Baden-Württemberg Immer mehr Ladendiebstähle: Justizministerin besucht Mannheimer Supermarkt
Die Zahl der Ladendiebstähle hat stark zugenommen, der Handelsverband Nordbaden fordert ein härteres Vorgehen. Darüber hat er mit Landes-Justizministerin Gentges in Mannheim gesprochen.
Allein im vergangenen Jahr sind nach Angaben des Landes über 47.000 Diebstähle im Einzelhandel gemeldet worden - fast 25 Prozent mehr als noch 2022. Das Problem dabei: Die Täterinnen und Täter kommen offenbar oft straffrei davon. Das müsse sich ändern, fordern der Handelsverband Nordbaden und Einzelhändler. Um auf das Problem verstärkt aufmerksam zu machen, haben sie am Dienstag in einem Mannheimer Supermarkt mit der baden-württembergischen Justizministerin Marion Gentges (CDU) darüber gesprochen.
5,8 Millionen Euro Schaden durch Ladendiebstähle - Dunkelziffer ist hoch
Seit etwa zwei Jahren werden in seinen Supermärkten immer mehr Waren gestohlen, erklärte Supermarkt-Betreiber Sahin Karaaslan - vom Olivenöl über Fisch zum Eigengebrauch bis hin zu teuren Produkten wie Steak oder Alkohol, die dann weiterverkauft werden. In jedem seiner vier Supermärkte in Mannheim und Heidelberg würden im Jahr Waren im Wert von etwa 200.000 Euro gestohlen, so Karaaslan. Ein Verlust von 800.000 Euro also. Und es werde immer schlimmer.
Ein zusätzliches Problem sei, dass die Inventur-Software glaube, dass die gestohlenen Produkte noch vorhanden sind. Manchmal werde aus diesem Grund von einem Produkt nichts oder nicht genug nachbestellt und fehle dann im Regal.
Der Geschäfstführer des Handelsverbandes Nordbaden, Swen Rubel (im Bild ganz links), und Supermarkt-Betreiber Sahin Karaaslan (rechts) führen die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) durch einen Supermarkt in Mannheim.
Ähnlich sehe es überall in Baden-Württemberg aus, erklärte ein Vertreter des Handelsverbands Nordbaden. In ganz Baden-Württemberg lag der Schaden durch Diebstähle im Jahr 2023 bei rund 5,8 Millionen Euro, so der Handelsverband Nordbaden. Und das seien nur die gemeldeten Fälle.
Rechnet man jetzt mal alles mit ein, was wahrscheinlich unentdeckt geblieben ist, dann gehen wir in Baden-Württemberg eher von einer Schadenssumme von 700 Millionen Euro durch Ladendiebstahl im Jahr aus. Swen Rubel, Geschäfstführer Handelsverband Nordbaden
Diebe werden immer aggressiver und dreister
Sahin Karaaslan und andere Einzelhandelsbetreiber haben viel Geld in die Überwachung und Sicherung der Geschäfte gesteckt: Ladendetektive, Sicherheitspersonal, Absperrungen oder Überwachungskameras. Aber es nütze wenig. Die Täterinnen und Täter würden immer aggressiver und dreister.
In dem Supermarkt in Mannheim-Käfertal sitzt ein Sicherheitsmitarbeiter vor den Bildern der Überachungskameras und beobachtet die Kunden. Neben ihm liegen Produkte, die gestohlen werden sollten und sichergestellt wurden.
Es seien auch immer mehr organisierte Banden am Werk, erklärte Swen Rubel vom Handelsverband Nordbaden. Das kann auch Sahin Karaaslan bestätigen. Teilweise würden vier oder fünf Personen zusammenarbeiten, häufig Männer, die dann das Sicherheitspersonal einschüchterten und sich dann mit der Ware aus dem Staub machten, erklärt er.
Selbst Hausverbote würden die Diebe nicht mehr abhalten, teilte Swen Rubel vom Einzelhandelsverband Nordbaden mit. "Vormittags wird einem Dieb ein Hausverbot erteilt und die Polizei nimmt die Personalien auf, nachmittags ist er wieder da und klaut weiter", sagte er. Auch die Gewaltbereitschaft sei gestiegen. Das Problem: Die Täterinnen und Täter kämen oft straffrei davon und die Staatsanwaltschaften stellten die Verfahren häufig direkt wieder ein.
Das ist ein schwieriges politisches Signal, wenn der Staat nicht mehr wehrhaft ist. Swen Rubel, Geschäfstführer Handelsverband Nordbaden
Der Handelsverband Nordbaden fordert jetzt eine härtere Gangart gegen Ladendiebe. Es gebe ja schon die Möglichkeit sogenannter beschleunigter Verfahren, bei denen bei kleineren Vergehen eine Verurteilung innerhalb von 24 Stunden möglich ist. Nur müsse die bestehende Rechtslage auch angewendet werden, so Swen Rubel.
Justizministerium will mehr Personal einstellen
Justizministerin Marion Gentges sicherte am Dienstag dem Handelsverband Nordbaden und den Einzelhändlern zu, dass das Justizministerium mehr Personal für die Strafbehörden einstellen werde, um die Verfahren auch wegen Ladendiebstählen effektiver zu bearbeiten. Zudem sollten mehr beschleunigte Verfahren in Baden-Württemberg durchgeführt werden, bei denen es noch am Tattag oder Folgetag zu einer Verurteilung kommt.
Das ist abschreckend und es macht dem Täter deutlich: Probier es gar nicht erst. Und es sendet das klare Signal: Unser Rechtsstaat hat Zähne und zeigt sie auch. Marion Gentges (CDU), Landes-Justizministerin
Justizministerin Marion Gentges sicherte dem Einzelshandelsverband Nordbaden und den Einzelhändlern zu, dass das Justizminhisterium mehr Personal einstellen wird.
Durch solche beschleunigten Verfahren könne auch verhindert werden, dass sich Täter oder organisierte Banden über die Landesgrenzen absetzten und dann für ein Strafverfahren schwerer zurückzuholen seien.
Sendung am Di., 30.7.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4
