nicht sprechen. Auch wenn man nicht stärkste Kraft geworden sei - Schwarz-Gelb ist Geschichte. Diese Lesart verbreiten sowohl Parteichef Lars Klingbeil als auch Generalsekretär Kevin Kühnert.
In der "Berliner Runde" verwies Kühnert erneut auf mehrere historische Beispiele, in denen Zweitplatzierte am Ende den Regierungschef stellten. "Wenn es eine Möglichkeit gibt, eine Regierung unter Führung der SPD zu bilden, dann werden wir selbstverständlich den anderen Parteien dafür Gespräche anbieten", sagte Kühnert.
Wenn es eine Möglichkeit gebe, eine SPD-geführte Regierung zu bilden, "dann bieten wir als SPD an, diese Chance zu ergreifen", formulierte es Klingbeil. Nach der Bundestagswahl hatte sich der damalige Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet ähnlich geäußert und war dafür von der SPD scharf kritisiert worden.
Spekulationen über einen möglichen SPD-Ministerpräsidenten lehnte Gesundheitsminister Karl Lauterbach ab: "Ich halte es für vermessen und nicht angebracht, dass wir darüber spekulieren, wo kommen wir noch ins Spiel", sagte er. "Wir haben diese Wahl verloren, Union und Grüne haben gewonnen, die müssen zuerst die Gespräche führen - alles andere kommt danach." Vielleicht reiche es aber auch noch für eine Ampel oder Rot-Grün in NRW: "Aber das ist jetzt nicht der Moment, in dem wir spekulieren, was wir für Regierungen bilden."
Grüne werden zum "Königsmacher"
Die Grünen freuen sich nach ihrem historisch besten Ergebnis in NRW über eine neue Machtposition und können sich aussuchen, mit wem sie regieren wollen. Die Politische Geschäftsführerin Emily Büning kündigte Gespräche an, um auszuloten, "in welcher Koalition wir die meisten grünen Inhalte durchsetzen können". Vorstellen könne sie sich das "sowohl mit CDU als auch SPD".
Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang sieht in dem Erfolg in NRW ein Zeichen dafür, "dass wir Antworten auf der Höhe der Zeit haben". Eine Anspielung auf die in der Ukraine-Krise omnipräsenten Grünen-Bundesminister Annalena Baerbock und Robert Habeck. Deren Arbeit habe ihr im NRW-Wahlkampf sehr geholfen, sagte die Grünen-Spitzenkandidatin in NRW, Mona Neubaur. Es gehe darum, "Haltung und Kompass zu haben in Krisenzeiten", "ehrlich zu kommunizieren" und "trotzdem pragmatische Wege zu finden".
"Grauenvoller Abend" für die FDP
Für die FDP ist die NRW-Wahl die dritte Schlappe bei einer Landtagswahl in Folge: Bei der Saar-Wahl waren die Liberalen gescheitert, in Schleswig-Holstein halbierten sie wie in Nordrhein-Westfalen ihr Ergebnis der letzten Wahl. Von einem "desaströsen" Ergebnis sprach FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner. Die FDP-Bundespolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erlebte einen "grauenvollen Abend".
In der "Berliner Runde" sprach auch Generalsekretär Bijan Djir-Sarai von einem "traurigen Abend". Es gebe nichts schön zu reden. Eine Verbindung zur Berliner Regierung wollte er nicht sehen und verwies stattdessen auf die landesspezifischen Umstände.
Ähnlich erklärte auch Alexander Graf Lambsdorff die Niederlage. Es habe wie in Schleswig-Holstein einen stark personalisierten Wahlkampf zwischen den Spitzenkandidaten gegeben, sagte der Fraktionsvize der Partei im Bundestag im ZDF.
AfD denkt über "Initiative West" nach
Die AfD musste erneut Verluste hinnehmen, schaffte aber noch knapp den Einzug in das Parlament in Düsseldorf. AfD-Bundeschef Tino Chrupalla ist nach einer Reihe von Wahlschlappen in der Defensive. Die Partei brauche "eine große Initiative nach dem Parteitag", sagte er nach der Wahl. Es müsse in den kommenden Tagen in der AfD darüber gesprochen werden, "inwieweit wir eine Initiative West brauchen", sagte Chrupalla. Ziel müsse es sein, zumindest ein zweistelliges Ergebnis im Westen zu erreichen.
Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann machte erneut vor allem die mangelnde Berichterstattung für das schwache Wahlergebnis verantwortlich: "Wir sind totgeschwiegen worden", sagte er in der "Berliner Runde".
Selbstkritische Linkspartei
Zu den Verlierern zählt auch wieder die Linke. Die in einer tiefen Krise steckende Partei bekommt auch in Nordrhein-Westfalen die Kurve nicht und scheitert wieder an der Fünf-Prozent-Hürde. Selbstkritisch kommentierte Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler die Niederlage. Seine Partei habe sich "zu viele Uneindeutigkeiten geleistet". Nun zahle die Linkspartei ab, "was bei uns aufgelaufen ist".