Blumen, Grablichter und ein Brief mit Foto der Getöteten liegen auf einem Beistelltisch - große Betroffenheit in Simonswald: Dort ist eine 38-jährige Frau mutmaßlich von ihrem Ehemann getötet worden

Baden-Württemberg Simonswald unter Schock: Frau mutmaßlich von Ehemann getötet

Stand: 03.07.2024 10:49 Uhr

Simonswald (Kreis Emmendingen) trauert um eine 38-jährige Frau. Die Polizei vermutet, dass sie von ihrem Ehemann getötet wurde und hat ihn festgenommen. Er sitzt in U-Haft.

Nach dem Fund einer toten Frau in Simonswald (Kreis Emmendingen) am Sonntag ermittelt die Kriminalpolizei. Die Spurensicherung ist am Dienstag noch vor Ort. Der 34-jährige Ehemann des 38-jährigen Opfers ist in Untersuchungshaft. Er sei einem Richter vorgeführt und der Haftbefehl in Vollzug gesetzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Nach bisherigem Kenntnisstand geht die Polizei von einer Gewalttat im familiären Umfeld aus. Tötungsdelikte, bei denen Gewalt gegen Frauen eskaliert, werden auch als Femizide bezeichnet.

Anwohner in Simonswald schockiert

Der mutmaßliche Tatort liegt in einem ruhigen Wohnviertel. Simonswald hat etwas mehr als 3.000 Einwohner und liegt circa 25 Kilometer nordöstlich von Freiburg am Rande des Schwarzwalds. Am Sonntagvormittag gegen 11:30 Uhr war die Polizei dorthin zu einem Rettungseinsatz gerufen worden. Rettungskräfte hatten den leblosen Körper der 38-jährigen Frau in der gemeinsamen Wohnung des Paares entdeckt. Der 34 Jahre alte Ehemann wurde noch vor Ort festgenommen.

In der Nachbarschaft sind die Menschen schockiert, dass in ihrer Nähe offenbar eine Gewalttat passiert ist. Der 70-jährige Hans-Peter Stratz kannte die Getötete aus der Nachbarschaft. Er habe sie zusammen mit ihrem Mann eigentlich als harmonisches Paar erlebt, sagt er. Dass Sonntag plötzlich fünf, sechs Polizeiwagen vorfuhren, kam für ihn völlig unerwartet.

Hintergründe des Falls noch unklar

Wie die Frau zu Tode kam und warum, ist noch unklar. Auch aus ermittlungstaktischen Gründen nennt die Polizei zunächst keine weiteren Einzelheiten. Sie bestätigt aber, dass das Paar kinderlos war. Ansonsten erklärt ein Polizeisprecher am Dienstag, die Ermittlungen stünden noch ganz am Anfang.

Warum sprechen wir von Femizid?

Als Femizid bezeichnet man die Tötung einer Frau oder eines Mädchens aufgrund ihres Geschlechts. Wird in Deutschland jemand von seinem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet, ist in über 90 Prozent der Fälle das Opfer weiblich. 2021 wurde rechnerisch alle drei Tage eine Frau von ihrem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts hervor. Ein versuchtes Tötungsdelikt gegen eine Frau durch (Ex-)Partner oder Ehemann gab es rechnerisch sogar fast jeden Tag. In Notfällen könne sich betroffene Frauen auch an das Hilfetelefon unter der Nummer 0800 0116 016 wenden. Woher stammt der Begriff? Der Begriff Femizid wird inzwischen von vielen Frauenorganisationen und Aktivistinnen und Aktivisten, aber auch in der Wissenschaft verwendet. Auch Journalistinnen und Journalisten sprechen verstärkt von Femizid, um beschönigende und irreführende Begriffe wie "Familiendrama", "Ehrenmord" oder "häusliche Gewalt" zu vermeiden und auf das Ausmaß der Gewalt aufmerksam zu machen. Der Begriff geht auf die Soziologin und Feministin Diane E. H. Russell zurück. Er soll verdeutlichen, dass es sich dabei um Hassverbrechen handelt. Diese geschehen laut Russell entweder aus Frauenhass, oder weil Frauen aus traditionellen Rollenvorstellungen ausbrechen. 2011 hat der Europarat die Istanbul-Konvention beschlossen, die seit 2018 auch in Deutschland verbindlich ist. Darin wird geschlechtsspezifische Gewalt als "strukturelles Problem" anerkannt. Die 46 Mitgliedsstaaten des Europarats verpflichten sich durch die Konvention, unter anderem "Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen". (Europarat und Rat der EU sind leicht zu verwechseln, aber nicht dasselbe - hier wird der Unterschied erklärt.)

Sendung am Di., 2.7.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4

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