Symbolbild: Mit einem an einem Fahrrad montierten Plakat macht eine Familie auf ihre Wohnungssuche aufmerksam. (Quelle: dpa/Eckel)

Berlin Vorbild Frankfurt am Main: Berliner Bezirke testen neues Verfahren gegen Mietwucher

Stand: 19.06.2024 17:17 Uhr

Im Kampf gegen stark überzogene Mieten testen die Berliner Bezirke neue Verfahren. Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Nachfrage des rbb mitteilte, gibt es seit Mai ein spezielles IT-Verfahren, mit dem die Bezirksämter Fälle von Mietwucher schneller und effizienter ahnden können.
 
Dazu gehört auch ein Musterschreiben, in dem betroffene Mieter zur Mithilfe aufgefordert werden. In den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Reinickendorf und Tempelhof-Schöneberg laufe bereits eine Testphase, "um erfolgreich verfolgbare Fälle von Mietpreisüberhöhungen zu identifizieren", teilte eine Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung mit.

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Berlin bislang wenig erfolgreich im Kampf gegen Mietwucher

Wucher liegt vor, wenn die verlangte Miete mindestens 20 Prozent über den durchschnittlichen Mieten vergleichbarer Wohnungen liegt. Nach Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes kann dann eine Ordnungswidrigkeit festgestellt und ein Bußgeld gegen den Vermieter verhängt werden. In Berlin kommt die Regelung bislang aber kaum zum Einsatz, wie die Stadtentwicklungsverwaltung einräumte: Die vier Bezirke, die nun das neue Verfahren testen, konnten 2023 und 2024 noch "keine Mietpreisüberhöhungen erfolgreich verfolgen und ahnden".
 
Ein Grund für Berlins Erfolglosigkeit im Kampf gegen Mietwucher ist oft die fehlende Mithilfe der betroffenen Mieter. Zudem fürchten die zuständigen Bezirke finanzielle Risiken durch Gerichtsverfahren, die sie gegen die Vermieter führen müssten. Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) hatte zuletzt bereits angekündigt, dass seine Verwaltung die Bezirke unterstützen wolle, vor allem bei Risiken im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten. "Das ist es, was die Bezirke in der Regel am meisten umtreibt", sagte Gaebler. Zudem unterstützt Berlin eine Bundesratsinitiative, die auf eine Nachbesserung beim Wirtschaftsstrafrecht abzielt. "Weil es Gerichtsurteile gibt, die es sehr kompliziert machen, gegen Mietwucher vorzugehen", so Gaebler.

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Frankfurt am Main als Vorbild

Wie es gehen kann, zeigt die Stadt Frankfurt am Main: Hier wurden zwischen 2020 und 2022 fast 1.400 Verfahren gegen Mietwucher geführt und Bußgelder in Höhe von 321.000 Euro festgesetzt. Betroffene Mieterinnen und Mieter erhielten 419.000 Euro von ihren Vermietern zurückgezahlt.
 
Der Berliner Senat und die Bezirke arbeiten bereits seit geraumer Zeit an einer stadtweiten Strategie im Kampf gegen Mietwucher. Dafür wurde eine spezielle Arbeitsgruppe gegründet, die bereits Gespräche mit den Behörden in Frankfurt am Main geführt hat.
 
Lob für den Fortschritt kommt auch von der Opposition. "Wir brauchen ein beherztes Eingreifen in den Wohnungsmarkt", sagte der mietenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schenker. Gleichzeitig forderte er den Senat auf, eine breitangelegte Informationskampagne zu starten, um Betroffene stärker einzubinden. "Die Berliner Mieter:innen können auch selbst aktiv werden und Verstöße gegen Mietwucher in den Bezirken melden", so Schenker.

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