Baden-Württemberg Krise bei Bosch: Streiks nicht mehr ausgeschlossen
Bei Bosch sollen Tausende Arbeitsplätze in den nächsten Jahren abgebaut werden. Dagegen wollen Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften jetzt noch stärker Widerstand leisten.
Die Situation für die Bosch-Beschäftigten sei absolut unerträglich, sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und Gesamtbetriebsratschef Frank Sell. Nach der Ankündigung des Konzerns, alleine in der Automobilsparte die Zahl der zu streichenden Stellen weiter zu erhöhen, sei die Stimmung in den Betriebsversammlungen sehr emotional gewesen.
Bosch Personalchef: Keine betriebsbedingten Kündigungen
Für den Konzern erklärte Personalchef Stefan Grosch, die wirtschaftlichen Perspektiven hätten sich im zweiten Halbjahr deutlich verschlechtert. Deshalb habe man die Pläne zum Stellenabbau verschärfen müssen. Auch in Zukunft seien entsprechende Anpassungen nicht ausgeschlossen.
Grosch betonte, man stehe zu allen mit den Arbeitnehmern getroffenen Vereinbarungen, wie etwa den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in der Automobilsparte bis Ende 2027.
Bosch verhandelte bislang nur mit einzelnen Standorten
Der Bosch-Betriebsrat forderte die Geschäftsleitung auf, die Salami-Taktik bei der Ankündigung von Stellenstreichungen zu beenden. Jetzt müsse über ein Zukunftskonzept für die Beschäftigten und die Standorte im ganzen Konzern gesprochen werden, so der Betriebsrat. Bislang verhandelt Bosch jeweils nur an den einzelnen Standorten.
Streiks bei Bosch nicht ausgeschlossen
Nach Angaben der Arbeitnehmervertreter werden jetzt Protestaktionen für das neue Jahr vorbereitet. Dabei könnte es auch zu Streiks kommen. Gesamtbetriebsratschef Sell meinte, er gehe davon aus, dass Argumente allein nicht ausreichen werden.
Stefan Bischoff, Frank Sell, Adrian Hermes und die Stuttgarter IG-Metall-Chefin Liane Papaioannou wollen zusammen Protestaktionen planen.
Die Stuttgarter IG-Metall-Geschäftsführerin Liane Papaioannou sagte: "Wir werden in den Widerstand gehen, wenn ein Unternehmen, das Gewinne macht, Standorte schließen sollte.“ Streiks waren bislang bei dem Stiftungsunternehmen äußerst selten.
Appell: Mitarbeiter bei der Tranformation mitnehmen
Frank Sell und Adrian Hermes, Konzernbeauftragter der IG Metall und Bosch-Aufsichtsratsmitglied, appellierten an die Geschäftsleitung, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Wir wollen die Transformation, wir brauchen die auch - aber wir wollen mitgenommen werden. Adrian Hermes, Konzernbeauftragter der IG Metall und Bosch-Aufsichtsratsmitglied
Die Arbeitnehmer seien bereit, über eine Vier-Tage-Woche zu reden, um einen Jobabbau zu verhindern. "Wir sind grundsätzlich bereit, über Flexibilisierung zu reden", betonte Sell auch mit Blick auf mögliche Lohnkürzungen.
Treibt das geplante Verbrenner-Aus bis 2035 die Automobilindustrie weiter in die Krise? Die Debatte im Landtag von Baden-Württemberg:
Bosch will Software-Abteilungen zusammenlegen
Besonders hart trifft der angedachte Stellenabbau einen Teil der Software-Abteilung, in der Technologien für das automatisierte Fahren entwickelt werden. Hier sollen bis 2027 insgesamt 3.500 Jobs wegfallen, die Hälfte davon in Deutschland.
Der Konzern gab an, Entwicklungsabteilungen zusammenlegen zu wollen. Damit wird sich Bosch wohl auch von einer großen Zahl an Softwareentwicklern trennen, die in den vergangenen Jahren zu hohen Kosten eingestellt worden waren.
Insgesamt arbeiten bei Bosch im Bereich "Cross-Domain Computing Solutions" rund 17.000 Beschäftigte an 40 Standorten in 20 Ländern. Der Bereich war erst vor fünf Jahren gegründet worden.
Bosch beschäftigt in Deutschland nach eigenen Angaben rund 133.800 Menschen. Weltweit waren es 427.600 (Zahlen vom Geschäftsjahr 2023). Das Management hatte kürzlich angekündigt, weitere 5.500 Stellen in den kommenden Jahren streichen zu wollen.
Sendung am Mi., 11.12.2024 15:00 Uhr, SWR Aktuell am Nachmittag, SWR Aktuell