Der Blick von der Schlossterrasse in Meersburg.

Baden-Württemberg Seewärme-Projekt in Meersburg wird teurer und später fertig

Stand: 10.01.2025 07:52 Uhr

Meersburg wollte als erste Kommune am deutschen Bodenseeufer Seewärme nutzen. Jetzt aber verzögert sich das Projekt und teurer wird es auch. Der zuständige Energieversorger sieht in Seewärme dennoch die Zukunft.

Es ist ein ambitioniertes Projekt: Die Stadt Meersburg und der Energieversorger Stadtwerk am See haben sich zusammengetan, um Teile des Stadtgebiets mit Wärme aus dem Bodensee zu heizen. Vor rund anderthalb Jahren stellten die Partner das Projekt vor, 2027 sollten die ersten Haushalte an die Seewärme angeschlossen werden. Meersburg wollte die erste Kommune am deutschen Bodenseeufer sein, die Seewärme nutzt. Doch jetzt ist das Projekt in Verzug und auch die geplanten Kosten sind gestiegen, erklärte ein Sprecher des Stadtwerks am See auf SWR-Anfrage.

War beim Start des Seewärme-Projekts im August 2023 noch von 18 bis 20 Millionen Euro Gesamtinvestitionen die Rede, sollen diese jetzt schon bei geschätzten 25 Millionen Euro liegen. Darin enthalten sind Fördergelder und Baukostenzuschüsse. 14 Millionen Euro aber haben die beiden Projektpartner als Netto-Investition beigesteuert, so der Sprecher. Sie haben eine Gesellschaft zur Umsetzung des Projekts gegründet.

Preissteigerungen und Inflation treiben Kosten

Das Stadtwerk am See erklärte, allgemeine Preissteigerungen und die Inflation hätten die geplanten Kosten in die Höhe getrieben - ein Problem, das viele Bauprojekte derzeit haben. Gleichzeitig ist das Seewärme-Projekt aber auch nicht mehr im zunächst anvisierten Zeitplan. 2027 sollten erste Gebäude anschlossen werden, jetzt geht das Stadtwerk am See von 2028 aus. Zunächst war von bis zu 150 Gebäuden in seenahen Stadtgebieten die Rede, die Seewärme nutzen könnten.

Im Dezember seien erste konkrete Planungen für den Bau technischer Anlagen vergeben worden. Bis Mai soll eine Genehmigungsplanung aufgestellt werden, im Herbst 2026 sollen dann die ersten Bagger für den Bau einer sogenannten Energiezentrale anrollen. Diese ist sozusagen das Herz des Seewärme-Projekts.

Wie wird aus Seewasser Wärme?

Und so funktioniert es: Wasser aus dem Bodensee wird dabei in ca. 20 Metern Tiefe über eine Leitung entnommen und in die Energiezentrale geleitet, so beschreibt es das Stadtwerk am See. In einem Wärmetauscher wird die Wärme dem Wasser entzogen, das anschließend – leicht abgekühlt – wieder in den See zurückgeleitet wird. In einem zweiten Wasserkreislauf wird das Wasser mit einer Wärmepumpe auf die Temperatur erwärmt, die zum Heizen benötigt wird. Die Wärmepumpe arbeitet mit Strom. Dieser kommt zum Teil aus einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Energiezentrale, so beschreibt es das Stadtwerk am See.

Seewärme-Anschluss: Interessierte können sich jetzt registrieren

Das Stadtwerk am See sieht Seewärme als Zukunftstechnologie in der Region und wirbt jetzt bei den Meersburgerinnen und Meersburgern für den Anschluss an das geplante Nahwärmenetz. Wer sich vorstellen kann, sein Eigentum mit Seewärme versorgen zu lassen, soll sich registrieren. Eine eigene Webseite informiert über das Seewärme-Projekt. So will das Stadtwerk am See auch besser abschätzen können, welche Bereiche konkret erschlossen werden. "Klar ist: Wir bauen nur dort, wo genügend Interesse vorhanden ist. Wer also diese kostengünstige und zukunftssichere Wärmeversorgung künftig nutzen will, sollte sich baldmöglich melden“, so der Seewärme-Geschäftsführer Mark Kreuscher laut einer Mitteilung.

Rund um den Bodensee gibt es geplante Projekte zum Heizen mit Seewärme, oft auch Seethermie genannt. Die Gemeinde Gottlieben im Schweizer Kanton Thurgau war die erste, die mit einem Projekt voranging. Auch Bregenz in Österreich will Seewärme nutzen. In Deutschland soll es auch in den Konstanzer Teilorten Wallhausen und Dingelsdorf bald die Möglichkeit geben, mit Seewärme zu heizen.

Sendung am Fr., 10.1.2025 9:30 Uhr, SWR4 BW Studio Friedrichshafen

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