Im Enzkreis setzen immer mehr Landwirte in Zeiten des Klimawandels auf die alte Kulturpflanze Hirse

Baden-Württemberg Immer mehr Bauern im Enzkreis setzen auf Superfood Hirse 

Stand: 24.07.2024 12:50 Uhr

Die Hirse ist im Enzkreis auf dem Vormarsch. Immer mehr Bauern setzen auf das Getreide, weil es vor allem mit längeren Trockenphasen gut zurecht kommt.

Immer mehr Landwirte in Baden-Württemberg suchen wegen des Klimawandels Alternativen für ihre Äcker und Hirse ist so eine. Vor allem im Enzkreis wird das Getreide immer beliebter.

2023 startete ein Projekt mit Hirse im Enzkreis

Die ersten Pioniere haben Hirse im Enzkreis schon vor zehn Jahren angebaut. 2023 taten sich dann eine handvoll Landwirte zusammen und starteten das Hirseprojekt. Unterstützt werden sie dabei von der Bio-Musterregion Enzkreis.

Ein Projekt, das Bauern bei biologischem und nachhaltigem Anbau fördern soll. Mit der Hirse versuchen die Landwirte, mit den Auswirkungen des Klimawandels und mit den schwierigen Wetterbedingungen der vergangenen Jahre besser zurecht zu kommen.

Mit dem Klimawandel ist es leichter geworden, Hirse anzubauen. Sie kommt mit der aktuellen Witterung hier sehr gut zurecht. Thomas Blanc, Demeterbauer Kleinvillars

Bauern schätzen Widerstandsfähigkeit des Getreides

Während die Trockenheit im Enzkreis im letzten Jahr sogar den Mais in die Knie gezwungen hat, kam die Hirse damit problemlos zurecht. Hirse könnte also eine ernstzunehmende Alternative zu herkömmlichen Getreidesorten werden, wenn am Ende auch noch die Vermarktung funktioniert. Immerhin beteiligen sich mittlerweile sechs Biolandwirte und fünf konventionell produzierende Bauern am Hirseprojekt im Enzkreis.

Die Pflanze braucht wenig Wasser, sie benötigt praktisch kein Spritzmittel und so gut wie keinen Dünger. Erich Becker, Müller aus Keltern
Im Enzkreis setzen immer mehr Landwirte in Zeiten des Klimawandels auf die alte Kulturpflanze Hirse. Thomas Blanc aus Kleinvillars ist einer der Pioniere.

Im Enzkreis setzen immer mehr Landwirte in Zeiten des Klimawandels auf die alte Kulturpflanze Hirse. Thomas Blanc aus Kleinvillars ist einer der Pioniere.

Mühle Beck in Keltern verarbeitet Hirse weiter

Unterstützt werden die Bauern dabei von der Mühle Beck in Keltern. Dort werden die millimeterkleinen Hirsekörnchen optisch gereinigt und verpackt. Zuvor müssen sie allerdings geschält werden. Dazu hat einer der Landwirte eine Reis-Schälmaschine aus China angeschafft. Die funktioniert auch bei der Hirse, berichtet Müller Erich Becker. Aber weil die Körnchen so klein sind, sei der Reinigungs- und Schälaufwand schon enorm. Einmal bearbeitet, kann die Hirse für viele Rezepte verwendet werden.

Der "Weizen der Wüste" soll im Enzkreis wieder bekannter werden

Den Hirsebauern im Enzkreis geht es aber nicht nur um sichere Erträge. Obwohl das Getreide nämlich seit Jahrhunderten bekannt ist, geriet es in den vergangenen Jahren in Vergessenheit. Für Ursula Waters, Regional-Managerin der Bio-Musterregion Enzkreis, ist es deshalb wichtig, das Superfood wieder bekannt zu machen.

Bei 35 Verkaufsstellen im Enzkreis, darunter Hofläden, Mühlen und Reformhäuser, kann man regionale Hirse kaufen. Auf rund zehn Hektar wird im Enzkreis inzwischen wieder Hirse angebaut. Das ergibt unter dem Strich einen Ertrag von zehn Tonnen gereinigter und geschälter Hirse. Es sei ein guter Anfang, meint Müller Erich Becker aus Keltern. Wenn es nach ihm ginge, könnten die Menge gerne noch zehnmal größer werden.

Im Enzkreis setzen immer mehr Landwirte in Zeiten des Klimawandels auf die alte Kulturpflanze Hirse. Erich Becker ist Pionier und Müller im Hirseprojekt

Im Enzkreis setzen immer mehr Landwirte in Zeiten des Klimawandels auf die alte Kulturpflanze Hirse. Erich Becker ist Pionier und Müller im Hirseprojekt

Wertvolle Inhaltsstoffe und eine unschlagbare Umweltbilanz

Hirse kann für eine vegetarische und selbst für eine vegane Ernährung wertvoll sein. Denn Hirse enthält viel Eiweiß. Sie ist von Natur aus glutenfrei, sie hat sehr viel Kieselsäure, enthält viele Mineralien und hat einen hohen Eisengehalt. Neudeutsch könne man so etwas durchaus als Superfood bezeichnen, meint Bio- Managerin Ursula Waters. Was sie am Ende fast unschlagbar mache, ist vor allem ihre Umweltbilanz, ergänzt Müller Erich Becker.

Was ist eine Bio-Musterregion?

Das Ziel der 14 Bio-Musterregionen im Land ist es, mehr Bio für und aus Baden-Württemberg zu erreichen. Bio-Musterregionen heißen auch Öko-Modellregionen. Sie sind vom Land geförderte Bündnisse für Ökolandbau und Bio entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In den Bio-Musterregionen engagieren sich Erzeuger, Verarbeiter, Vermarkter und Verbraucher direkt vor Ort. Es geht um Bio-Produkte, aber es geht auch um die Förderung regionaler Produkte, um die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume zu sichern.

Sendung am Mo., 29.7.2024 12:00 Uhr, SWR1 Baden-Württemberg, SWR1 Baden-Württemberg