Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, gibt am 08.05.2024 nach der Vorstellung der Solar-Kampagne "Solar zahlt sich aus" vor dem Futurium ein Pressestatement zu einem Angriff auf sie. (Quelle: dpa-Bildfunk/Christoph Soeder)

Berlin Angeklagter gesteht Angriff auf Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey

Stand: 24.09.2024 14:01 Uhr

Ein 74-Jähriger steht vor Gericht, weil er die Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) bei einem Besuch in einer Bibliothek tätlich angegriffen hat. Gleich zu Prozessbeginn am Dienstag gab er die Tat zu.

Mehr als vier Monate nach einem Angriff auf Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) hat ein 74-Jähriger die Tat gestanden. Er habe der SPD-Politikerin einen "Denkzettel" verpassen wollen, sagte der Berliner zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Berlin. Giffey habe 20 Jahre lang nicht auf Schreiben von ihm reagiert. Auch für seine Behandlung unter anderem durch das "Naziwohnungsamt", das Bürgeramt oder die Bücherei, die ihm keinen Ausweis ausstelle, sei Giffey verantwortlich. Als die Senatorin am 7. Mai die Gertrud-Haß-Bibliothek in Berlin-Rudow besucht habe, sei er auf sie zugegangen und habe ihr in seinem Frust seinen Einkaufsbeutel, in dem Zeitungen waren, "um die Ohren" gehauen.
 
Giffey wurde durch den tätlichen Angriff leicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 74-Jährigen gefährliche Körperverletzung vor. Er soll die Politikerin zielgerichtet gegen den Kopf- und Nackenbereich geschlagen haben. Auch eine andere Frau sei am Arm getroffen worden.

Franziska Giffey, Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, am 29.02.2024 in Berlin. (Quelle: Picture Alliance/Jochen Eckel)
Berliner Wirtschaftssenatorin Giffey bei tätlichem Angriff leicht verletzt

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Giffey sagte am ersten Prozesstag als Zeugin aus

Als Zeugin vor Gericht war auch Giffey selbst geladen. Sie berichtete am Dienstag, dass sie in der Bücherei im Gespräch unter anderem mit der Bibliotheksleiterin war, als sie plötzlich einen Schlag in den Nacken bekommen habe. Der Gegenstand habe sich wie ein mit mehreren Büchern gefüllter Stoffbeutel angefühlt. Nach dem Angriff habe der Mensch die Bücherei sofort verlassen, sagte Giffey. Die Bibliotheksleiterin habe ihn erkannt und berichtet, dass er Dauergast in der Bücherei sei. Der Name des Manns sei ihr direkt ein Begriff gewesen, sagte Giffey.
 
Er versende seit Jahren Hass-, Droh- und Beleidigungsmails, sowohl an sie als auch an andere Politiker. Sie gehe davon aus, dass der Angriff spontan erfolgt sei, weil der Termin nicht veröffentlicht worden war. Personenschutz habe sie wie bei derartigen Treffen üblich nicht zur Seite gehabt.
 
Nach dem Angriff habe sie noch weitere Termine wahrgenommen und sich abends im Krankenhaus Neukölln untersuchen lassen, sagte Giffey. Dort sei keine akute Verletzung festgestellt worden. Nach etwa zwei Tagen seien die Schmerzen wieder abgeklungen gewesen. Der Vorfall belaste sie noch heute, auch wenn sie sich in ihrer Arbeit nicht beirren lasse, sagte Giffey. Doch die Unbefangenheit, mit der sie sich in der Stadt bewege, sei durch Angriffe wie diese eingeschränkt.

Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, kommt am 08.05.2024 zur Vorstellung der Solar-Kampagne "Solar zahlt sich aus" ins Futurium. (Quelle: dpa-Bildfunk/Christoph Soeder)
Mutmaßlicher Giffey-Angreifer in Psychiatrie eingewiesen

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Mann soll dauerhaft in Psychiatrie

Die Staatsanwaltschaft strebt dabei in einem sogenannten Sicherungsverfahren die dauerhafte Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass der 74-Jährige die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat, sodass er nicht dafür bestraft werden kann.

Grund dafür soll eine schwere psychische Erkrankung sein, hieß es von der Staatsanwaltschaft, als sie im August eine entsprechende Antragsschrift bei Gericht einreichte. Nach Einschätzung eines Sachverständigen, der den Mann untersucht hat, besteht demnach die Gefahr, dass der Mann erneut derartige Straftaten begeht.

Der Beschuldigte war keine 24 Stunden nach dem Vorfall als mutmaßlicher Täter festgenommen worden. Er ist seitdem bereits vorläufig im Krankenhaus des Maßregelvollzugs untergebracht. Vor Gericht bezeichnete er sich am Dienstag als "Widerständler" ohne Staatsangehörigkeit. Den Ermittlungsbehörden ist er bereits durch zahlreiche Strafverfahren bekannt, unter anderem wegen Beleidigung. Sie wurden wegen Schuldunfähigkeit eingestellt. Insgesamt hat das Gericht bislang vier Verhandlungstage bis zum 15. Oktober geplant.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.09.2024, 12:20 Uhr