Mitglieder des Tannheimer Fördervereins vor dem Freibad

Baden-Württemberg Wie ein Schwarzwald-Dorf sein Freibad offen hält

Stand: 24.07.2024 17:26 Uhr

Das ist Team-Spirit: Von der Hebamme bis zum Zimmermann, vom Teenager bis zur Rentnerin: Die Tannheimer leisten in ihrem Höhenbad jährlich tausende Stunden ehrenamtlich.

Ein sonniger Tag im Freibad von Tannheim (Schwarzwald-Baar-Kreis) beginnt. Doch statt zur Badehose greift Rolf Keller zur Schaufel. Der pensionierte Maurer baut mit rund 20 Helfern jeden Alters gerade ein neues Baby-Planschbecken. "Alles Eigenleistung", sagt er stolz, während er den frisch betonierten Beckenrand glatt streicht. Das Werkzeug, vom Bagger bis zur Betonmischmaschine: Privatbesitz. So was hat man hier einfach auf dem Land.

Wie ein Schwarzwald-Dorf sein Freibad offen hält

Der eine bringt den Betonmischer, die andere Kuchen

"So, der Kuchen ist da", ruft Nadine vor dem Berge und stellt einen Beeren-Streusel-Kuchen auf die Kiosk-Theke. Im Hauptberuf ist sie Grundschul-Rektorin, aber im Sommer backt sie "jeden Tag einen Kuchen" und spendet ihn für den Kiosk. Der wird von einem über 40-köpfigen Team ehrenamtlich betrieben. Brot und Würste kommen zum Einkaufspreis von örtlichen Betrieben. Die Kiosk-Einnahmen stellen die Haupteinnahmequelle dar. Wer hier einkehrt, hilft dem Bad. So ist der Kiosk am Eingang des Freibads zu dem Treffpunkt in Tannheim geworden.

Vor 20 Jahren wurde das Bad geschlossen - danach ging ein Ruck durch Tannheim

Das Freibad Tannheim lebt vom ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Helferinnen und Helfer. Es wird erfolgreich von einem Förderverein getragen und betrieben. Denn vor 20 Jahren stand das Bad vor dem Aus: Die Stadt Villingen-Schwenningen schloss es 2004 aus Kostengründen. Da sei ein "Ruck durch Tannheim" gegangen, erinnert sich Karl-Heinz Bartsch, damals neu zugezogener Lehrer. Innerhalb von 48 Stunden war ein Förderverein gegründet. Dutzende Bürger ließen sich zur Bade-Aufsicht ausbilden.

Wenn mal was kaputt ist, rückt das Bau-Team an. Hinter den Umkleidekabinen aus dem Jahr 1957 haben sie eine kleine Werkstatt eingerichtet. "Aus Respekt vor der Generation, die das Bad damals eigenhändig ausgehoben hat", erklärt Rolf Keller.

Jedes Tannheimer Kind lernt schwimmen, dafür sorgt Beate Riesterer. Sie bildet auch die freiwilligen Bade-Aufsichten aus. "Ich finde einfach, das Bad muss leben und da dafür kämpfe ich." Im Bademeister-Team sind ein verrenteter Fernseh-Techniker, eine Physio-Therapeutin und eine Hebamme. Es gibt einen "Rasen-Beauftragten" und einen "Homepage-Gestalter".

Und bei alledem: "Wir schreiben schwarze Zahlen". Das sagt Fördervereins-Mitglied der ersten Stunde Karl-Heinz Bartsch. "Vermutlich als einziges Bad Deutschlands können wir Rücklagen bilden." Außerdem sei der Zusammenhalt in Tannheim durch das Freibad immer größer geworden, "der Team-Spirit ist gewaltig."

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