Bilderstrecke 100 Jahre Berliner S-Bahn in Bildern
Stand: 01.08.2024 06:11 UhrDie offizielle Geburtsstunde der S-Bahn beginnt am 8. August 1924 mit sechs Versuchstriebwagen der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG). Die Wagen sollten anstelle der Dampfzüge (hier ein Zug der Berliner Stadtbahn aus dem Jahr 1919) verkehren. Die Triebwagen rollten über die elektrifizierte Eisenbahnstrecke des Stettiner Vorortbahnhofs (heute Nordbahnhof) nach Bernau.
Die "Stadtbahn" wird ab 1928 eingesetzt. Für fast 70 Jahre prägen diese ersten Züge die Fahrten mit der Berliner S-Bahn. Sie werden in rot-beiger Farbgebung lackiert. Im Bild Arbeiter in einem Reparaturwerk der S-Bahn. Seit 1925 gilt: Bis zu acht gleichlange Wagen bilden einen Voll-Zug.
1930, also nach rund sechs Jahren, ist die Elektrisierung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen abgeschlossen. Die nicht-dampfenden S-Bahn-Züge prägen nun das Bild. Parallel fahren aber noch für Jahrzehnte Dampflokomotiven, wie hier auf dem Stadtbahn-Viadukt nahe der Friedrichstraße.
Im selben Jahr, 1930, bekommt die Stadt-Schnell-Bahn dann ihr eigenes Logo, das weiße S auf grünem Grund. Es soll auch für eine rasante Entwicklung stehen: Die Wannseebahn wird 1930 elektrifiziert, der Nord-Süd-Tunnel wird gebaut und 1936 eröffnet der Abschnitt Humboldthain bis Unter den Linden. Das S steht dabei kurz für "Stadtbahn", nachdem man den Begriff "SS-Bahn" für Stadt-Schnell-Bahn nach wenigen Monaten Gebrauch wieder abgeschafft hat. "Schnellbahn" wird verworfen, weil diese Bezeichnung bereits andere Bahnen nutzen.
Rund 262 Kilometer Streckennetz sind 1939 elektrifiziert, 1943 nutzen 737 Millionen Fahrgäste die S-Bahn. Die NS-Diktatur reklamiert solche Erfolge für sich und instrumentalisiert zu Propagandazwecken beispielsweise den Bau des unter dem Landwehrkanal verlaufenden Nord-Süd-Tunnels. Die Nazis werden ihn später selbst wieder zerstören. Im Bild zu sehen ist Propaganda an der S-Bahntrasse an der Georgenstraße nahe dem Bahnhof Friedrichstraße.
Am 25. April 1945 kommt der S-Bahn-Betrieb durch die in der Berliner Innenstadt stattfindenden Kampfhandlungen vollständig zum Erliegen. Im Bild ist der zerstörte Anhalter Bahnhof zu sehen.
Am 2. Mai 1945 sprengen die Nationalsozialisten die Stahlbeton-Decke des Nord-Süd-Tunnels. Das Wasser bricht darauf vom Anhalter Bahnhof über Potsdamer Platz bis hin zu den Bahnhöfen Unter den Linden, Oranienburger Straße und Stettiner Bahnhof (heute: Nordbahnhof) ein. Hunderte Menschen, die versucht haben, sich im Tunnel vor dem Krieg in Sicherheit zu bringen, ertrinken. Das Bild zeigt 1945 Zivilisten in einem gefluteten Bahnhof. Um welchen Bahnhof oder Tunnelabschnitt es sich handelt, ist nicht klar.
Nach Kriegsende 1945 sind rund 90 Prozent der Züge zerstört oder nicht betriebsfähig. Gleise werden abmontiert und in die Sowjetunion abtransportiert.
Die sowjetische Militäradministration überträgt im August 1945 der Deutschen Reichsbahn (DR) den Eisenbahnverkehr in ganz Berlin. Dass die Reichsbahn nun sowohl in der Sowjetischen Besatzungszone als auch in den West-Sektoren Berlins für die S-Bahn zuständig ist, wird von den Alliierten gebilligt. Schon bald befördern die rot-beigen Züge in Berlin wieder jährlich rund 420 Millionen Fahrgäste.
Nach 1948 fahren trotz der Teilung in Ost- und West-Berlin die S-Bahn-Züge weiterhin über die Sektorengrenzen. Fahrgäste sollten aber besser nicht einschlafen, wie dieses Schild im Jahr 1953 informiert.
1949 gibt es Ärger mit den 13.000 West-Berliner Reichsbahnern. Nach Entlassungen streiken sie, wie hier am Bahnhof Gesundbrunnen, vom 21. Mai bis zum 28. Juni 1949. Da Ost-Berliner Reichsbahner die Dienste übernehmen wollen, kippt die Stimmung. Französische und sowjetische Militärpolizisten stehen am Bahnhof Gesundbrunnen bereit. Die Streikenden fordern unter anderem die Auszahlung ihres Lohns in West-Mark. Mit ihren in Ost-Mark ausgezahlten Gehältern können sie die West-Mieten nicht bezahlen.
In den späten 1940er und 1950er Jahren kommen verlängerte S-Bahn-Strecken hinzu - etwa über Mahlsdorf nach Hoppegarten und über Strausberg nach Strausberg-Nord. Gleichzeitig aber müssen die Fahrgäste auch viele Defekte und Probleme hinnehmen, wie etwa hier 1955 am Bahnhof Westkreuz, wo die Rolltreppe völlig verwahrlost ist.
Der Mauerbau am 13. August 1961 ist ein Schock und reißt auch schlagartig den ÖPNV entzwei. Zahlreiche Verbindungen werden gekappt, Bahnhöfe zugemauert. Die Ringbahn beispielsweise wird an zwei Stellen unterbrochen: Die Bahnhöfe Gesundbrunnen und Schönhauser Allee sowie Sonnenallee und Treptower Park sind nun nicht mehr verbunden. Im Bild errichten Volkspolizisten im November 1961 Stacheldraht am Bahndamm am Bahnhof Gesundbrunnen.
In der Zeit der Teilung wird der – 1949 reparierte – Nord-Süd-Tunnel weiterbetrieben. Einziger Halt ist der Bahnhof Friedrichstraße. An den anderen Bahnhöfen, etwa Nordbahnhof oder Potsdamer Platz, fahren die Züge durch. Der Begriff "Geisterbahnhof" für Bahnhöfe, die nicht angefahren werden, macht die Runde. Im Bild ist der nach fast 30 Jahren immer noch geschlossene Bahnhof Potsdamer Platz im Jahr 1990 zu sehen.
Vier Tage nach Mauerbau rufen Willy Brandt und der DGB am 17. August 1961 zum S-Bahn-Boykott auf. Die Nutzung der S-Bahn ist nun politisch. Man will der DDR durch den Kauf von Fahrscheinen keine Devisen mehr zukommen lassen. Die BVG bricht aufgrund Zehntausender zusätzlicher Fahrgäste im U-Bahn- und Busbverkehr fast zusammen.
Die S-Bahn-Fahrgastzahlen in West-Berlin sinken dramatisch. Leere Züge, heruntergekommene Bahnsteige und ein maroder Fuhrpark sind die Folge. Die West-Berliner S-Bahn wird für die Deutsche Reichsbahn zum millionenschweren Verlustgeschäft.
Eine Bahn, zwei getrennte Teile der Stadt: Die Karte zeigt einen S-Bahnplan aus dem Jahre 1974. Züge fahren hier nicht mehr durch. An den Sektorengrenzen ist Schluss
Während im Westen Berlins die S-Bahn an Bedeutung verliert, bleibt die S-Bahn im Ostteil der Stadt ein wichtiges Verkehrsmittel. Auf der Fotografie warten Fahrgäste 1986 am Bahnhof Alexanderplatz auf eine S-Bahn.
Im Westen hat die Reichsbahn über die Jahre das Streckennetz verkommen lassen und stellt 1980 einen Fahrplan vor, der zum folgenreichen zweiten Streik der Reichsbahner führt. Sie besetzen am 17. September 1980 Stellwerke unter anderem am Bahnhof Zoo und fordern eine Übernahme der West-Berliner S-Bahn in westliche Hände. Der gesamte S-Bahnverkehr und der Transitverkehr stehen still.
Die Reichsbahn reagiert drastisch: Sie kündigt Hunderten Streikenden und legt im September 1980 etwa die Hälfte aller West-Berliner Strecken still. Es bleiben rund 71 Kilometer Strecke. Manche Strecken wie die Friedhofsbahn, die Stammbahn und die Siemensbahn sind bis heute nicht wieder in Betrieb - allerdings auch, weil in der Folge der Schließung parallele Verkehrswege mit Bussen oder neuen U-Bahn-Strecken etabliert werden in den West-Bezirken.
1981 wird bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus die S-Bahn Wahlkampfthema. Unter Richard von Weizsäcker, CDU, wird die Übernahme der S-Bahn durch die BVG vereinbart. Die Besatzungsmächte stimmen zu. Die Deutsche Reichsbahn gibt die Betriebsrechte für die S-Bahn-Strecken in West-Berlin am 9. Januar 1984 an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ab.
Es gehen zunächst nur zwei Linien auf 21 Kilometern in Betrieb: die Strecke Lichtenrade – Anhalter Bahnhof als Linie S2 und Charlottenburg - Friedrichstraße als Linie S3. Auf dieser Linie ist seit 1961 der Lehrter Stadtbahnhof (heute Berliner Hauptbahnhof) Endpunkt aus West-Berlin und Grenzbahnhof in Richtung Friedrichstraße.
Ab Mai 1984 kann die Strecke Wannsee – Charlottenburg (S3) wieder befahren werden, sowie die Strecke Anhalter Bahnhof – Gesundbrunnen (S2). Ab Oktober wird sie wieder bis Frohnau bedient. Und am 1. Februar 1985 wird die Wannseebahn feierlich wiedereröffnet. Hier fährt eine S-Bahn im Stadtteil Wedding von West-Berlin entlang der Gartenstraße durch Ost-Berliner Gebiet und kurz darauf wieder nach West-Berlin.
71 Kilometer Strecke sind in West-Berlin kurz vor dem Mauerfall wieder in Betrieb. Die S-Bahn erfreut sich auch dort wieder zunehmender Beliebtheit. Zu sehen ist hier die Holzklasse, die mit Holzbänken und Holzvertäfelung ausgestattete Bauart "Stadtbahn".
Die Maueröffnung vom 9. November 1989 und die Tage danach werden zum Fest. Der öffentliche Nahverkehr wird regelrecht überrannt. Lokführer melden sich freiwillig, um die Fahrgäste von Ost nach West und von West nach Ost zu fahren.
Bereits ab 2. Juli 1990 fährt die Stadtbahn wieder durchgängig von Charlottenburg bis Ostbahnhof. Und ab dem 1. September halten die Züge auch auf den unterirdischen "Geisterbahnhöfen" der Nord-Süd-Bahn, mit Ausnahme Potsdamer Platz. Bei der Ringbahn wird es bis zum 15. Juni 2002 dauern, ehe der S-Bahn-Ring mit der Inbetriebnahme der Verbindung von Wedding nach Westhafen wieder geschlossen ist.
Gemäß Einigungsvertrag ist nach der Wiedervereinigung Deutschlands am 03. Oktober 1990 der Beschluss gefasst worden, das Schienennetz der Berliner S-Bahn wie es 1961 bestand, wieder herzustellen. Am 1. Januar 1994 wird die S-Bahn Teil der neu gegründeten Deutschen Bahn AG.
Die DDR-Baureihe (BR) 485 aus den 1980er Jahren, über viele Jahre mit roter Lackierung unterwegs, wird von manchen "Coladose" genannt. Hier steht eine davon neben S-Bahnen anderer Bauart im Ostbahnhof (1994).
Im Betriebswerk der S-Bahn am Berliner Adlergestell werden die Wagen aufgearbeitet, wie auch die ab 1996 eingesetzte genannte Baureihe 481. Die entkernten und abgeschliffenen Waggons werden im nächsten Schritt lackiert und bekommen einen neuen Innenausbau.
2016 wird die Baureihe 483/484 vorgestellt. Sie ist seit 2022 auf den Linien S46, S8 und den beiden Ringbahnlinien S41 und S42 unterwegs.
473 Millionen Fahrgäste nutzen 2023 die Berliner-S-Bahn auf 340 km Strecke, davon 257 km in Berlin. 1.278 Triebfahrzeugführer fahren die S-Bahnen früh bis spät und am Wochenende durch die Nacht.
Zum 100. Geburtstag der Berliner S-Bahn zeigt das Deutsche Technikmuseum [technikmuseum.berlin] in Berlin die kleine Sonderschau "Besser, schneller, elektrisch!". Ab 4. August 2024 kann man einen der originalen S-Bahn-Triebwagen aus der ersten Fahrzeugserie von 1924, der Bauart "Bernau" sehen.
Die S-Bahn Züge zeigen sich schon jetzt mit Jubiläumssignet und wie seit 100 Jahren in Rot-Beige. Zum Artikel | Weitere Bildergalerien
Sendung: rbb24 Abendschau, 08.08.2024, 19:30 Uhr