
Baden-Württemberg Tübinger Studie: Gehirn spielt wichtige Rolle bei Entstehung von Übergewicht
Mehrere Tage Schokoriegel und Chips essen? Laut einer Studie der Uniklinik Tübingen kann das schon der Ausgangspunkt für Adipositas sein. Das Gehirn spiele dabei eine wichtige Rolle.
Übergewicht fängt im Gehirn an - wenn es nach einer Studie der Uniklinik Tübingen geht, bei der 29 Männer teilgenommen haben. Demnach spielt das Gehirn eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Wer schon wenige Tage hintereinander viele Süßigkeiten und Chips isst, könne die Prozesse im Gehirn verändern.
Insulinempfindlichkeit im Gehirn nimmt ab
Denn nach einer bestimmten Zeit reagiere das Gehirn nicht mehr so empfindlich auf Insulin. Bei den Versuchspersonen der Studie war das auch noch eine Woche so, nachdem sie wieder normal gegessen hatten.
Bei gesunden Menschen zügelt das Insulin den Appetit. Ist die Insulinempfindlichkeit aber geschwächt, haben Betroffene eher "Foodcravings", sagt Studienleiterin Stephanie Kullmann dem SWR. Betroffene haben also Lust zu essen, obwohl sie zum Beispiel schon etwas gegessen haben.
"Es führt auch eher dazu, dass man ungünstig Fett speichert, also zum Beispiel eher im Bauchraum und somit das Risiko höher ist, dass man später Diabetes Typ 2 entwickelt." Außerdem könne der Stoffwechsel ungesünder werden.
Das ist das Spannende zu sehen, dass man auf der Waage noch nichts sieht. Also dass bestimmte Dinge schon passieren, bevor man das tatsächlich selber wahrnehmen kann." Stephanie Kullmann, Klinik für Innere Medizin der Uni Tübingen
Was können Betroffene tun?
Die gute Nachricht: Die Insulinempfindlichkeit lässt sich laut Kullmann auch wieder teilweise regulieren. "Zum Beispiel durch acht Wochen Sport." Verliere eine Person an Gewicht und vor allem ungünstiges Bauchfett, sei das auch hilfreich für die Insulinempfindlichkeit im Gehirn, sagt Kullmann. Es ist aber von Person zu Person unterschiedlich, wie erfolgreich diese Maßnahmen sind. Ob gesundes Essen hilft, sei noch nicht eindeutig belegt.
Bisher nur Männer untersucht - warum?
Bisher wurde die Studie der Uniklinik gezielt nur an jungen Männern und im Alter von 19 bis 27 Jahren durchgeführt. Der Grund: Bei Frauen ist die Lage etwas komplizierter. Denn laut einer Studie spielt der Menstruationszyklus eine große Rolle, wie das Gehirn auf Insulin reagiert. Damit die Ergebnisse richtig auswertbar sind, müsste man die Frauen ausschließlich in derselben Zyklushälfte untersuchen - oder ihnen die Pille verabreichen. Die Forschenden der Uniklinik Tübingen wollen in Zukunft aber auch Frauen in ihre Studie mit einbeziehen.
Außerdem arbeiten die Forschenden an anderen Projekten: "Ein ganz wichtiger Punkt für uns ist natürlich die Prävention. Also wie kann man es verhindern, dass jemand Insulinresistent wird im Gehirn? Mit welchen Methoden kann man auch daran arbeiten, um das wieder rückgängig zu machen?", so Stephanie Kullmann. Für eine Sportstudie, und die Frage, wie sich die Abnehmspritze auswirkt, suchen die Forschenden momentan noch Probanden.
Sendung am Fr., 28.2.2025 6:00 Uhr, SWR4 BW am Morgen, SWR4