Baden-Württemberg Seit Hamas-Angriff und Gaza-Krieg: Viele judenfeindliche Straftaten in BW
Der Hamas-Angriff und der Gaza-Krieg hat zu einer neuen Dimension von Judenhass geführt - auch in BW. Dies sei eine Gefahr für unsere Werte und Demokratie, so Innenminister Strobl.
Die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg bleibt seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Gaza-Krieg auf hohem Niveau. In den ersten drei Quartalen 2024 registrierte die Polizei 374 antisemitisch motivierte Straftaten, wie das Innenministerium berichtet. Im Vorjahreszeitraum, also noch vor dem Angriff der radikal-islamischen Hamas, waren es 184. Das sei mehr als eine Verdopplung der Taten in dem Zeitraum, so das Ministerium.
Für das Gesamtjahr 2024 betrachtet dürften die Zahlen leicht zurückgehen, der hohe Wert von 668 Straftaten im Jahr 2023 sollte laut Innenministerium bis Jahresende nicht erreicht werden. Denn im vierten Quartal 2023 ist die Zahl antisemitischer Straftaten sprunghaft angestiegen. Das Ministerium führt das auf die Ereignisse nach dem 7. Oktober zurück, den Tag des Überfalls der radikal-islamischen Terrororganisation Hamas auf Israel, der den Gaza-Krieg auslöste.
Innenminister Strobl: Antisemitische Straftaten sind "geradezu explodiert"
"Dieser Tag hat das Leben der Jüdinnen und Juden, auch hierzulande, sichtbar und spürbar verändert", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). "Die antisemitischen Straftaten sind seither geradezu explodiert und bleiben auch in diesem Jahr auf einem hohen Niveau. Der Antisemitismus zeigt sich seither wieder mit seiner hässlichen Fratze auf unseren Straßen - leider war er auch nie weg."
Auch wenn die Fallzahlen in diesem Jahr wohl wieder leicht zurückgingen, dürfe man mit den Anstrengungen nicht nachlassen, sagte Strobl. "Wir müssen diese Taten im Keim ersticken, nicht nur für die Jüdinnen und Juden in unserem Land, sondern für unsere Werte, für unsere Demokratie, unser gesellschaftliches Miteinander und unsere freiheitliche Grundordnung."
Viel Hetze, viel Sachbeschädigung
Zu antisemitischen Straftaten zählen Volksverhetzung ebenso wie die Beleidigung oder das sogenannte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, zumeist das Tragen eines Hakenkreuzes. Zu den Delikten in dem Bereich gehört auch, wenn etwa Flaggen des Staates Israels, die zum Beispiel an Rathäusern als Zeichen der Solidarität gehisst wurden, beschädigt werden.
Bei den verzeichneten Straftaten geht es vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzung, wie das Innenministerium mitteilte. Körperliche Übergriffe und unmittelbare Konfrontationen seien weiterhin selten. Hier seien nur sieben Gewalttaten in den ersten drei Quartalen registriert worden.
Straftaten aus "antijüdischer Haltung"
Als antisemitisch werden Straftaten erfasst, die aus einer antijüdischen Haltung heraus begangen werden. "Auf eine konkrete Ideologie kommt es dabei nicht an. Gleich ob rechte, linke oder religiöse Argumentationslinien - antijüdische Vorurteile finden sich in allen Phänomenbereichen der politisch motivierten Kriminalität", so das Ministerium.
Bereits nach den ersten beiden Quartalen 2024 zeichnete sich ab, dass die Zahl an antisemitischen Straftaten auch 2024 hoch sein wird. SWR Aktuell berichtete im August:
"Ausländische Ideologie" hat als Tatmotiv enorm zugenommen
Enorm gewachsen ist die Zahl der antisemitischen Straftaten, die aus einer ausländischen Ideologie heraus begangen werden - dieser Bereich spielte vergangenes Jahr noch kaum eine Rolle und dominiert jetzt die Statistik. In den ersten drei Quartalen 2024 wurden 159 Straftaten in dem Bereich registriert, 2023 lediglich 3.
Das Bundeskriminalamt sammelt unter dem Bereich alle Straftaten, bei denen Anhaltspunkte vorliegen, "dass eine aus dem Ausland stammende nichtreligiöse Ideologie entscheidend für die Tatbegehung war". Also etwa, wenn Menschen, die aus dem Nahen Osten stammen, hierzulande bei Demos gegen den Gaza-Krieg eine israelische Flagge verbrennen. Dem rechten Spektrum wurden in den ersten drei Quartalen 151 Straftaten zugeordnet, 2023 waren es in dem Bereich 135.