Baden-Württemberg E-Carsharing: Eine Alternative zum eigenen Auto?
Die Umstellung auf E-Autos in Baden-Württemberg läuft schleppend. Viele Landkreise bieten als Alternative zum eigenen Auto E-Carsharing an. Kann das bei der Mobilitätswende helfen?
Bis 2030 sollen 50 Prozent der Autos in Baden-Württemberg klimaneutral sein - so das Ziel der Landesregierung. Doch die Umstellung auf Elektroautos hinkt dem Plan hinterher. Einer der Hauptgründe: die Anschaffungskosten für E-Autos sind oft noch zu hoch. Vor allem größere Städte setzen daher auf Carsharing-Angebote mit E-Autos.
- Beim stationsbasierten Modell stehen die Autos auf festen Parkplätzen mit Ladesäulen. Dort holen die Kundinnen und Kunden die Fahrzeuge ab und stellen sie nach Gebrauch wieder an den gleichen Ort. Buchungen können online oder per App bereits bis zu mehrere Wochen im Voraus getätigt werden. Die Abrechnung erfolgt bei diesem Modell nach Kilometer und Zeit oder Pauschale, Strom ist meist inklusive.
- Im Free-Floating-Modell gibt es keine festen Stellplätze. Die Autos stehen dort, wo sie zuletzt abgestellt wurden, und können spontan per App gebucht werden. Eine Reservierung ist meistens nur eine Viertelstunde vor Fahrtantritt möglich. Nach der Nutzung werden sie einfach innerhalb des Nutzungsgebiets geparkt. Das Modell bringt zwar mehr Flexibilität, die Autos sind aber nicht immer in der Nähe einer Ladesäule geparkt. Gezahlt wird hier oft die tatsächlich genutzte Zeit pro Minute. Der Strom ist auch hier meist inklusive.
Baden-Württemberg beim Angebot an E-Carsharing weit vorn
Obwohl weniger E-Autos als gewollt auf den Straßen Baden-Württembergs fahren, steht das Land beim E-Carsharing im deutschlandweiten Vergleich gut da. 19 der 43 Anbieter, also 44 Prozent, setzen sogar auf ein rein elektrisches Fahrzeugangebot. Dadurch sind momentan rund 31 Prozent aller Carsharing-Fahrzeuge in Baden-Württemberg mit einem Elektroantrieb ausgestattet, bundesweit sind es gerade einmal 17,8 Prozent.
Auch beim generellen Carsharing-Vergleich ist Baden-Württemberg an der Spitze dabei. Im Städteranking 2024 des Bundesverbands Carsharing (bcs) belegen gar fünf baden-württembergische Städte die ersten fünf Plätze: Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg, Tübingen und Heidelberg.
E-Carsharing-Angebote: Oft staatlich unterstützt
In mehreren Städten bietet das Unternehmen stadtmobil, das auch durch den Bund gefördert wird, Carsharing-Angebote an, darunter in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Mannheim und kleinere Städte in deren Umgebung. Seit 2013 werden hier auch E-Autos angeboten, das Unternehmen arbeitet außerdem mit den Verbünden der öffentlichen Verkehrsmittel zusammen.
Obwohl die Anschaffung der E-Autos sowie der Aufbau von Ladeinfrastruktur erst einmal Kosten und Aufwand darstellen, bieten auch private Carsharing-Unternehmen wie Miles und Share Now E-Autos an.
E-Mobilität auf dem Land hängt auch von Kommunen ab
Die meiste E-Mobilität beim Carsharing gibt es in den größeren Städten. Aber auch einige kleinere Städte und Gemeinden im ländlichen Raum bieten Carsharing mit Elektroautos an. Generell ist E-Carsharing also auch in ländlichen Gegenden möglich. Wo und wie viele dieser Angebote es aber gibt, schwankt zwischen den Gemeinden.
Bei der Planung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur seien die Kommunen beteiligt, sagte ein Sprecher des Landkreis Heidenheim. Sie spielen vor allem bei der Bereitstellung öffentlicher Flächen und Nutzungspotenzialen eine entscheidende Rolle.
Das scheint vor allem im Landkreis Calw gut zu funktionieren. Im landesweiten Vergleich gehört der Landkreis neben den Kreisen Böblingen und Stuttgart zu den Spitzenreitern beim E-Auto-Anteil. Auch bundesweit befinden sich die drei Landkreise unter den Top 15. Die Untersuchung zeigt aber auch: Ein großer Anteil der Autos hat gewerbliche Besitzer. So auch im Landkreis Calw, in dem rund 20 Prozent der Elektroautos dem Stadtwerk Energie Calw (EnCW) und dessen Carsharing-Angebot deer mobility gehören.
In der Regel kommt laut einer Sprecherin von deer die Kommune, der Bauträger oder das Unternehmen, das Carsharing anbieten möchte, für den Bau der Ladeinfrastruktur und die Bereitstellung der Parkplätze auf. Die bisherige Ladestruktur habe sich deer durch Förderungen des Landes finanziert.
Wo neue Standorte gebaut werden, sei von den Kommunen abhängig, sagte die Sprecherin. Die Verwaltung erteile den Auftrag, die Kosten für neue Ladesäulen lägen bei den Gemeinden. Das könne ein Grund sein, weshalb sich nicht alle Kommunen beteiligen, so die Sprecherin weiter. Zudem gehe deer nur Kooperationen mit Gemeinden ab einer Einwohnerzahl von 2.000 ein. Insgesamt steige die Nachfrage nach dem E-Carsharing-Angebot, teilte deer mit.
Für wen ist E-Carsharing eine gute Möglichkeit?
Vor allem die hohen Anschaffungskosten für E-Autos halten momentan viele vom Kauf eines E-Autos ab. Dem könnte Carsharing entgegenwirken, teilte die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) mit. Laut einer Untersuchung des bsc lohnt sich die Nutzung des Carsharing mit Verbrennern bis zu einer jährlichen Fahrtstrecke von 14.000 Kilometer. Wegen der hohen Anschaffungskosten von E-Autos biete sich also auch das E-Carsharing vor allem für Gelegenheitsfahrer an, so KEA-BW.
Zudem falle der Aufwand und die Kosten für Reparaturen, Wartung und Pflege weg. Auch der Strom sei in den E-Carsharing-Angeboten häufig inbegriffen. Das mache es nicht nur als Alternative zum Zweitwagen attraktiv.
Besonders für kürzere Strecken bietet sich das E-Carsharing innerhalb oder zwischen Städten an. Zwar gibt es sogenannte Schnellladesäulen, auch dort dauert das Laden aber je nach Modell circa 30 bis 60 Minuten. Vor allem in Großstädten vereinfacht das Carsharing aber Kurzstreckenfahrten, da durch die vorgeschriebenen Parkflächen auch die Parkplatzsuche vereinfacht wird. Zudem sind die Parkkosten meist im Preis inbegriffen. Beim stationsgebundenen Modell fällt die Parkplatzsuche sogar komplett weg.
Einen Parkplatz mit Ladesäule zu finden, kann Zeit und Nerven kosten, wie ein Beispiel aus Karlsruhe zeigt, über das der SWR im vergangenen Jahr berichtet hat:
Verfügbarkeit von Ladesäulen: Wichtige Voraussetzung für E-Carsharing
Rund 26.000 öffentliche Ladestationen gibt es derzeit in Baden-Württemberg. Jedoch sind hauptsächlich die großen Städte mit genügend Ladesäulen ausgestattet. Insgesamt kamen in Baden-Württemberg laut des Verbands der Automobilindustrie (VDA) im Juli letzten Jahres 16,1 E-Autos auf einen öffentlichen Ladepunkt. Damit schnitt das Land etwas besser ab als die gesamte Bundesrepublik mit 17,3.
Den Status-Quo bei der Ladestruktur in Baden-Württemberg ist nach Einschätzung der KEA-BW "nicht schlecht". Demnach finden viele Ladevorgänge zu Hause und am Arbeitsplatz statt. Wichtig sei aber eine schnelle Vereinheitlichung des Zugangs mit möglichst einer einheitlichen Karte für alle Ladeplätze. Gesetzlich möglich wird das durch die im vergangenen Jahr in Kraft getretene AFIR (Alternative Fuels Infrastructure Regulation).
E-Carsharing: Angebot wird in ländlichen Gegenden teils wenig genutzt
Schlusslicht beim Anteil an E-Autos in Baden-Württemberg bilden die Landkreise Heidenheim, Main-Tauber und Neckar-Odenwald. Lediglich 2,2 Prozent der Fahrzeuge in Heidenheim sind E-Autos. Auch das E-Carsharing-Modell konnte sich hier nicht durchsetzen.
In den vergangenen Jahr haben zwei Kommunen des Landkreises E-Carsharing angeboten. Grund für die Abschaffung der E-Carsharing-Angebote war laut Landkreis Heidenheim die mangelnde Nachfrage. Stellplätze, sowie Fahrzeug- und Wartungskapazitäten seien ungenutzt und damit wirtschaftlich nicht rentabel gewesen.
Wieso das Angebot so wenig genutzt wurde, kann die Verwaltung nicht sicher sagen. Im Landkreis Heidenheim gebe es sogar eine Personalstelle zum Thema E-Mobilität, die durch das Land gefördert werde. Dennoch könne der langsame Ausbau der Ladestruktur eine Rolle gespielt haben. Zudem seien längere Pendlerstrecken ein möglicher Grund - auch für den generell niedrigen Anteil an E-Autos in der Region.
Der Ausbau der Ladestruktur hängt in der Regel von privaten Betreibern ab, teilte der Landkreis Heidenheim mit. Das Land unterstütze aber sowohl private als auch öffentliche Akteure durch Förderungen und Projekte. Projekte über mehrere Kommunen hinweg werden in der Koordination durch den Landkreis unterstützt.
Für den Erfolg eines E-Carsharing-Angebots sowie dem generellen Ausbau der nachhaltigen Mobilität in ländlichen Regionen könnten mehr finanzielle Mittel durch Bund und Land helfen, sagte ein Sprecher des Landkreises Heidenheim. Denn spezielle Gelder für den Ausbau der E-Mobilität gebe es in den Landkreisen nicht und die momentane Förderung durch das Land decke nur einen Teil der Kosten für die Anschaffung und Installation der Ladesäulen.
Schlechtes Image des E-Autos - Carsharing könnte Vorurteile bekämpfen
Auch spiele das nach wie vor schlechte Image der E-Autos eine Rolle beim Erfolg des E-Carsharing. Die meisten Argumente gegen ein E-Auto ließen sich zwar objektiv entkräften, jedoch komme das bei vielen Menschen nicht an, meint Henrik te Heesen, Professor für Technologien der Erneuerbaren Energien an der Hochschule Trier. Elektroautos böten zahlreiche technische Vorteile, seien jedoch für Otto-Normalverbraucher oft zu teuer.
E-Carsharing könnte aus Sicht der KEA-BW dazu beitragen, Vorbehalte gegenüber E-Autos abzubauen, etwa was die Reichweite oder Unerfahrenheit mit dem Ladevorgang anbelangt. E-Carsharing sei eine Möglichkeit, Elektromobilität unverbindlich zu testen.