Baden-Württemberg Spatenstich in Grünsfeld für Stromautobahn SuedLink

Stand: 27.09.2024 20:29 Uhr

Die Stromtrasse SuedLink soll Windstrom aus Nord- nach Süddeutschland bringen. Erste Bauarbeiten für die Stromautobahn haben nach jahrelangen Verzögerungen bereits begonnen.

Es soll die Energiewende voranbringen und ist aktuell das größte Infrastrukturprojekt in Deutschland. In Grünsfeld (Main-Tauber-Kreis) ist am Freitag der Spatenstich für einen weiteren Abschnitt der Stromtrasse SuedLink, die "grünen" Windstrom vom Norden in den Süden bringt. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird vor Ort erwartet. Letztlich sollen bei dem Abschnitt auf gut 80 Kilometern von Großrinderfeld (Main-Tauber-Kreis) bis nach Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn) Erdkabel vergraben werden.

Bereits hier zeigt sich im Kleinen, warum es etwa doppelt so teuer wird, die Kabel unter der Erde und nicht über oberirdische Stromtrassen zu verlegen. Suedlink muss mehrere Flüsse, darunter die Tauber queren. Das Gleiche nur in deutlich größerem Maßstab, steht ganz im Norden für die Elbquerung an. Über 10 Milliarden Euro wird die Stromautobahn kosten. Sie führt durch sechs Bundesländer: von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Hessen und Thüringen bis nach Bayern und Baden-Württemberg. Eine der Leitungen endet in Leingarten (Kreis Heilbronn), die andere Verbindung führt ins bayrische Bergrheinfeld.

So soll die Stromautobahn SuedLink gebaut werden

Kritik an Planungszeiten

Auch in Leingarten wird bereits an dem derzeit größten Infrastrukturprojekt der Energiewende gebaut. Dort entsteht für einen dreistelligen Millionenbetrag ein Konverter, der den Gleichstrom der Leitung in Wechselstrom umwandeln soll. Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte die Bauarbeiten dort vor gut einem Jahr eröffnet und dabei kürzere Planungszeiten versprochen.

Was macht ein Stromkonverter?

Ein Konverter ist ein großes Gefäß, in dem Gleichstrom zu Wechselstrom umgewandelt wird - oder auch umgekehrt! Unsere elektrischen (Haushalts-)Geräte brauchen Gleichstrom. In unseren Stromnetzen ist aber Wechselstrom! Nun gibt es aber eine Besonderheit: Wenn Strom unterwegs ist - über sehr lange Leitungen - dann ist es besser, wenn er Gleichstrom ist. Sonst würde unterwegs zu viel Energie verloren gehen. Der Strom in der SuedLink-Trasse kommt aus dem Norden über eine Distanz von 700 Kilometern per unterirdischer Leitung in den Süden als Gleichstrom und wird dann in Leingarten zu Wechselstrom. Ein Laptop-Netzteil wandelt dann - wie ein Konverter - den Energiefluss wieder in Gleichstrom um. Es passiert also Folgendes: Aus Gleichstrom wird Wechselstrom und dann wieder Gleichstrom.

SuedLink ist eines der Projekte, die die Energiewende ermöglichen sollen. Bis zum Atomausstieg Ende 2022 sollte alles fertig sein, damit die Kernenergie zum Teil mit Windstrom aus dem Norden ersetzt werden kann und keine neuen fossilen Kraftwerke gebaut werden müssen. Nach massiven Protesten gegen oberirdische Hochspannungsleitungen, vor allem in Bayern, wurden die Planungen 2015 umgeworfen und auf die deutlich aufwendigere Verlegung unter der Erde gesetzt. Bis die Bauarbeiten für den ersten SuedLink Abschnitt starten durften, hat es allerdings knapp acht Jahre gedauert. Ohne Atomstrom und ohne SuedLink importiert Deutschland viel Strom, trotzdem ist der Strommix sauberer geworden. Die neue Trasse soll "grünen" Strom aus dem windreichen Norden nach Süddeutschland transportieren und zehn Millionen Haushalte mit Ökostrom versorgen.

Herausforderungen auf der 700 Kilomter langen SuedLink-Stromtrasse

Von den 700 Kilometern sind momentan auf der Strecke von TransnetBW gerade mal rund 100 Kilometer genehmigt. Die Netzbetreiberin aus Baden-Württemberg baut SuedLink bis nach Hildesheim in Niedersachsen - für die restliche Strecke ist bis an die Nordsee ein anderer Netzbetreiber zuständig. In gut vier Jahren soll die Stromtrasse in Betrieb genommen werden. Manche bezweifeln, ob dieser Terminplan realistisch eingehalten werden kann. Technisch gibt es auf der unterirdischen Kabelstrecke zwei anspruchsvolle Punkte. Das ist einmal die Elbunterquerung bei Glückstadt (Kreis Steinburg). Dort wird der Tunnel unter der Elbe einen Durchmesser von vier Metern haben. Im Südwesten ist die Strecke von Heilbronn nach Leingarten (Kreis Heilbronn) herausfordernd. Dieser Teil des Leitungskabels führt über 16 Kilometer durch den Stollen eines Bergwerks, in dem seit über 100 Jahren Steinsalz abgebaut wird - aufwendige bergbaurechtliche Genehmigungen waren dafür nötig. Die Betreiber von SuedLink gehen momentan davon aus, dass es 2028 losgeht.

Teure Maßnahmen wegen Verzögerungen

Rund drei Milliarden Euro mussten die Netzbetreiber und damit letzten Endes die Deutschen Stromkunden im letzten Jahr für sogenannte Redispatches ausgeben. Die werden immer dann nötig, wenn im Norden zu viel Windstrom produziert wird, der nicht in den Süden transportiert werden kann. Dann werden dort Windkraftanlagen abgeschaltet, müssen aber trotzdem bezahlt werden. Weht dagegen in Nord- und Ostsee bei hohem Verbrauch zu wenig Wind, müssen im Süden Kraftwerke zugeschaltet werden. SuedLink soll mit seiner 4-Gigawatt-Leitung helfen, solche Redispatches zu verhindern. In welcher Höhe die eingesparten Kosten am Ende an die Verbraucher weiter gegeben werden könnten, ist nach Auskunft von TransnetBW derzeit aber noch nicht abzusehen.

Hochspannung im Salzbergwerk

Im ersten genehmigten Bauabschnitt zwischen Bad Friedrichshall und Leingarten sollen die Hochspannungskabel in einer Tiefe von rund 200 Metern in den Stollen der Südwestdeutschen Salzwerke verlegt werden. Vor kurzem folgte der Planfeststellungsbeschluss für die restliche Strecke bis nach Bayern. Damit sind rund 100 Kilometer und damit der gesamte Verlauf in Baden-Württemberg genehmigt. Allerdings hat die Stromautobahn eine Gesamtlänge von etwa 700 Kilometern. Für den weiteren Streckenverlauf stehen die Baugenehmigungen noch aus. In Niedersachsen übernimmt ein weiterer Netzbetreiber bis zur Nordsee. TransnetBW geht davon aus, dass SuedLink bis Ende 2028 fertig gestellt wird.

Sendung am Fr., 27.9.2024 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW