Bayern BR24 vor Ort: Der tägliche Wahnsinn am Wertstoffhof
Geklaute Kennzeichen, ein Schweinskopf im Grüngut, Fehlwürfe bei der Müll-, Glas- und Schrottentsorgung: Auf dem Wertstoffhof in Hirschau in der Oberpfalz müssen die Mitarbeiter genau hinschauen – und mit Überraschungen rechnen.
Direkt beim Aufsperren um 10 Uhr herrscht großer Andrang auf dem Wertstoffhof in Hirschau im Landkreis Amberg-Sulzbach. Kaum öffnen sich die Tore, rollen die ersten Autos heran, beladen mit allem was Keller, Dachboden und Garten so hergeben.
Das BR24 Vor Ort-Team tauchte einen Tag lang in die Welt der Mülltrennung ein – ein Thema, bei dem viele Nachhilfe brauchen.
Viele Regeln – es ist Geduld gefragt
In Deutschland gibt es etwa 3.300 Wertstoff- und Recyclinghöfe, mit teilweise stark abweichenden Bestimmungen. Die meisten Wertstoffhöfe stehen dabei in Bayern – rund 1.500 sind es.
Einer davon: in Hirschau. Seit rund 20 Jahren arbeitet Regina hier als Aufsicht. Ihre heutige Schicht verbringt sie zusammen mit ihrem Kollegen Manuel und ihrer Kollegin Erna. Gemeinsam achten sie mit Adleraugen darauf, dass alles ordnungsgemäß getrennt wird. Hier ist Geduld gefragt, sagt Regina. Aber: "Es wird viel verlangt."
Sie könne verstehen, dass manche Leute von der Vielzahl der Trennregeln frustriert sind. Folien, Mischkunststoffe, Kunststoffbecher – alles gehört in einen bestimmten Sack. Doch die strengen Vorgaben haben ihren Sinn: "Um wieder Rohstoffe zurückzugewinnen. Die Becher zum Beispiel kommen in die Kunststoffindustrie, da werden wieder neue Becher hergestellt."
Auf einem Wertstoffhof sammelt sich säckeweise Müll
Müll hat einen Wert
Laut dem Welt-Abfall-Index (Stand 2022) produziert jeder Deutsche mit 632 Kilogramm pro Kopf überdurchschnittlich viel Müll. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 527 Kilogramm pro Jahr. Müll kann allerdings wertvoll sein. Das bestätigt auch das Landratsamt Amberg-Sulzbach: Im Jahr 2023 nahm der Landkreis knapp zwei Millionen Euro durch die Wertstoffvermarktung ein.
Diese Erlöse kommen den Abfallgebührenzahlern zugute, indem sie beispielsweise Kostensteigerungen bei der Restmüllabfuhr ausgleichen. "Das von uns praktizierte Wertstoffhofsystem ist bürgernah und sorgt dafür, dass die Abfallgebühren seit vielen Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau sind", erklärt Robert Graf, Leiter des Amts für Abfallwirtschaft.
Diebstähle auf Wertstoffhof
Der wertvolle Müll zieht allerdings auch Kriminelle an. Immer wieder verzeichnen die Polizeidienststellen Diebstähle von Wertstoffen. Oft haben es die Täter auf Altmetall abgesehen. "Deswegen schmeiße ich immer Messing und alles, was wertvoll ist, nach hinten", erzählt Wertstoffhof-Mitarbeiter Manuel. Tatsächlich gab es schon einen Vorfall, bei dem jemand gleich einen ganzen Stapel an Kennzeichen klauen wollte. Ein Platzverweis war die Folge. Denn: Was einmal auf dem Wertstoffhof angeliefert ist, gehört laut den Mitarbeitern rechtlich auch dem Betrieb.
Konflikte gehören zum Alltag
Es kann aber auch zu kritischen Situationen am Wertstoffhof kommen. "Wir werden oft beleidigt", erzählt Manuel. Solche Vorfälle würden schlimmer. Auch am heutigen Tag kam es bereits zu hitzigen Diskussionen zwischen ihm und einem Anlieferer. Regina versucht auch hier den Frieden zu bewahren: "Ich versuche, das alles ruhig zu lösen. Aber es gibt da Kollegen, die fahren gleich die schweren Geschütze auf und drohen mit Platzverweisen oder der Polizei."
Kurz vor 18 Uhr geht der Tag am Wertstoffhof dem Ende zu. Auch heute mussten die Mitarbeiter ein dickes Fell beweisen. Immer wieder passiert auch Kurioses: Einmal wollte jemand einen Spanferkelkopf im Grüncontainer entsorgen. "Das geht gar nicht", sagt Regina kopfschüttelnd. Nach einem Tag am Recyclinghof sollte klar sein: Der Schweinskopf gehört in den Restmüll.
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Quelle: BR24 vor Ort 07.11.2024 - 12:00 Uhr