Baden-Württemberg Nach Störung der Christmette: Freiburger Erzdiözese bekräftigt Kündigung
Nach den lautstarken Sympathie-Bekundungen für den gekündigten Domkapellmeister im Freiburger Münster gibt es Reaktionen - und ein Gesprächsangebot.
Ein Vorfall bei der Christmette im Freiburger Münster wirkt auch nach den Weihnachtstagen noch nach. Erzdiözese und Unterstützer des gekündigten Domkapellmeisters Boris Böhmann machten sich in Stellungnahmen gegenseitig Vorhaltungen. Gleichzeitig bot die Erzdiözese aber auch Gespräche mit Vertretern der Domchöre an.
Der Konflikt um die Kündigung des Freiburger Domkapellmeisters schwelt bereits seit Monaten. Bisher aber ohne Erfolg: Die Kündigung bleibe vonseiten des Domfabrikfonds als Träger der Dommusik bestehen, teilt die Erzdiözese mit.
Neuer Domkapellmeister in Freiburg gesucht
Die Stelle des Domkapellmeisters soll neu besetzt werden. Laut Erzbistum startet die Bewerbersuche im Frühjahr. "Die Ausschreibung kann frühestens nach dem 1. März 2025 veröffentlicht werden", teilt ein Sprecher der Diözese am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Es soll bereits erste Kontakte zu vergleichbaren Einrichtungen in Deutschland gegeben haben. Es ging dabei etwa darum, "Kriterien und Standards einer Domsingschule zu benennen", wie der Sprecher gegenüber der KNA sagte: "Dabei helfen die fachliche Expertise und der Austausch mit dem Amt für Kirchenmusik in Freiburg."
Protest an Heiligabend im Münster
An Heiligabend war im Anschluss an einen Auftritt der Domsingknaben gegen Ende des Gottesdienstes laut einem Bericht der "Badischen Zeitung" ein fünfminütiger Applaus aufgebrandet - aus Solidarität mit dem Dirigenten und Domkapellmeister. Ihm hatte die Kirche zu Ende Februar gekündigt. Erzbischof Stephan Burger konnte die Feier erst nach längerer Unterbrechung beenden. Ein Live-Stream des Gottesdienstes wurde zuvor abgebrochen.
Elternvertreter weisen Kritik zurück und sprechen von "Affront"
Der für das Münster zuständige Domfabrikfonds sprach nach dem Vorfall in einer Stellungnahme von einem Protest "zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort". Am Donnerstagabend hieß es in einem Offenen Brief der Elternvertreter der Freiburger Domsingknaben, dass der Applaus keineswegs eine "mutwillige Störung" gewesen sei. Vielmehr, so schreibt der Dommusik-Mitwirkende Johannes Rübsamen dem SWR, sei es "ein wohlverdienter Applaus von der kompletten Gemeinde und des Chors für Böhmann" gewesen.
Ich befürchte, dass, wenn die Kirche nicht bereit ist, die Gründe wirklich auf den Tisch zu legen, es zu keinem wirklichen Frieden kommen kann in diesem Fall. Uli Rausch, ehemaliger Stimmbildner der Domsingschule
In dem Offenen Brief der Eltern heißt es weiter: "Dass der Livestream kurz darauf abgebrochen und diese Würdigung als 'mutwillige Störung' bezeichnet wurde, vermittelt leider den Eindruck, berechtigte Anteilnahme sollte unterdrückt werden." Die Rede ist von einem Affront. In dem Brief wird auch die Rücknahme der Kündigung "als klares Signal eines Neubeginns" gefordert.
Applaus und Jubel für gekündigten Domkapellmeister
Laut "Badischer Zeitung" waren bereits vor dem Gottesdienst - und erneut vor dem Pontifikalamt am ersten Weihnachtstag - Flugblätter verteilt worden mit einem QR-Code, der zu einer Petition für Böhmann führt. Darin wird das Domkapitel aufgefordert, die Kündigung zurückzunehmen. Als Erzbischof Burger in der Christmette den Schlusssegen erteilen wollte, war dem Bericht zufolge Gelächter zu hören. Dieses Auflachen, so schildert Gottesdienstbesucher Johannes Rübsamen, sei aus der "Absurdität" entstanden, dass der Erzbischof nach dem Applaus kommentarlos "direkt mit der Danksagung weitergemacht" habe. Nach der Messfeier gab es erneut Applaus und Jubelrufe für Böhmann.
Erzdiözese: Gründe für Kündigung müssen nichtöffentlich bleiben
Die von dem 60-Jährigen geleiteten vier Chöre kämpfen für den Verbleib des Kirchenmusikers, der seit 2003 Domkapellmeister in Freiburg ist. Sie kritisieren, dass sie weder vom Erzbischof noch vom Domkapitel zu der Entlassung gehört worden seien. In seiner Stellungnahme schreibt das Erzbistum, es sei nachvollziehbar, dass nach der Kündigung eines langjährigen Chorleiters Unruhe unter den Mitgliedern der Dommusik entstehe. Aufgrund von Daten- und Persönlichkeitsschutz dürften die einzelnen Gründe aber nicht öffentlich dargelegt werden. "Dies hat leider zu einer Schräglage in der Debatte geführt", heißt es weiter.
Was jedoch eindeutig zu weit geht, sind die scharfen und persönlichen Angriffe in einem sogenannten "offenen Brief" gegen die Interims-Leitungen. Aus einer Stellungnahme des Domfabrikfonds Freiburg
Die Kündigung hat laut einem Sprecher der Erzdiözese eine lange Vorgeschichte: "In der Domsingschule herrschten zahlreiche Konflikte. Es gab immer wieder Versuche von Schlichtungen, die aber allesamt scheiterten." Die Entscheidung habe sich niemand leicht gemacht, aber sei der letzte Ausweg gewesen. Eine Klage Böhmanns gegen die Kündigung hatte das Arbeitsgericht Freiburg abgewiesen. Der Richterspruch ist aber bislang nicht rechtskräftig.
Kritik und Gesprächsangebot der Erzdiözese
Die Erzdiözese, vertreten durch den Domfabrikfonds, kritisierte die wiederholte Störung des Gottesdienstes als ungeeignete Protestform. "Viele Besucherinnen und Besucher, die mit dem Konflikt nichts zu tun haben, wurden damit mutwillig in eine Auseinandersetzung hineingezogen", sagte der Sprecher. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten ließen sich nicht auf diese Weise lösen. Die Situation mache umso mehr deutlich, dass ein Neuanfang in der Leitung der Dommusik "dringend geboten" sei.
Am 15. Januar werde es auf Drängen der Eltern hin ein Gespräch geben, sagt Christine Mertzlufft, Elternvertreterin der minderjährigen Sänger des Aufbauchors und des Vorchors. Das Gesprächsangebot vom Domfabrikfonds sei schon vor den Ereignissen an Weihnachten erfolgt, teilte ein Sprecher der Erzdiözese mit.
Sendung am Fr., 27.12.2024 10:30 Uhr, SWR4 BW Studio Südbaden