Bayern "Klub der Gewinner" zeigt Gesicht gegen Mobbing
Mobbing kann jeden treffen. Jeder oder jede Fünfte macht im jugendlichen Alter Erfahrungen damit. Trotzdem ist Mobbing ein Tabu-Thema. Der "Klub der Gewinner" aus Roth will das ändern – und startet eine Plakatkampagne.
Eine Gruppe junger Menschen trifft sich in den Rother Ratsstuben im Schloss Ratibor. Stühle werden gerückt, ein Computer an den Beamer angeschlossen und Plakate aufgehängt. Der "Klub der Gewinner" stellt seine Plakatkampagne vor. Darauf zu sehen sind Portraits der Mitglieder des Klubs. Daneben markante Zitate zum Thema Mobbing und ein QR-Code. Über diesen können die Geschichten der Betroffenen nachgelesen werden. Die sind anonymisiert, so dass niemand weiß, zu wem welche Geschichte gehört. "Damit die Leute das nicht noch einmal durchleben müssen", erklärt Paul Krauß, der Initiator des Projekts "Klub der Gewinner".
Raus aus der Tabu-Zone
Der Klub will das Thema Mobbing aus der Tabu-Zone holen. Rund 20 Prozent der 15-jährigen Jugendlichen haben bei der diesjährigen PISA-Studie angegeben, mehrfach im Monat von Mobbing betroffen zu sein. Trotzdem spricht kaum jemand öffentlich darüber. Lehrerinnen und Lehrer, Trainerinnen und Trainer, Eltern und auch Mitschülerinnen und Mitschüler müssten für das Thema sensibilisiert werden, so Paul Krauß. "Weil wir nur zusammen gegen Mobbing vorgehen können", sagt er.
"Mobbing ist total zufällig"
Betroffene würden oft die Schuld bei sich suchen. Aber: "Mobbing ist total zufällig. Jemand pickt sich ein Opfer raus und findet dafür einen Vorwand, weil die Person jetzt eben ausgeschlossen werden soll. Die Person selber hat aber keine Verantwortung", stellt Paul Krauß klar. "Das muss man den Leuten immer wieder sagen, um sie zu bestärken, ihre Geschichte zu teilen und sich Hilfe zu suchen", ist Krauß überzeugt. Denn oft brauche es sehr lange, bis sich Betroffene jemandem anvertrauen.
Mobbing hinterlässt Spuren
Charlotte Beran ist irgendwann unter dem Druck zusammengebrochen, erzählt die heute 18-Jährige. Das Mobbing habe in der fünften Klasse angefangen. Einen richtigen Auslöser dafür gab es nicht. "Ich glaube, das ist auch genau das Perfide an Mobbing. Man findet keinen Grund. Auch wenn man noch so lange überlegt, woran es liegen könnte", sagt sie. Auch Lea Koslowski musste Erfahrung mit Mobbing machen. Bereits im Kindergarten.
Der Schmerz und das Trauma, die diese Zeit bei den beiden Frauen hinterlassen hat, sitzen tief. Mithilfe einer Therapie sind die beiden darüber hinweggekommen. Nun wollen sie mit ihrem Engagement im "Klub der Gewinner" anderen Betroffenen helfen. "Es tut gut, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten und etwas zu schaffen, das man sich selbsrt als Betroffene gewünscht hätte, was es damals in der Form nicht gab", sagt Charlotte.
"Klub der Gewinner" mehrfach ausgezeichnet
Ihr Engagement zahlt sich aus. Ein Kurzfilm, den sie zum Thema Mobbing gedreht haben, ist mehrfach ausgezeichnet worden. Und auch der Klub selbst hat schon mehrere Preise gewonnen. Zuletzt hat der Initiator des Projekts, Paul Krauß, den "Klub der Gewinner" im Bundesfamilienministerium vorgestellt. "Die Jugendlichen, die dann über den roten Teppich gehen durften, den goldenen Preis entgegennehmen, die haben dadurch natürlich auch so einer Art Empowerment, so eine Bestärkung, bekommen", erzählt Paul Krauß.
Lehrkräfte müssen geschult werden
Die Betroffenen müssten vor allem ernst genommen werden, sagt Marica Münch von der Akademie Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg, die sich seit vielen Jahren mit Mobbing beschäftigt. Viele würden erzählen, sie hätten sich gewünscht, dass zum Beispiel Lehrkräfte eingegriffen hätten. Allerdings kommt das Thema Mobbing in der Ausbildung der Lehrkräfte bisher kaum oder gar nicht vor, sagt Marica Münch. Deswegen sei es wichtig, die Pädagoginnen und Pädagogen zu schulen. "Die Folgen von Mobbing sind ja bekannt. Wir hören ja immer wieder auch von Suizid-Versuchen und Suizid-Fällen aufgrund von Mobbing. Wir müssen dieses Problem ernst nehmen", appelliert Münch. Der "Klub der Gewinner" tut genau das.
Im Video: Tipps gegen Mobbing
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Quelle: Mittags in Franken 10.12.2024 - 12:05 Uhr