Ein Mann steht auf einer Aprikosenplantage. Eine dünne Eisschicht soll die Knospen der Bäume schützen.
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Baden-Württemberg Obstbau im Klimawandel: Melonen, Physalis und Kiwis aus Baden-Württemberg?

Stand: 21.03.2025 06:02 Uhr

Die Klimaerwärmung bringt nicht nur steigende Temperaturen, sondern auch extremere Wetterbedingungen, die den Obstbau in Baden-Württemberg vor neue Herausforderungen stellen. Doch eröffnet der Wandel auch Chancen für neue Obstarten?

Das aufgeheizte Klima ist für einige Landwirtinnen und Landwirte ein Anlass, neue Obstsorten auszuprobieren. Zucker- und Wassermelonen vom Bodensee, Oliven aus dem Weinberg oder Physalis und Kiwis aus Oberschwaben. Mit der Klimaerwärmung zeigt die Temperaturkurve klar nach oben: "Seit Messbeginn hat sich das Klima in Baden-Württemberg um 1,8 bis 2,5 Grad erwärmt. Und auch die Anzahl der heißen Tage mit über 30 Grad hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt - in extremen Jahren sogar vervierfacht", erklärt Michael Stölzle aus dem Kompetenzzentrum Klimawandel der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg.

Und mit den Temperaturen steigt auch die Tendenz zum Anbau exotischer Früchte, zeigen aktuelle Auswertungen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. So wurden hier im Jahr 2024 etwa 87 Tonnen Kiwis und Minikiwis im Freiland geerntet. Bei der letzten großen Auswertung 2020 war es gerade mal rund eine Tonne.

Herausforderung Frost: Nicht nur bei Exoten

Ursprünglich aus China und Neuseeland stammend, birgt der Anbau von Kiwis in Baden-Württemberg dennoch einige Tücken, weiß Hermann Meschenmoser. Er leitet den Obsthof des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums (LTZ) Augustenberg. "Kiwi ist hoch anfällig für Spätfrost, gerade auch die Mini-Kiwi. Wir haben hier bei uns beides stehen und sehen über die Jahre: Die tragen nicht jedes Mal Früchte."

Trotz Klimaerhitzung werde Spätfrost voraussichtlich eine anhaltende Herausforderung für den Obstanbau bleiben, sagt Michael Stölzle: "Wenn wir auf den Spätfrost gucken, dann sehen wir in den letzten Jahren, dass er weiterhin Ende April oder sogar Anfang Mai auftritt. Da ändert sich relativ wenig dran."

Doch was sich verändere, ist die Vegetationsperiode. Höhere Temperaturen führen zu einem früheren Austreiben der Pflanzen und auch zu einer früheren Blüte. Was für lange etablierte Obstbäume zunehmend schwierig wird, stellt neue oder exotische Sorten ebenso vor Probleme. "Aktuell blühen die Aprikosen schon. Bis Anfang Mai besteht in Baden-Württemberg momentan die Gefahr, dass wir Nachtfrost bekommen", berichtet Meschenmoser. Die Blüten werden beschädigt, erfrieren und sterben ab. Die Ernte falle dann entsprechend kleiner oder gar gänzlich aus.

Dieser Winzer aus Weinsberg (Kreis Heilbronn) baut jetzt auch Oliven an:

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Winzer Hermann Frisch aus Weinsberg setzt in Zukunft auf Oliven statt Wein

Er selbst bedecke gerade die Aprikosenbäume auf dem Obsthof mit Folie, um genau das zu vermeiden. Ein bis zwei Grad mehr könne er so für die Pflanzen gewinnen. Viele würden es ihm im deutschen Obstanbau gleichtun: "Es entstehen immer mehr Folientunnel und Gewächshäuser. Der Anbau wird dadurch immer teurer. Aber man muss sich gegen Frost oder auch Hagel schützen. Denn sonst kommt ein Unwetter und die ganze Produktion ist futsch."

Auf der Suche nach den Obstbäumen der Zukunft

Umso wichtiger sei es, neue Sorten zu finden, die den extremer werdenden Wetterbedingungen standhalten. Auf dem Obsthof des LTZ dreht sich daher alles um die Landwirtschaft der Zukunft. Um die 80 verschiedenen Aprikosenzüchtungen, schätzt der Experte, habe er in den vergangenen 15 Jahren getestet. Die Ausbeute: Etwa zehn Sorten, die für den Anbau in bestimmten Regionen Deutschlands geeignet sein könnten. "Wir suchen gezielt nach Sorten, die zum Beispiel robuster in der Blüte sind. Wir brauchen regelmäßige Erträge. Früchte, die schmecken und die nicht platzen, wenn es regnet."

Klimawandel: Auskommen mit weniger Wasser

Denn auch die Niederschlagsmuster änderten sich bei zunehmender Klimaerwärmung, sagt Stölzle. "Die Jahressumme an Niederschlag bleibt zwar ziemlich unverändert. Aber was wir klar sehen, ist eine Verschiebung der Niederschläge innerhalb der Jahreszeiten." So würden die Sommer heißer und trockener und die Winter milder und feuchter.

Für den Obstanbau bedeutet das nicht genügend Wasser bei Hitze und mehr Risiko für Fäulnis in der kalten Jahreszeit. Hinzu kämen immer mehr Starkregenereignisse, bei denen das Wasser oberirdisch abfließe und zu Erosionen führe, statt in den Boden zu versickern, erklärt Meschenmoser. Das für den Obstbau verfügbare Wasser wird also immer weniger. Ein Problem sowohl für altbekannte Obstsorten als auch für neue exotische.

Wirkliche Gewinner sehe ich unter den Obstsorten im Klimawandel nicht. Egal, welche Früchte Sie anbauen, die Probleme werden größer. Hermann Meschenmoser, Betriebsleiter des Obsthofes

Auch wenn einige exotische Früchte inzwischen in Baden-Württemberg angebaut werden, bleibt Hermann Meschenmoser skeptisch. Sie würden wohl eher ein Nischenprodukt bleiben. Denn auch wenn steigende Temperaturen den Anbau neuer Obstarten hierzulande erst möglich machten, folgten mit der Klimaerhitzung zunehmende Unsicherheiten und Risiken, die eine langfristige Etablierung erschwerten.

Für eine klimabeständige Zukunft im Obsterwerbbau sieht er die großen Potenziale vor allem in der Sortenvarianz der bereits etablierten Arten wie Äpfeln, Pflaumen, Zwetschgen oder Süßkirschen. Und auch hier werde man schauen müssen, welche Sorten dem Klimawandel in Baden-Württemberg trotzen könnten.

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