Am Landgericht Tübingen beginnt der Prozess gegen einen Mann aus Calw, der seine Ehefrau ermordet haben soll.

Baden-Württemberg Tote auf der Rückbank: Ehemann schweigt im Mordprozess am Landgericht Tübingen

Stand: 09.12.2024 13:19 Uhr

Am Landgericht Tübingen hat der Prozess gegen einen 37-Jährigen begonnen. Er soll seine Ehefrau erstochen haben. Die Polizei fand die Tote auf der Rückbank seines Autos.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen wirft dem Mann aus Calw vor, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau mit einem Messer getötet zu haben. Der Prozess am Landgericht Tübingen soll klären, ob der Mann seine Ehefrau tatsächlich heimtückisch und aus niederen Beweggründen getötet hat. Entdeckt wurde die Leiche der 30 Jahre alten Frau auf der Rückbank im Auto des Angeklagten nach einem Unfall auf der A81.

Staatsanwaltschaft Tübingen: Mord aus Heimtücke

Am Montagvormittag, dem ersten Prozesstag, hat der Angeklagte im Tübinger Gerichtssaal geschwiegen. Er wollte weder zur Tat noch zur Person Angaben machen. Er nannte lediglich sein Geburtsdatum und -ort.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen wirft dem 37-Jährigen Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vor. Sie geht davon aus, dass die getötete Frau sich im Frühsommer von ihrem Ehemann trennen wollte. Das habe der damals 36-Jährige nicht akzeptieren wollen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Mann seine Ehefrau deshalb Mitte Juni auf einen Parkplatz in Bad Liebenzell (Kreis Calw) gelockt habe. Dort soll er sie mit einem Messer angegriffen und tödlich verletzt haben. Das Paar hatte zwei gemeinsame Kinder.

Ehemann fährt im Kreis Rottweil gegen Leitplanke

Danach habe der Angeklagte die Leiche in sein Auto gelegt und sei auf die Autobahn A81 gefahren. In der Nähe von Epfendorf (Kreis Rottweil) ist der Beschuldigte dann mit hoher Geschwindigkeit in die Mittelleitplanke gefahren. Laut Staatsanwaltschaft wollte sich der Mann offenbar umbringen. Der Mann war nach dem Unfall mit lebensbedrohlichen Verletzungen in eine Klinik gebracht worden. Er hat überlebt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Für den Prozess am Landgericht Tübingen sind sechs Verhandlungstage angesetzt. Möglicherweise wird Ende Dezember ein Urteil fallen.

Was ist ein Femizid?
Als Femizid bezeichnet man die Tötung einer Frau oder eines Mädchens aufgrund ihres Geschlechts. Wird in Deutschland jemand von seinem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet, ist in über 90 Prozent der Fälle das Opfer weiblich. 2021 wurde rechnerisch alle drei Tage eine Frau von ihrem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts hervor. Ein versuchtes Tötungsdelikt gegen eine Frau durch (Ex-)Partner oder Ehemann gab es rechnerisch sogar fast jeden Tag. In Notfällen können sich betroffene Frauen auch an das Hilfetelefon unter der Nummer 0800 0116 016 wenden. Woher stammt der Begriff? Der Begriff Femizid wird inzwischen von vielen Frauenorganisationen und Aktivistinnen und Aktivisten, aber auch in der Wissenschaft verwendet. Auch Journalistinnen und Journalisten sprechen verstärkt von Femizid, um beschönigende und irreführende Begriffe wie "Familiendrama", "Ehrenmord" oder "häusliche Gewalt" zu vermeiden und auf das Ausmaß der Gewalt aufmerksam zu machen. Der Begriff geht auf die Soziologin und Feministin Diane E. H. Russell zurück. Er soll verdeutlichen, dass es sich dabei um Hassverbrechen handelt. Diese geschehen laut Russell entweder aus Frauenhass, oder weil Frauen aus traditionellen Rollenvorstellungen ausbrechen. 2011 hat der Europarat die Istanbul-Konvention beschlossen, die seit 2018 auch in Deutschland verbindlich ist.

Sendung am Mo., 9.12.2024 14:30 Uhr, SWR4 BW Studio Tübingen - Regionalnachrichten

Tote Frau bei Unfall auf A81 entdeckt