Baden-Württemberg Kitas, Parkgebühren, Schulen: Wie Städte und Gemeinden in BW mit dem Spardruck umgehen
Laut dem Städtetag in BW werden neun von zehn Kommunen in diesem Jahr rote Zahlen schreiben. Die Bürgermeister müssen sparen - mit spürbaren Folgen für die Menschen vor Ort.
Nach Angaben des baden-württembergischen Städtetags werden knapp 90 Prozent der Kommunen im Jahr 2025 ins Minus rutschen. Die Gründe dafür sind vor allem sinkende Einnahmen aus der Gewerbesteuer und immer mehr Aufgaben von Bund und Land, die nicht ausreichend finanziert sind und für die dann die Kommunen aufkommen müssen. Für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor Ort heißt das: Sie müssen an vielen Stellen sparen. Das hat Auswirkungen auch auf den Alltag der Menschen im Land wie ein Beispiel aus Herrenberg (Landkreis Böblingen) zeigt.
Herrenberg: Kein Geld für Neubau von Schule
An der Außenfassade der Albert-Schweitzer-Schule in Herrenberg bröckelt bereits an mehreren Stellen der Putz. An Fenstern und Wänden gibt es Risse. Für Oberbürgermeister Nico Reith (parteilos) ist die Erkenntnis nicht neu. "Wir wissen schon seit vielen Jahren, dass dieses Gebäude saniert werden müsste", sagt Reith dem SWR.
Auch die Innenausstattung ist deutlich in die Jahre gekommen. In der Schulküche gehen immer wieder Schubladen kaputt, Herdplatten fallen aus. Keine idealen Bedingungen für die pädagogische Arbeit. "Wenn Schüler gerade am Kochen sind und ihre Stärken ausleben können und dann das Equipment nicht funktioniert, dann ist der Frust verständlicherweise auch groß", sagt Rektorin Katharina Urtimur.
Eigentlich müsste das Gebäude abgerissen und komplett neugebaut werden. Doch wann das Projekt umgesetzt wird, kann der vor knapp einem Jahr gewählte OB nicht sagen. Der Grund: Seine Stadt hat kein Geld. "Als neuer Oberbürgermeister würde man natürlich gerne auch verwirklichen. Natürlich ist es irgendwo frustrierend, wenn man das aufgrund der finanziellen Bedingungen nicht kann."
Oberbürgermeister Nico Reith (parteilos) und Rektorin Katharina Urtimur unterhalten sich in der Küche der Albert-Schweitzer-Schule in Herrenberg.
Kitabetreuung sorgt für große Belastung im Haushalt
Kindertagesstätten sind ein großer Posten im Haushalt der Kommunen. Laut Reith sind die Kitas mit ein Grund für die schlechte finanzielle Lage der Stadt. Vor mehr als zehn Jahren hat der Bund beschlossen, dass Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bekommen. Die Stadt muss nun zum Beispiel die Kosten für das Personal tragen.
"Es gilt normal das Prinzip wer bestellt, bezahlt", sagt Reith. Der Bund müsse eben auch dafür sorgen, dass die Kosten, die in den Kommunen anfallen, entsprechend gedeckt werden. In den vergangenen zehn Jahren sei das Defizit der Stadt Herrenberg für die Kitas von acht auf 18 Millionen Euro angestiegen.
Geld fehlt: Angebote für Bus und Bahn könnten reduziert werden
Zum Aufgabenkatalog der Kommunen gehört auch die Unterbringung von Flüchtlingen, die Krankenhäuser oder Bus und Bahn. Gerade Krankenhäuser und der Nahverkehr seien total unterfinanziert, beklagt der Städtetag. Man müsse in Einzelfällen nun auch darüber diskutieren, ob man die Qualität oder das Gesamtangebot reduziere. "Das werden die Bürgerinnen und Bürger dann ganz unmittelbar merken", sagt der Präsident des Städtetags von Baden-Württemberg und OB von Karlsruhe, Frank Mentrup (SPD). Er fordert, das Land müsse mehr Verantwortung übernehmen und die Finanzierungslücken füllen.
Aber die, die es beschlossen haben, geben uns nicht das Geld dazu. Frank Mentrup, Präsident Städtetag Baden-Württemberg
Es wäre nur fair, so Mentrup, dass man gemeinsam den Menschen sage, man habe sich was Tolles vorgenommen, aber die finanzielle Gesamtentwicklung lasse es eben nicht zu, es umzusetzen. Das grün-geführte baden-württembergische Finanzministerium schreibt auf SWR-Anfrage, auch das Land müsse mit weniger Steuereinnahmen auskommen und habe Aufgaben vom Bund übernommen, ohne, dass diese von Seiten des Bundes ausreichend finanziert worden seien. Kaum ein Bundesland unterstütze seine Kommunen so intensiv wie Baden-Württemberg, so das Ministerium.
Liste mit 220 Sparmaßnahmen in Herrenberg
In Herrenberg hat Oberbürgermeister Nico Reith nun eine Liste mit hunderten Sparmaßnahmen erarbeitet. Statt an einer großen Stelle zu sparen, soll die Belastung in Herrenberg möglichst breit verteilt werden. So sollen unter anderem die Parkgebühren erhöht, das Budget für Schulen und Sportvereine sowie Stellen in der Verwaltung gestrichen werden. Aber auch Eltern müssen sich auf höhere Kitagebühren einstellen.
"Wenn Sie so ein Konsolidierungspaket auf den Weg bringen, sorgt das natürlich für viel Unruhe in der Stadt", sagt Reith. Der Stadt bleibe allerdings nichts anderes übrig. Die Sparliste soll rund vier Millionen Euro bringen, dennoch bleibt unterm Strich ein Minus von sieben Millionen Euro im Haushalt übrig. Ende Januar will er die Liste dem Gemeinderat vorlegen. Dann wird auch über den Haushalt 2025 der Stadt Herrenberg abgestimmt.