Bayern Besser Lernen mit ChatGPT: Schüler testen künstliche Intelligenz
Für die meisten Jugendlichen gehört künstliche Intelligenz zum Alltag. Um den verantwortungsvollen Umgang zu lernen, gibt es wohl keinen besseren Ort als die Schule selbst. An der Walter-Mohr-Realschule Traunreut soll KI den Unterricht besser machen.
Seit diesem Schuljahr steht für die Siebtklässler immer mittwochs und freitags künstliche Intelligenz (KI) auf dem Stundenplan. Dafür gibt es das Schulfach namens "iCan", in dem zu verschiedenen Themen projektbezogen gearbeitet wird. Hier werden keine Noten vergeben. Der Medienpädagoge und Deutschlehrer Sascha Rogowsky stellt der Klasse zum ersten Mal die Grundlagen zu KI vor.
Statt mit Tafel und Kreide arbeitet er mit einem Laptop und einem großen Standbildschirm. Seine Schülerinnen und Schüler sitzen in kleinen Gruppen zusammen, jeder vor einem Tablet. In der ersten Stunde erfahren sie, was KI genau ist, testen einen Chatbot und lernen, was ein "Prompt" ist: Die Eingabe, die eine KI anleitet, eine bestimmte Aufgabe auszuführen. Am Ende der Stunde sollen sie verstehen, wie KI funktioniert.
Mit GPT zum Märchenschreiben
Viele der Schülerinnen und Schüler nutzen bereits Chatbots wie "ChatGPT" oder andere KI-gestützte Apps zu Hause für die Hausaufgaben – etwa, wenn sie bei einer Mathe-Aufgabe nicht weiterkommen oder recherchieren. Ein Jugendlicher erzählt, dass er in der Freizeit gerne KI-Märchen und Geschichten schreibt. Nur die wenigsten wissen jedoch, wie die Technologie genau funktioniert und worauf sie datenschutzrechtlich achten müssen.
An der Walter-Mohr-Realschule Traunreut sollen die Jugendlichen sachgerecht, selbstbestimmt und sozial verantwortlich mit KI umgehen lernen. "Wir sind angehalten, die Chancen zu thematisieren, aber auch die Risiken", sagt Sascha Rogowsky.
Eine von 50 Projektschulen in Bayern
An dieser Realschule haben alle Schülerinnen und Schüler ab der 6. Klasse ein eigenes Tablet. Eine Grundvoraussetzung, die die Walter-Mohr-Realschule Traunreut zu einer Profilschule für Informatik- und Zukunftstechnologien (PIZ) macht. Sie ist eine von 50 ausgewählten Schulen in Bayern mit besonderen Schwerpunktsetzungen etwa im Bereich Künstliche Intelligenz, IT-Systeme, Robotik und anderen Zukunftstechnologien. PIZ-Schulen werden vom Bayerischen Kultusministerium als Profilschulen ausgezeichnet und gefördert.
Vorurteil: Mit KI verlernt man selbst zu denken
Das Thema Hausaufgaben und KI verleitet schnell zu Vorurteilen. Die kennt auch Sascha Rogowsky: "Viele sagen dann, die Kinder denken nicht mehr selbst nach und lassen sich ihre Hausaufgaben von der KI erledigen." So einfach sei es aber nicht. Ein Beispiel: Die langen Antworten des Chatbots sind laut Sascha Rogowsky oft nicht brauchbar. Die Jugendlichen müssen selbst umformulieren und zusammenfassen. "Dann denken sie natürlich selbst nach."
KI im Fachunterricht: Inzwischen im Lehrplan angekommen
In den höheren Jahrgangsstufen kann die KI unabhängig von der Schulform auch in den Fachunterricht integriert werden. Wie tief eine Lehrkraft im Fachunterricht in die KI einsteigt, hängt stark vom Interesse und den Kenntnissen der einzelnen Lehrkraft ab. Sascha Rogowsky bildet auch andere Lehrkräfte in der Region fort. Außerdem sind einige Realschulen und Gymnasien in der Region zu dem Thema untereinander vernetzt.
10. Klasse Deutsch: KI-Fotostory statt Inhaltsangabe
In der 10. Klasse Deutsch arbeitet Sascha Rogowsky im Moment an Kurzgeschichten. KI ist für die Abschlussklasse schon Unterrichtsalltag geworden. Statt eine schriftliche Inhaltsangabe zu schreiben, sollen die Schülerinnen und Schüler Bilder mit KI generieren. Sie müssen eine Textpassage genau beschreiben und damit der KI mitteilen, was auf dem Bild zu sehen sein soll. Dabei lernen sie auf mehreren Ebenen: "Das ist gleichzeitig auch Sprachförderung", sagt Rogowsky.
Lernplattform mit KI-Tools auch für Lehrkräfte
Nicht nur die Schülerinnen und Schüler sollen von den Zukunftstechnologien profitieren. Eine eigens für Schulen entwickelte Lernplattform unterstützt Lehrkräfte mit digitalen Tools, KI, Fortbildungen und Unterrichtsmaterialien. Außerdem geben das Kultusministerium und die Kultusministerkonferenz Orientierungsrahmen und Handlungsempfehlungen für Lehrkräfte heraus. Daran orientiert sich auch die Walter-Mohr-Realschule Traunreut, die sich die KI als Schwerpunkt gesetzt hat.
Aber vor allem gehe es dabei um die Motivation der Schülerinnen und Schüler. "Mit KI zu arbeiten, macht den Jugendlichen sehr viel Spaß. Genau das beobachte ich im Schulalltag", sagt Sascha Rogowsky.
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Quelle: Mittags in Oberbayern 27.11.2024 - 12:00 Uhr