Bayern "Ich bin auch nicht dumm": Streit um Geflüchtete eskaliert
Im Streit um die Registrierung von ukrainischen Geflüchteten hat das Landratsamt Passau mittlerweile Bad Griesbachs Bürgermeister angewiesen, sich um die Anmeldung der Menschen zu kümmern. Doch der weigert sich beharrlich. Wie es jetzt weiter geht.
Der Streit um die Registrierung von ukrainischen Geflüchteten in Bad Griesbach im Landkreis Passau hält an. Mittlerweile hat das Landratsamt Bürgermeister Jürgen Fundke (Überparteiliche Wählergemeinschaft/ÜW) amtlich angewiesen, sich bis Mittwoch um die Anmeldung der Menschen zu kümmern. Doch Fundke ignoriert das.
Bürgermeister bleibt hart: "Was wollen sie denn machen?"
Der Geschäftsleiter der Stadt Griesbach brachte dem Bürgermeister die schriftliche Anweisung vom Landratsamt ins Büro. Darin steht: Fundke müsse dafür sorgen, dass sich die rund 35 ukrainischen Geflüchteten, die Anfang Oktober nach Bad Griesbach gekommen sind, im Rathaus anmelden können. Bisher hatte Fundke die Registrierung verhindert.
Doch der Bürgermeister legt das Blatt Papier ungelesen weg. "Das lese ich auf Weihnachten", sagt er. Fundke will der Anweisung des Landratsamts nicht nachkommen. "Was wollen sie denn machen? Wollen sie mich suspendieren? Können und dürfen sie nicht. Hab mit einem Rechtsanwalt gesprochen", so der Bürgermeister. Auch eine drohende Dienstaufsichtsbeschwerde würde ihn nicht umstimmen, sagte er im Gespräch mit dem BR.
"Ich bin auch nicht dumm. Was wollen sie denn? Dienstaufsichtsbeschwerde? Ja, gerne. Können Sie mir auf den Tisch legen. Die les' ich gar nicht." Jürgen Fundke, Bürgermeister Bad Griesbach
Landratsamt spricht von Rechtswidrigkeit
Bürgermeister Fundke verbietet seinen Verwaltungsmitarbeitern weiterhin, 35 Ukrainer zu registrieren. Denn seiner Meinung nach leben in Bad Griesbach schon genügend Geflüchtete. Die Termine beim Einwohnermeldeamt für 35 Ukrainer wurden am Montag storniert.
Das Landratsamt hält die Blockade fürs rechtswidrig. Passaus Landrat Raimund Kneidinger (CSU) sagt dazu: "Ich find es bedauerlich, dass das auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen wird."
Bürgermeister will gerechte Verteilung
Neben rund 90 Ukrainern, die schon länger im Ort leben, haben seit September weitere knapp 140 Geflüchtete ein leerstehendes Hotel am Ortsrand bezogen. Fundke fordert, dass die Menschen gerechter im Landkreis verteilt werden müssten. Wenn es in anderen Gemeinden keinen Leerstand gebe, sollten dort Wohncontainer aufgestellt werden, findet er.
Der Bevölkerungsanteil der Ukrainer in der rund 9.500-Einwohner-Stadt liegt bei 2,66 Prozent, informiert das Landratsamt auf BR-Nachfrage. Damit ist der Anteil in Bad Griesbach höher als im gesamten Landkreis Passau, wo Ukrainer 1,27 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Bad Griesbach ist aber nicht die Stadt, die im Landkreis die meisten Geflüchteten aufgenommen hat. Deutlich mehr leben in Kirchham (12,9 Prozent) und Bad Füssing (4,73 Prozent).
Die Bürgermeister Anton Freudenstein aus Kirchham (CSU/Gemeindewohl) und Tobias Kurz aus Bad Füssing (Wählergemeinschaft Bürgerliche Einigkeit Würding) verstehen, dass ihr Kollege aus Bad Griesbach auf die Verteilung aufmerksam macht. Kurz würde sich wünschen, dass sich die Kommunen, die keine Geflüchteten beherbergen, an den Kosten der Gemeinden beteiligen, die mehr Menschen aufnehmen.
Ukrainerinnen sind verunsichert
Die ukrainischen Frauen und Kinder, die sich bisher nicht in Bad Griesbach anmelden konnten, sind von ihrer Hausverwalterin über den Streit informiert worden. Sie wirken verunsichert. Denn ohne Wohnsitz dürfen die Kinder und Jugendlichen nicht in die Schule gehen.
Bürgermeister Fundke betont, dass er viel für Geflüchtete getan habe. Aber dass die "Belastung" nun zu groß sei. Kindergärten und Schulen würden "auseinanderplatzen".
Schulen überlastet? Das sagt das Schulamt
Das Schulamt Passau betont, dass es an Grund-, Mittel und Realschule eigene Deutschklassen gebe. Schriftlich teilt Schulamtsdirektor Klaus Sterner mit: "Aufgrund der noch freien Kapazitäten in den bestehenden vier Deutschklassen in Bad Griesbach sind die momentan zu erwartenden Schülerzuwächse aus Sicht des Staatlichen Schulamtes noch zu bewältigen." Natürlich seien die Räume begrenzt, allerdings gebe es weitere Deutschklassen aller Altersgruppen im nahe gelegenen Pocking.
Ende des Streits in Sicht
Das Landratsamt Passau wendet sich nun mit einer amtlichen Anordnung an den zweiten Bürgermeister der Stadt Bad Griesbach. Damit ist Georg Greil (SPD/FWG) dafür verantwortlich, dass die Ukrainer angemeldet werden. Im Gespräch mit dem BR kündigte er bereits an, die Anweisung befolgen zu wollen.
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Quelle: Regionalnachrichten aus Niederbayern 16.10.2024 - 08:30 Uhr