Ein Asylbewerber erhält in einem Umschlag seine Bezahlkarte von einer Mitarbeiterin des Sozialamtes. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)

Berlin Koalitionsstreit in Berlin: SPD-Widerstand gegen Bezahlkarte wächst

Stand: 26.06.2024 16:40 Uhr

In der Berliner Regierungskoalition zeichnet sich ein Streit über die Bezahlkarte für Asylbewerber ab. Während die CDU ein Bargeldlimit von 50 Euro befürwortet, mehren sich in der SPD Forderungen, ganz auf ein Limit zu verzichten.

In der Berliner SPD-Fraktion wächst der Widerstand gegen die Einführung einer Bezahlkarte mit Bargeldlimit für Flüchtlinge. In einem fraktionsinternen Antrag, der dem rbb vorliegt, heißt es, eine solche Einschränkung sei diskriminierend gegenüber Menschen, die im Alltag oft Bargeld benötigen, etwa beim Kauf von Second-Hand-Kleidung.
 
"Außerdem hat die Erfahrung mit den Geldkarten für Asylsuchende, die schon bis vor 20 Jahren in Berliner Bezirksämtern eingesetzt wurden, gezeigt, dass sie die behaupteten Ziele gar nicht erreichen", heißt es in dem Antrag.

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Forderung nach Abschaffung des Abhebungslimits

Die Antragstellenden fordern, dass die Karte nur diskriminierungsfrei, also ohne Beschränkung bei der Abhebung von Bargeld, eingeführt werden soll. Sie stützen sich dabei auf gleichlautende Forderungen der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Bremen und Thüringen, die ihre Bedenken bereits beim Beschluss zur Einführung von Bezahlkarten auf der Ministerpräsidentenkonferenz vorgebracht haben.
 
Der SPD-Antrag wurde zunächst in drei Fraktionsarbeitskreise überwiesen, ein Beschluss wäre damit wohl erst nach der Sommerpause möglich. Vorher, so die Erwartung der Antragsteller, dürfe der Senat die Einführung der Bezahlkarte nicht einführen.

Kiziltepe verweist auf die Hoheit ihrer Verwaltung zur Festlegung eines Limits

Damit stellt sich ein Teil der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus gegen die Haltung von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Er hatte sich bereits klar für ein Bargeldlimit von 50 Euro bei den Bezahlkarten ausgesprochen und einheitliche Regelungen in den Bundesländern gefordert. Noch aber hat der Senat keine Entscheidung darüber getroffen, weil auch SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, die fachlich zuständig ist, gegen ein Bargeldlimit ist.

Kiziltepe verweist auf einen Beschluss des Senats, wonach ihre Sozialverwaltung festlegen soll, wieviel Bargeld Geflüchtete mit der Bezahlkarte abheben können. An diesen Beschluss halte sie sich, teilte ein Sprecher der Sozialverwaltung auf rbb-Nachfrage mit. Wegner wiederum hatte jüngst erklärt, nicht Kiziltepe allein, sondern der gesamte Senat werde diese Entscheidung treffen.

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Zuletzt auch Widerstand von der Berliner Jusos

Der koalitionsinterne Streit über die Bezahlkarte spitzt sich damit weiter zu. Bereits Ende Mai hatte die Berliner SPD bei einem Parteitag beschlossen, eine Bezahlkarte für Geflüchtete mit Bargeldlimit abzulehnen.
 
Zuletzt hatten die SPD-Nachwuchsorganisation Jusos und der SPD-interne Arbeitskreis Migration die Karte als "rassistisch und bevormundend" abgelehnt. Befürworter versprechen sich hingegen davon, dass für Geflüchete künftig weniger Anreize bestehen, in Deutschland Schutz zu suchen. Das Bargeldlimit soll verhindern, dass die Empfänger Sozialleistungen ins Ausland überweisen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.06.2024, 16 Uhr