Bilderstrecke Der Fall Hatun Sürücü
Stand: 06.02.2025 19:23 UhrHatun Sürücü war eine junge Frau aus einer streng konservativen kurdisch-türkischen Familie in Berlin, die sich aus einer Zwangsehe befreite, ihr Kopftuch ablegte und ein selbstbestimmtes Leben führte. Am 7. Februar 2005 wurde sie von ihrem jüngsten Bruder Ayhan mit drei Kopfschüssen ermordet. Er wollte nach eigenen Angabe die Ehre der Familie wieder herstellen.
Die Gewalttat sorgte deutschlandweit für Bestürzung und entfachte eine Debatte über Zwangsehen, so genannte "Ehrenmorde" und die Auswirkungen der Wertvorstellungen konservativer muslimischer Familien auf das Leben von deren Töchtern.
Eine Gerichtszeichnung vom 14. September 2005 zeigt die angeklagten Brüder Mütlü, Alpaslan und Ayhan Sürücü im Kriminalgericht Berlin-Moabit; Ayhan gestand die Tat und erklärte, völlig allein gehandelt zu haben. Der 19-Jährige wurde zu neun Jahren und drei Monaten Jugendhaft verurteilt. Seine Brüder wurden freigesprochen und reisten umgehend in die Türkei aus. Ayhan wurde nach Verbüßung seiner Strafe in die Türkei abgeschoben.
2017 kam es in der Türkei zum Prozess gegen die beiden älteren Sürücü-Brüder. Ihnen wurde beihilfe zum Mord vorgeworfen. Auch in diesem Prozess nahm Ayhan, der als Zeuge aussagte, die alleinige Schuld auf sich. Daraufhin wurden seine Brüder freigesprochen. Hier verkündet eine Anwältin in Istanbul vor Pressevertretern den Freispruch. Das Urteil stieß international auf Kritik.
2019 kam der Fim "Nur eine Frau" von Sherry Hormann in die Kinos, der auf der Geschichte von Hatun Sürücü basiert. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. Im Bild sieht man Schauspielerin Almila Bagriacik als Aynur (Hatun) und Jacob Matschenz als ihren Freund Tim.
Am Tatort in Tempelhof, am Oberlandgarten 1, erinnert eine Gedenktafel an Hatun Sürücü. Hier werden jedes Jahr Kränze und Blumen niedergelegt - in Gedenken an die Ermordete.
Am 7. Februar 2024, dem 19. Todestag von Hatun Sürücü, knien Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) während einer Gedenkveranstaltung vor niedergelegten Kränzen.
2018 entschied der Senat, dass eine Brücke an der Sonnenallee in Neukölln über die A100 nach ihr benannt wird. Ursprünglich sollte eine Fußgängerbrücke am Tempelhofer Feld nach ihr benannt werden - aber die wurde nie gebaut.
Seit 2013 verleiht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus den Hatun-Sürücü-Preis, um Projekte zu fördern, die sich gegen die Diskriminierung marginalisierter Gruppen einsetzen.
Hatun Sürücü ist auf dem islamischen Froedhof in Gatow beerdigt. Ihr Grab müsste nach 20 Jahren eigentlich eingeebnet werden, der Bezirk Spandau bemüht sich aber um seine Erhaltung.