Baden-Württemberg Freiburger Dietenbachwald geräumt: Weitere Bäume sollen am Montag gefällt werden
Nach der Räumung des besetzten Freiburger Dietenbachwaldes blieb es laut Polizei ruhig. Zuvor waren einige Aktivisten verhaftet worden. Eine Person hatte sich unterirdisch einbetoniert. Am Montag soll die Rodung weitergehen.
Aktivist hatte sich unterirdisch einbetoniert
Am Samstagmorgen hatte die Polizei mit der Räumung eines von Aktivisten besetzten Waldstücks in Freiburg begonnen. Sie war mit mindestens 20 Beamtinnen und Beamten vor Ort und forderte die Besetzer immer wieder per Megafon auf, den Wald und die Bäume zu verlassen. "Wir versuchen in erster Linie, kommunikativ auf die Personen einzuwirken", erklärte Polizeisprecher Michael Schorr.
Bis zum Nachmittag waren laut Polizei elf Besetzer festgenommen worden. Sie hatten sich im Wald oder in selbst gebauten Baumhäusern befunden. Es wurden gegen mindestens neun Menschen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, das Vermummungsverbot und das Landeswaldgesetz eingeleitet, bilanzierte die Polizei.
Im Zuge des Einsatzes fand die Polizei auch unter der Erde Menschen. Eine Person habe sich offenbar in eine Notlage gebracht, indem sie sich angekettet und in ein Beton- und Glasgemisch einbetoniert habe, teilte die Polizei mit. "Durch den anhaltenden starken Regen und den aufgeweichten Erdboden bestand die Gefahr, dass die Seitenwände des Erdlochs ihre Tragkraft verlieren." Mit Unterstützung des technischen Hilfswerkes seien die Seitenwände stabilisiert worden. Die Person habe befreit werden können.
Aktionsbündnis kündigt Protest-Spaziergang an
Einen Tag nach der Räumung veranstaltet das Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" am Sonntag einen "Wald(rand)spaziergang". Der Spaziergang beginnt um 14 Uhr an der Haltestelle Bollerstaudenstraße. Eine über 200 Jahre alte und fotogene Eiche stehe noch besetzt im südlichen Teil des Waldes.
Polizei: Ruhige Nacht nach Räumung
In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist es laut Polizei ruhig geblieben. Es gebe keine Hinweise auf Beschädigungen, Farbschmierereien oder gar Brandstiftungen, die im Zusammenhang mit der Aktion stehen könnten, sagte ein Sprecher. Am Wochenende zuvor waren Baustellenfahrzeuge und Maschinen im neuen Stadtteil Dietenbach mutmaßlich in Brand gesetzt worden.
Rodungen am Montag fortsetzen
Erste Bäume im Langmattenwäldchen - wie es eigentlich heißt - wurden bereits gefällt. Sie müssen wegen Erschließungsarbeiten für den neuen Stadtteil Dietenbach weichen. "Die Aufgaben, die durchgeführt werden sollten, sind erledigt", so der Polizeisprecher in einer ersten Bilanz. In dem geräumten Gebiet befinde sich niemand mehr. Am Sonntag soll laut Stadt nicht gerodet werden. Erst Montag solle es weitergehen. Ob die Polizei wieder dabei sein werde, sei noch unklar. Inwiefern Beamtinnen und Beamte das Gelände sichern, sagte der Polizeisprecher nicht. Den Aktivisten zufolge fuhren hin und wieder Streifen an dem Waldstück vorbei.
Erste Bäume im Freiburger Langmattenwäldchen wurden gefällt.
Demo gegen Räumung des Dietenbachwaldes
Etwa zwei Dutzend Demonstrierende begleiteten bei strömendem Regen die Aktion mit Sprechchören und Protestschildern. Einer von ihnen war Christian Zissel vom Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald". Für ihn war es ein schwarzer Tag: "Weshalb konnte nicht umgeplant werden und dieses kleine Waldstück erhalten bleiben?" fragt er sich.
21 Tierarten werden durch diese Rodung stark geschädigt. Das ist ein Armutszeugnis für die Stadt Freiburg. Christian Zissel, Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald"
Polizisten führen einen festgenommenen Aktivisten aus dem besetzten Langmattenwädlchen ab.
Auch Mario Pfau, der städtische Projektleiter Dietenbach, war vor Ort. Er sagte, der Protest sei zwar legitim, doch habe es "jahrelang eine sehr intensive demokratische Diskussion und Variantenprüfungen gegeben". Mit dem Ergebnis, dass es keine Alternative zu der Rodung gebe.
Die weit überwiegende Mehrheit der Entscheidungsträger kam zu dem Ergebnis: Es gibt keine bessere Lösung. Mario Pfau, Projektleiter Dietenbach
Bereits vor gut einer Woche kündigte die Stadt Freiburg ein Betretungsverbot für einen Teil des Dietenbachwalds an. In dem Schreiben hieß es, dass alle Menschen den gesperrten Bereich bis zum 6. Dezember um 24 Uhr verlassen sollen. Mit der Aufforderung, auch alle "errichteten Bauten und sonstige Gegenstände" abzubauen, richtete sich die Stadt unmissverständlich an die Besetzerinnen und Besetzer des Waldes. Diese hatten mehrere Baumhäuser im besetzten Waldstück errichtet.
Polizeisprecher Michael Schorr im Gespräch mit einer Beobachterin der Räumungsaktion.
Waldstück war seit 2021 besetzt
Seit 2021 besetzen Aktivistinnen und Aktivisten das nun gesperrte Waldstück. Es soll für den neuen Stadtteil Dietenbach gerodet werden. Nach Angaben der Stadt geht es zunächst um eine Fläche von 1,7 Hektar. Dort soll eine überregionale Erdgashochdruckleitung verlegt werden sowie eine neue Straßenbahntrasse. Auch für Teile eines geplanten Sport- und Schulcampus müssen Bäume weichen. Langfristig müssen für den neuen Stadtteil gut vier Hektar Wald gerodet werden.
Am vergangenen Wochenende waren auf der Baustelle für den neuen Stadtteil mehrere Baustellenfahrzeuge in Brand gesteckt worden. Die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung. Menschen wurden nicht verletzt.
Freiburger Gemeinderat stimmte Bebauungsplan zu
Zwei Tage bevor die Stadt Freiburg das Betretungsverbot ankündigte, hatte der Freiburger Gemeinderat dem ersten Bebauungsplan für den Stadtteil Dietenbach zugestimmt. Demnach sollen vorerst 1.600 Wohnungen für 3.500 Menschen entstehen. Insgesamt sollen in dem neuen Stadtteil einmal 16.000 Menschen wohnen.
Sendung am Sa., 7.12.2024 10:30 Uhr, SWR4 BW Studio Südbaden