Obama bei Merkel Ein Reigen der Schmeicheleien
Lobende Worte, gemeinsame Positionen, eine Stimmung, als wäre nichts gewesen: Auf Schloss Herrenhausen haben US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel beraten - und ihre Einigkeit demonstriert. Obama machte seiner "Freundin" Angela sogar ein unerwartetes Kompliment.
"Die Geschichte wird ihr recht geben", sagte US-Präsident Barack Obama mit Blick auf die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Und Angela Merkel stand daneben, hörte es wohlwollend und lächelte. Beide betonten die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Sie habe einen sehr guten Sinn für Humor, sagte der US-Präsident in seinem Reigen der Schmeicheleien.
Als eine Journalistin beide um eine Einschätzung der vergangenen Jahre bat und die Bilanz der deutsch-amerikanischen Beziehungen abfragen wollte, weigerte sich Merkel, zurückzublicken. "Die Zukunft mit dem Präsidenten ist wichtiger als die Vergangenheit", sagte Merkel.
Der Abhörskandal des US-Geheimdienstes NSA, der sogar das Mobiltelefon der Kanzlerin belauschte: vergessen. Die Enthaltung der Deutschen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum Libyen-Einsatz, die in den USA für Verstörung sorgte: weit weg. Das deutsch-amerikanische Tandem rollt stabil voran.
Einigkeit beim Thema TTIP
So soll es weiterlaufen, beispielsweise beim Thema TTIP. Das Freihandelsabkommen hatte am Samstag nach Polizeiangaben 35.000 Menschen auf die Straßen gebracht. Laut einer Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung lehnt jeder dritte Deutsche das Abkommen ab. Die Kritiker befürchten, dass eine entsprechende Vereinbarung europäische Sozial- und Umweltstandards verwässern könnte. Die USA wollen an einer Regelung festhalten, die bei öffentlichen Ausschreibungen nur amerikanische Unternehmen zulässt. Umstritten sind auch sogenannte Schiedsgerichte, die Investoren anrufen können, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen.
Obama hält einen Abschluss der Verhandlungen noch in diesem Jahr für möglich, bevor er den Schlüssel für das Oval Office an seinen Nachfolger abgeben muss. "Jetzt ist die richtige Zeit, die Verhandlungen abzuschließen", sagte Obama bei der Eröffnung der Hannover Messe. Er warb für das Abkommen, wachsenden Handel und die Entstehung von Arbeitsplätzen. Es gehe nicht darum, soziale und ökologische Standards abzusenken, sondern anzuheben. "Die Zugbrücke hochzuziehen, ist keine Antwort."
Diese Rede war im Sinne von Merkel: "Das ist für die deutsche Wirtschaft gut, das ist für die gesamte europäische Wirtschaft gut", sagte die Bundeskanzlerin. Und wer weiß, wie Donald Trump oder Hillary Clinton entscheiden werden. Merkel sprach von einem Fenster der Möglichkeit, das jetzt offen stehe.
Obama wünscht sich mehr Engagement
Ermahnungen musste Merkel sich beim Thema Deutschlands Rolle in der Welt anhören: Die USA wünschen sich mehr Engagement. Nach dem gemeinsamen Gespräch mit Obama im Schloss Herrenhausen betonte Merkel, die Bundesrepublik sei aktiver geworden. Sie erwähnte den Einsatz in Mali. Die Bundeswehr verlegt gerade Soldaten in den Norden des Landes, um dort im Rahmen der Mission MINUSMA die Aufklärung zu verstärken. Merkel nannte die Lieferung von Waffen in Krisengebiete wie Nordirak zur Unterstützung der Peschmerga einen Paradigmenwechsel in der deutschen Außenpolitik.
Wie geht es weiter in Syrien? Obama und Merkel sprachen sich für Sicherheitszonen aus. Die Konfliktparteien sollten in den Verhandlungen in Genf solche Gebiete festlegen, in denen die Bevölkerung sicher leben kann. Obama zeigte sich gleichzeitig skeptisch, dass der Vorschlag einfach umzusetzen sei. Militärexperten kritisieren, dass dafür Bodentruppen eingesetzt werden müssen.
Trotz des deutschen Engagements: Der Druck auf Deutschland bleibt bestehen. Die Osteuropäer fordern innerhalb der NATO einen erkennbareren Beistand ihrer Alliierten. Obama forderte eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Innerhalb der Allianz sind zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung vereinbart, Deutschland kommt auf 1,1 Prozent.