Der Football-Helm der Berlin Adler. (Foto: IMAGO / mix1)

Berlin Football-Klub Berlin Adler verliert sich im Streit über Trainer-Rauswurf und Geldprobleme

Stand: 30.08.2024 19:21 Uhr

Trotz sportlicher Zufriedenheit herrscht Chaos beim Football-Klub Berlin Adler. Nach einem Polizei-Einsatz entließ der Verein der Cheftrainer. Dieser wiederum wirft dem Klub vor, vor einer Insolvenz zu stehen und nicht zu handeln. Von Marc Schwitzky

+++UPDATE 30.08.2024, 19:16 Uhr +++ Im Text heißt es von Robert Motzkus, Vorstandsmitglied der Berlin Adler, der Spielbetrieb sei gesichert. Inzwischen hat der Verein jedoch bekannt gegeben, nicht zum kommenden Spiel antreten zu wollen.

Gleich der zweite Arbeitstag von Florian Raffel endet mit einem Polizeieinsatz. In der vergangenen Woche war er als ehrenamtlicher Sportdirektor beim Football-Klub Berlin Adler in Berlin-Wedding gestartet. Nach rbb|24-Informationen soll Raffel am Freitag die Polizei gerufen haben, weil er sich von Cheftrainer Zachary Cavanaugh und Co-Trainer Max Zimmermann bedroht gefühlt haben soll.

Wie Cavanaugh dem rbb erklärte, habe Raffel der Polizei gesagt, dass es den Versuch des gewaltsamen Eindringens in sein Büro gegeben haben soll, dazu Beleidigungen und Drohungen. Die Polizei bestätigte dem rbb auf Anfrage einen Polizeieinsatz in der Allée du Stade in Wedding am 23. August. Bei diesem seien auch zwei Strafanzeigen aufgenommen worden.

Berlin Adler (imago images/mix1press)
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Die Einsatzkräfte sprachen ein Hausverbot des Vereins gegenüber Cavanaugh offiziell aus - kurz darauf wurde der Trainer entlassen.

"Er [Raffel, Anm.d.Red.] rief die Polizei und sagte, er fühle sich bedroht, weil mein Freund Max an die Tür geklopft habe", schildert Cavanaugh den Vorfall gegenüber rbb|24. Er behauptet, dass sein Co-Trainer angeblich nur eine Versicherungsangelegenheit mit Raffel habe klären wollen, dieser ihn aber nicht in das Büro gelassen habe. "Er wusste, wenn die Polizei kommt und er sagt, dass er sich bedroht fühle, müsse ein Polizeibericht geschrieben werden. Und das ist alles, was sie bräuchten, um mich zu feuern."
 
Doch warum sollte der Verein unbedingt seinen Trainer feuern wollen, obwohl es sportlich gut lief? Wie konnte es so weit kommen?

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Längerer Streit zwischen Trainer und Vereinsführung

Cavanaugh hatte erst zu dieser Saison das Amt des Chefcoaches der Adler übernommen. Zuvor war er als Quarterback für die Berliner aufgelaufen. Zusätzlich trainierte der US-Amerikaner auch das U20-Team.
 
Innerhalb der Mannschaften soll, so Cavanaugh, eine herausragend gute Stimmung geherrscht haben. Adler-Vorstandsmitglied Roman Motzkus unterstreicht im Gespräch mit rbb|24, dass die sportliche Arbeit des Trainers insgesamt als sehr positiv bewertet wurde. Und dennoch kam es vor wenigen Tagen offensichtlich zum Bruch zwischen dem Head-Coach und den Verantwortlichen.
 
Beide Seiten bestätigen, dass schon länger ein Konflikt schwelte. Einer der Vorwürfe Cavanaughs ist der Umgang des Vorstands mit Spielern. "Ich hatte kürzlich zwei Spieler, die den Verein verlassen haben, weil sie von der Geschäftsführung schlecht behandelt wurden", sagt der 37-Jährige. Er berichtet von einem brasilianischen Spieler, der vor kurzem drei Monate lang für die Adler gespielt hat – laut Cavanaugh nur mit einem Touristenvisum. Bezahlt wurde der Spieler angeblich dennoch. Nur: "Einen Tag bevor das Visum ablief, schickten sie ihn in einem Flugzeug zurück nach Brasilien." Der Spieler soll erst 20 Stunden zuvor davon erfahren haben, dass er das Land verlassen muss. Seine Familie aus Brasilien soll zu dem Zeitpunkt sogar in Berlin gewesen sein, um ihn spielen zu sehen.
 
Nach Aussagen von Cavanaugh soll es immer wieder dazu gekommen sein, dass Spieler und Trainer ohne gerechte Vorlaufzeit und Nennung von Gründen den Verein verlassen mussten.

Vorwurf der Insolvenzverschleppung

Womöglich spielt hier auch die finanzielle Situation der Adler eine Rolle. Ex-Trainer Cavanaugh erhebt schwere Vorwürfe gegen die Vereinsführung: "Finanziell sind wir hoch verschuldet", sagte er dem rbb. Details konnte Cavanaugh aber nicht nennen. "Keiner kennt die wirkliche Zahl", sagte er. "Meiner Meinung nach sind wir bereits zahlungsunfähig, und das schon seit einer Weile. Wir haben immer noch nicht die Hotelrechnung von Schwäbisch Hall vom letzten Jahr bezahlt. Ich weiß, dass es eine Menge unbezahlter Rechnungen gibt."
 
Laut Cavanaugh habe es vor knapp einem Monat ein Treffen mit dem Geschäftsführer der German Football League (GFL) und den Vereinsverantwortlichen der Adler gegeben. "Bei diesem Treffen wurde uns erklärt, dass wir bankrott sind, dass wir kein Geld haben und dass wir eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchführen müssen", so Cavanaugh gegenüber dem rbb. Die Adler-Führungsriege soll der German Football League anschließend einen Brief geschrieben haben, in dem sie klarstellt, dass sie in der aktuellen Form nicht mit mit den GFL-Verantwortlichen zusammenarbeiten wollen und der Ligaverband aufhören müsste, über eine Insolvenz zu sprechen.

Ex-Trainer der Berlin Adler, Zachary Cavanaugh (Foto: IMAGO / mix1)

Ex-Trainer der Berlin Adler, Zachary Cavanaugh.

Motzkus widerspricht Anschuldigungen

Cavanaugh glaubt, dass die Vereinsverantwortlichen eine mögliche finanzielle Schieflage verheimlichen wollen, um personelle Konsequenzen zu vermeiden. "Sie müssen alle loswerden, die nicht die Klappe halten und sich einreihen. Sie mögen keine Leute, die nicht alles tun, was sie wollen", so seine Ansicht.
 
Vorstandsmitglied Motzkus widerspricht den Aussagen von Cavanaugh entschieden. Zwar könne er den Vorfall auf der Geschäftsstelle nicht genau wiedergeben und bewerten, aber er habe Verständnis dafür, dass der geschilderte Vorfall - sollte er denn so stattgefunden haben - eine Drohkulisse für Sportdirektor Raffel darstellte.
 
Die Entlassung Cavanaughs habe tieferliegende Gründe. So habe es in den letzten Wochen mehrere Vorfälle gegeben, die "durchaus als vereinsschädigend wahrgenommen werden konnten". Gespräche mit Personen aus dem Trainerteam hätten keinen Effekt gehabt, sagt Motzkus. "Es wurden dann leider sehr unsachliche und persönliche Anfeindungen beziehungsweise auch Versuche, den Vorstand in seiner Arbeit zu beschädigen und Petitionen eingereicht, den Vorstand abzuwählen, was so bei uns satzungstechnisch gar nicht geht."
 
Die Eskalationen hätten nicht nur den Vorstand und das Management betroffen. Es habe sehr persönliche Anfeindungen und Verleumdungen gegenüber dem Staff-Team, den Betreuern und freiwilligen ehrenamtlichen Helfern gegeben. "Und da mussten wir mit diesem Vorfall am Freitag, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, reagieren und weitere Schäden nach außen vom Verein abwenden."

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"Insolvenz schwebt natürlich immer über diesen Verein“

Motzkus gibt zu, dass sich der Verein zuletzt in einer wirtschaftlich äußerst heiklen Lage befunden hat. "Wir hatten vor der Saison Vereinbarungen mit 33 Partnern. Davon haben neun nicht bezahlt, aus welchen Gründen auch immer. Sie haben die Zahlungen verzögert", erklärt der 55-Jährige. Das habe für große Probleme gesorgt, doch durch Zahlungen aus anderen Bereichen und der Bundesliga-Hilfe hätten die Adler es geschafft, die laufende Saison durchzufinanzieren.
 
"Das Thema Insolvenz schwebte natürlich immer über diesem Verein, weil es sehr, sehr schwer ist, einen Verein mit 600 Mitgliedern nur aus Partnern in einem Nischensport zu schaffen", so Motzkus. Der im März gewählt Vorstand habe eine "Riesenlücke" in der Finanzierung vorgefunden und versucht, sie möglichst gut zu schließen. Motzkus stellt klar: "Es steht keine Insolvenz im Raum." Es habe Überlegungen gegeben, eine geregelte Insolvenz anzumelden. "Das haben wir aber abgelehnt, weil wir der Meinung sind, dass wir es auch so schaffen und dass wir die Möglichkeit noch haben."
 
Motzkus bestätigt, dass es hierzu ein Treffen mit der German Football League gegeben hat. "Wir haben natürlich mit dem Verband gesprochen, weil nichts schlimmer ist, als wenn vollendete Tatsachen geschaffen werden", so der Adler-Verantwortliche. "Wir müssen und können ganz offen und ehrlich mit dem Verband sprechen, mit der Ligavereinigung und auch dem American Football Verband Deutschland." Man arbeite sehr konstruktiv mit den Verbänden zusammen, um langfristige Lösungen für die Finanzierung zu finden.

Roman Motzkus, Vorstandsmitglied der Berlin Adler (Foto: IMAGO / Eibner)

Roman Motzkus, Vorstandsmitglied der Berlin Adler.

Erst streikende Mannschaft spielt Saison doch zu Ende

Oberste Priorität hatte laut Motzkus allerdings, die laufende Spielzeit geregelt beenden zu können. Das sei nun sichergestellt. "Wir sind jetzt auch durch die Verhandlungen und durch die Zusage von existierenden Partnern soweit, dass wir alles ausgleichen und die Saison auf jeden Fall zu Ende spielen können", zeigt sich Motzkus erleichtert. "Was danach wird, werden wir in außerordentlichen Mitgliederversammlungen und Besprechungen intern klären, wie es weitergeht, wo wir spielen wollen, wie wir spielen wollen, mit wem wir weiter zusammenarbeiten wollen."
 
Dabei könnte ihm zufolge auch eine ausgegliederte Kapitalgesellschaft, also Kooperationen mit Investoren, eine Option sein. "Unseren Verein gibt es seit 45 Jahren. Wir sind nicht daran interessiert, eine Lösung von heute auf morgen nur zu machen, die dann übermorgen wieder gekippt wird." Stattdessen brauche man "eine langfristige Perspektive".

 
Wie die finanzielle Zukunft des Vereins aussieht, scheint damit unklar. Sicher ist aber jetzt schon: Die Vorgänge rund um den Adler-Trainer haben für Unruhe im Verein gesorgt. Kürzlich nahmen die Junioren im Halbfinale des Junior Bowls die Adler-typischen Schwingen vom Helm ab, eine Protestaktion mutmaßlich für Cavanaugh. Inzwischen drohten sowohl die Profis als auch die U20 mit Spieleinstellung.
 
Ein Gespräch am Dienstag soll die Wogen zwischen Team und Vorstand vorerst geglättet haben. "Wir haben durch Kommunikation einen Kompromissweg gefunden, die Saison anständig und gut zu Ende zu spielen und den Mannschaften ein gutes Umfeld zu bieten, soweit es denn irgendwie geht", sagt Motzkus.
 
Für Cavanaugh übernimmt bis Saisonende ein Assistenztrainer. Es ist - wie anscheinend zurzeit vieles bei den Adlern - eine Übergangslösung. Wie mit dem Verein weitergeht, ist abzuwarten. Klar ist laut Motzkus: "Wir müssen wieder mehr miteinander und nicht übereinander reden."

Sendung: rbb Der Tag, 29.08.2024, 18 Uhr