Bayern Weihnachten in Patchworkfamilien: Alle an einen Tisch bringen?
An Weihnachten ist es gerade in Groß- und Patchworkfamilien häufig schwierig, allen Familienzweigen gerecht zu werden. Getrennte Eltern müssen klären, bei wem die Kinder an Heiligabend sind. Eine Familienberaterin rät, einige Dinge zu beachten.
Weihnachten, das Fest der Liebe – und dann frisch getrennt. In der Situation war Laura Kaiser aus Oberbayern vor zehn Jahren. Der gemeinsame Sohn mit ihrem Ex-Partner war damals acht Jahre alt. Seinetwegen waren sich die getrennten Eltern an Heiligabend einig: "Wir wollen unseren Streit oder unsere neue Lebenssituation nicht zu Lasten von unserem Sohn ausleben."
Heiligabend nach Trennung: Wer gehört dazu – und wer nicht?
Laura Kaiser und ihrem Ex-Partner sei das meistens auch gelungen, sagen sie – gerade zu Weihnachten, "weil wir immer ganz klar gesagt haben: Weihnachten ist in erster Linie ein Fest für die Kinder und nicht für die Eltern." Insofern konnten die getrennten Eltern am 24. Dezember sogar zusammen an einem Tisch Heiligabend feiern.
Ein schöner Ausnahmefall, sagt Camilla Engelsmann von "pro Familia" in München. Die Psychologin berät unter anderem Eltern nach einer Trennung. "Dass gemeinsam Weihnachten gefeiert wird, geht meistens am Anfang, wenn Eltern relativ frisch getrennt sind, noch gar nicht." Laut der Eheberaterin ist dann die größte Herausforderung, zu klären: Wer sitzt unterm Weihnachtsbaum? Wer gehört dazu, wer nicht? Und wie machen wir's mit den Kindern? "Dann ist es besser, man feiert getrennt, weil die Spannungen sonst viel zu hoch wären", empfiehlt Engelsmann.
Familienberaterin: "Kinder nicht in Loyalitätskonflikt bringen"
Es bleibt aber die Frage, wer wann die Kinder sieht. Ihnen die Wahl zu lassen, ob sie an Heiligabend zu Papa oder Mama gehen, könne zwar gut gemeint sein – sei aber falsch, sagt die Psychologin: "Kinder möchten es ja immer beiden Eltern recht machen und wären völlig überfordert, wenn sie entscheiden müssten, zu welchem Elternteil sie an Heiligabend gehen." Um Kinder nicht in einen Loyalitätskonflikt zu bringen, sei es daher besser, dass die Eltern entscheiden, wer wann die Kinder bei sich hat.
"Klar, dass dann um den 24. geschachert wird", sagt Camilla Engelsmann. Heiligabend sei schließlich so etwas wie der "Prime-Tag" an Weihnachten. Da sei es ratsam, dass sich Eltern von Jahr zu Jahr abwechseln: "Mal sind die Kinder am 24. bei Mama, im nächsten Jahr dann bei Papa", sagt Engelsmann. Allerdings sollten Eltern darauf achten, "dass die Kinder nicht am nächsten Morgen gleich um neun Uhr vom anderen Elternteil abgeholt werden und dann geht's gleich weiter." Vielmehr sollte das Kind die Chance haben, Weihnachten bei jedem Elternteil ausgelassen genießen zu dürfen – ohne Zeitdruck.
Die Feiertage nach Heiligabend schaffen Spielraum
Da sei gerade Weihnachten auch eine Chance, meint die Familienberaterin: Nach Heiligabend kommen schließlich noch zwei weitere Feiertage, an denen man die verschiedenen Familienangehörige treffen kann. Zeit genug also, allen gerecht zu werden – und das gilt nicht nur in Patchworkfamilien wie der von Laura Kaiser aus Oberbayern, sondern auch für Großfamilien mit vielen Familienangehörigen. "Es müssen nicht immer alle an einen Tisch", sagt Engelsmann und empfiehlt allen, sich von überhöhtem Erwartungsdruck zu befreien.
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Quelle: BR24 06.12.2024 - 15:47 Uhr