Illustration für "An der Tanke": Ein Benzinkanister wird gefüllt.(Quelle:rbb)

Brandenburg An der Tanke in Brandenburg: "Heutzutage sind Leute, die quer denken, Probleme"

Stand: 18.06.2024 18:14 Uhr

Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Zugewanderter aus Berlin, der sich wünscht, dass Deutschlands Regierung mit Russland spricht.

rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "an der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.

Ich habe ein selbst gebautes Floß. Man kann darauf Wochenendfahrten machen, aber nicht so gut schlafen. Oben drauf ist das eher wie so ein Cabrio. Ich wohne in Blossin, komme aber aus Köpenick. Seit zwei Jahren wohne ich jetzt hier. Berlin war für mich nicht mehr auszuhalten. Ich bin da geboren. Es wurde alles immer enger bebaut, ohne Sinn und Verstand und ohne Infrastruktur.
 
Man will alles ins öffentliche Verkehrsnetz bringen. Die sind rappelvoll, überall stehen alle im Stau. Zehn Jahre lang waren wir nach einem Grundstück in Brandenburg auf der Suche und haben dann in Blossin eins gefunden. Relativ nah am See, ein altes Bauernhaus, das wir gerade ausbauen und umbauen.

Zum Reden setzen wir uns in sein großes Auto. Er – deutlich mehr als Dreitagebart, lockeres Shirt, kleine Umhängetasche - räumt dafür erstmal den Beifahrersitz frei, fährt die Rückenlehne nach vorne, nimmt sich Zeit, macht alles in Ruhe. Beim Umräumen lässt er den Motor des SUVs laufen, macht ihn danach aus.
 
Ich war sowas von überwältigt davon, wie nett die Menschen hier sind und wie viel Zeit sie haben und wie vertrauensvoll sie sind. Man denkt ja in Berlin immer, wenn jemand einem was Gutes tun will, wo ist da der Haken? Und das ist hier ganz anders. Meine Freunde waren vor drei Tagen mal da, da hatten wir ein kleines Fest und da waren auch unsere Nachbarn mit dabei. Und als die nach Hause gegangen sind, sagte der eine zu mir: Das ist ja so, als wenn wir uns schon ewig kennen. Das ist eine andere Welt, es ist wirklich nicht vergleichbar.

Illustration: Serie "An der Tanke". (Quelle: rbb)
"Wenn ich wirklich weggehe, dann verlasse ich Deutschland"

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Der Ukraine Krieg und wie mit Migration umgegangen wird – das waren Themen, die mich bei der vergangenen Wahl beeinflusst haben. Und Demokratie, die keine mehr ist für die meisten, mit denen ich mich unterhalte. Die etablierten Parteien sind nicht mehr nah genug am Volk, das haben die Wahlen gezeigt. Meine Befürchtung ist, dass aber auch ein Regierungswechsel daran nicht viel ändert. Die Leute in der Opposition haben immer eine große Klappe, aber meine Angst ist, dass niemand es schafft, etwas zu verändern.
 
Zum Beispiel der Ukraine Krieg: Für mich ist Frieden das Wichtigste. Bei mir in der Firma hat man mir beigebracht, wenn es Probleme gibt, muss man darüber reden und im Kleinen funktioniert das auch. Wenn ich aber nicht mit jemandem rede, kann man auch keinen Frieden erwirken. Man muss es doch wenigstens versuchen und die machen genau das Gegenteil. Ich habe das Gefühl, die wollen eigentlich gar nicht wissen, warum Russland die Ukraine angegriffen hat. In den Medien jedenfalls kommt es nicht wirklich rüber. Man kommt nicht weiter, indem man Waffen dahin schickt, finde ich.
 
Direkt positiv ankommen würde bei mir ein Gespräch auf Augenhöhe mit den Kriegsverursachern. Ich weiß nicht, was der Russe will. Sein Land ist groß genug, der braucht die Ukraine nicht. Die haben auch genug Getreide. Die Ukraine hat nichts, was der Russe braucht, denke ich.

Beim Erzählen hat er die Arme meist vor der Brust verschränkt. Seine Umhängetasche hat er nicht abgenommen. Er spricht ruhig und entspannt.
 
Ich frage mich, warum Nord Stream II so kurz vorm Ende gekappt wurde und man weiß, dass nur wenige davon profitieren und die nicht mal bei uns in Europa leben. Die meisten Menschen in meiner Umgebung haben das Gefühl, dass wir fremd regiert werden – aus den USA. Ich glaube, dass wir abhängig sind. Mir fehlt absolut das Vertrauen in unsere Politiker. Eigentlich kenne ich nur einen einzigen Menschen, der anders denkt, als ich, der noch Vertrauen in die Politik hat.
 
Wenn man nicht mit dem Wind segelt, dann ist man Querulant und dem wird das Leben schwer gemacht. Querdenken war früher mal was Positives. Heutzutage sind Leute, die quer denken, Probleme. Ich finde es wichtig, dass es Querdenker gibt. Ich denke auch quer. Ich frage mich, wer profitiert von was.
 
Ich glaube, dass die etablierten Parteien bei der Landtagswahl ihren Ordnungsgong bekommen, den sie verdient haben. Ohne Strafe ändert sich nichts. Herr Habeck und Herr Scholz – das sind doch alles gefühlt Marionetten. Jetzt fahre ich erstmal zu meiner Baustelle, also zu unserem Haus. Wir renovieren das nachhaltig und ich mache da auch viel selbst.

Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24