Ein Blitz eines Gewitters erhellt den Nachthimmel über der Landschaft.

Baden-Württemberg Schutz vor Blitzen: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Stand: 15.08.2024 12:04 Uhr

Baden-Württemberg war 2023 das blitzreichste Bundesland Deutschlands, gemessen an der Zahl der Blitze pro Quadratkilometer. Blitze können im schlimmsten Fall tödlich sein - wie schützt man sich wirklich?

Mit insgesamt 35.719 Blitzen hat es in keinem anderen Bundesland im vergangenen Jahr häufiger pro Quadratkilometer geblitzt als in Baden-Württemberg. Laut Blitzatlas liegt die Blitzdichte damit bei 1,3 Blitzeinschlägen pro Quadratkilometer. In Rheinland-Pfalz waren es im Jahr 2023 21.214 Blitze insgesamt.

Blitze können heftige Folgen haben: Bei einem Blitzeinschlag in einen Baum in Welzheim (Rems-Murr-Kreis) wurden am Mittwochabend zwei 15-Jährige von einem Blitz getroffen - ein Jugendlicher starb und der andere wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Laut der Polizei hatten die beiden Jugendlichen während eines Gewitters Schutz unter dem Baum gesucht.

Einerseits warnen Fachleute wie Sven Plöger immer wieder davor, sich bei Unwettern Schutz unter Bäumen zu suchen. Andererseits dürften wohl die meisten den Spruch "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen" schon gehört haben. Welche bekannten Regeln gelten, welchen sollte man keinen Glauben schenken?

Ein Überblick zu Blitzen und zum Schutz bei Gewittern in BW und RLP:

"Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen." Stimmt das bei Blitzen?

Nein, heißt es vom Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung des Fachverbands VDE. "Der Blitz schlägt in alle Baumarten gleich ein." Im Inneren eines Waldes mit gleichmäßig hohem Baumbestand sei die Gefahr eines Blitzeinschlags geringer. Ein Abstand zu allen Bäumen und Ästen von mindestens zehn Metern sei optimal. Laut SWR-Wissenschaftsredaktion kann der Blitz unabhängig von der Baumart - und insbesondere bei einzeln stehenden Bäumen - auf Menschen überspringen, wenn sie nahe am Baum stehen. Eichen würden lediglich stärker beschädigt, wenn sie vom Blitz getroffen werden.

Wie schützt man sich grundsätzlich im Freien vor Blitzeinschlägen?

Grundsätzlich sollten besonders einschlaggefährdete Objekte laut VDE gemieden werden - also einzeln stehende Bäume, Waldränder, Bergspitzen und Masten von Freileitungen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) "Mehr Sicherheit für Kinder" rät zu einer flachen Stelle oder einer Vertiefung: "Gehen Sie in die Hocke, stellen Sie die Füße eng nebeneinander, schließen Sie die Arme um die Knie."

Sich auf den Boden zu legen, sei keine gute Idee, heißt es von der SWR-Wissenschaftsredaktion - denn der Erdboden leitet den Strom. Einschläge in die nähere Umgebung sind daher auch gefährlich und beim Hinlegen würde die Kontaktmöglichkeit über die Erde vergrößert. Um die Angriffsfläche möglichst klein zu halten, sollte zudem Abstand von anderen Menschen gehalten werden. Regenschirme sollten zusammengeklappt werden. Auch Gegenstände, die über den Körper herausragen wie Stöcke, Sportgeräte oder Werkzeuge sollten zum Schutz abgelegt werden. Sie ziehen den Blitz zwar nicht an - wenn er aber dort einschlägt, dann leiten gerade Metallgegenstände den Strom besonders gut weiter. Das kann zu massiven Verbrennungen führen.

Auch SWR-Wetterexperte Sven Plöger bekräftigte dies in der SWR Aktuell-Sendung vom Wochenende:

Wie oft sterben oder verletzen sich Menschen in Folge von Blitzeinschlägen?

Laut einer Statistik des VDE sind zwischen den Jahren 2000 und 2018 durchschnittlich vier Personen pro Jahr in Deutschland bei Blitzunfällen ums Leben gekommen, 110 wurden verletzt. Zudem können Blitze Brände verursachen, bei denen Menschen möglicherweise verletzt werden. Erst am Samstag ist ein Blitz in ein Einfamilienhaus in Grünstadt (Kreis Bad Dürkheim) eingeschlagen, verletzt wurde dort allerdings niemand.

Gewitter beim Schwimmen oder Rudern: Wann raus aus dem Wasser?

Der Rat des SWR-Wetterexperten Andreas Machalica ist eindeutig: "Auf dem Wasser ist es natürlich ganz besonders gefährlich, da heißt es: Sofort raus aus dem Wasser, sobald Gewitter aufziehen." Insbesondere auf Segelbooten sei die Gefahr wegen hoher Masten groß. Bereits bei den ersten Gewitteranzeichen sollte deshalb so schnell wie möglich das Ufer erreicht werden. Dann solle ein geschlossener Raum anvisiert werden.

Ist die Regel noch aktuell, dass technische Geräte im Haus besser ausgemacht werden sollen? Kann ich fernsehen?

Seit 2016 ist ein Überspannungsschutz beim Bau von Häusern Pflicht. Bei sämtlichen älteren Gebäuden sollten vor allem teurere technische Geräte wie Computer, Internetrouter und Fernseher vom Stromnetz getrennt werden. Selbst bei einem Einschlag in der Nachbarschaft kann die Technik andernfalls beschädigt werden. Wenn dann doch Elektrogeräte durch einen Blitzeinschlag beschädigt werden, ist laut Württembergischer Gemeinde-Versicherung (WGV) die Hausratsversicherung zuständig.

Duschen bei Gewitter: Ist das gefährlich?

Wenn die Wasserleitungen in Altbauten noch aus Metall und nicht geerdet sind, wenn ältere Häuser keinen Blitzschutz haben, dann kann Duschen bei einem Blitzeinschlag gefährlich sein. In modernen Häusern stellt dies jedoch kein Problem dar.

Kann ich telefonieren oder ein Smartphone verwenden?

Ja, insbesondere mit dem Smartphone zu telefonieren ist kein Problem, denn die Handystrahlung zieht keine Blitze an. Problematisch kann es nur bei alten Geräten werden, nämlich bei Kabeltelefonen und beim Kontakt mit Wahlscheiben.

Gewitter in BW und RLP: Helfen Blitzableiter wirklich?

Fachleuten ist es vor zwei Jahren erstmals gelungen, einen Blitz mithilfe eines Lasers zu lenken. Das könnte ein wichtiger Schritt zu einem besseren Schutz vor Blitzen etwa für Flughäfen oder andere große Gebäude sein. Aber wie sieht es bei allen anderen Häusern mit Blitzableitern aus? Obwohl sie nicht für alle Häuser Pflicht sind, seien Blitzableiter sinnvoll, so die Einschätzung von Ludger Niermann, Ingenieur aus Nürtingen (Kreis Esslingen).

Wie zuverlässig sind Wetter-Apps bei Gewittern?

"Man muss sich der Grenzen von Wetter-Apps bewusst sein", sagt Wetterexperte Machalica. Einzelne Apps empfehlen würde er nicht, denn jede App könne mal treffen und mal daneben liegen. Als Basis für die Berechnungen dienten unterschiedliche Modelle. Es könnten eher großräumigere Zonen mit Gewitterlagen eingegrenzt werden, die Vorhersage für den konkreten Einzelfall sei schwierig. Manche Nutzenden würden dies aber erwarten: "Die Erwartungshaltung ist relativ hoch." Machalica vermutet, dass sich die Prognosen künftig durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz verbessern könnten.

Mitte Juli 2023 zogen heftige Gewitter über Baden-Württemberg. Wie das aussah, zeigen einige Bilder von unseren Userinnen und Usern:

Spielt der Klimawandel bei Blitzen eine Rolle?

Das sei durchaus plausibel, meint SWR-Wetterexperte Machalica. Dennoch seien längere Trockenperioden ohne Gewitter wahrscheinlich, das vergangene Jahr sei beispielsweise trocken gewesen. In der Folge gebe es dann weniger Blitze.

Sekunden zählen bei Gewittern: Ist da was dran?

Ja - pro Sekunde zwischen Donner und Blitz ist das Gewitter laut Deutschem Wetterdienst noch rund 340 Meter entfernt. Beträgt der zeitliche Abstand weniger als drei Sekunden, könne jederzeit ein Blitz einschlagen. Wenn zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden liegen, sollten Menschen dringend Schutz suchen.

Bieten E-Autos denselben Schutz vor Blitzen wie alle anderen Pkw?

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) "Mehr Sicherheit für Kinder" rät, bei Gewittern Schutz in einem Gebäude oder einem geschlossenen Auto zu suchen. Der Grund: Das Auto bildet eine Art Metallkäfig, einen sogenannten Faradayschen Käfig. Dieser kann einschlagende Blitze in die Erde ableiten. Vorsichtshalber sollte der Metallrahmen im Auto nicht berührt werden.

Aber ist man auch in Elektroautos sicher? Ja, sagt der ADAC auf SWR-Anfrage: "Alle Autos, die eine Zulassung bekommen, müssen gesetzliche Anforderungen erfüllen, die ein Höchstmaß an Sicherheit für die Autofahrer garantieren sollen - egal, ob ein Fahrzeug mit Benzin oder Diesel, Erd- oder Flüssiggas oder eben mit einer Batterie elektrisch betrieben wird." Auch ein E-Auto diene somit als Faradayscher Käfig. Wer übrigens im offenen Cabrio, mit dem Motorrad, Moped oder Fahrrad unterwegs ist, sollte schnell aus- oder absteigen und sich davon entfernen. 

Sendung am Sa., 12.8.2023 19:30 Uhr, SWR Aktuell

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