Symbolbild:Potsdamer Stadthaus.(Quelle:imago images/O.Döring)

Brandenburg Drei Fraktionen in Potsdamer SVV gleichauf - Mehrheiten gesucht

Stand: 02.07.2024 16:55 Uhr

Drei Wochen nach der Kommunalwahl ist in Potsdam die Stadtverordnetenversammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen gekommen. Drei Fraktionen sind gleich stark - und teilweise aus mehreren Parteien zusammengesetzt. Von Philipp Rother

Zunächst war es nur ein Gerücht, das durch das politische Potsdam waberte. Wenige Stunden vor der konstituierenden Sitzung der neuen Stadtverordnetenversammlung wurde es dann aber Gewissheit: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird künftig mit den beiden Abgeordneten von Volt und der Satirepartei Die Partei zusammenarbeiten - die gemeinsame Fraktion wächst damit um zwei auf zehn Mitglieder an.
 
Das gab das neue Bündnis am Montagmittag per Pressemitteilung bekannt. "Wir haben das gemeinsame Ziel, Potsdam zu einem Vorbild für nachhaltige, sozialgerechte und innovative Stadtentwicklung zu etablieren. Dafür sind wir bereit, ungewöhnliche Wege zu gehen", hieß es darin.

Sitzverteilung: Stadtverordneter-Versammlung Potsdam. (Quelle: rbb)

Stadtverordneter-Versammlung Potsdam

Ludwig und Körner neu dabei

"Wir haben natürlich sehr lange darüber geredet, weil das in der Tat auch für uns eine neue Situation war", sagte Co-Fraktionschefin Silke Reimer (Grüne) dem rbb. Es seien ein paar Gespräche nötig gewesen, um zu schauen, "ob wir wirklich gut zueinander passen", so Reimer weiter. "Wir sind dann zu dem Entschluss gekommen: Ja, das passt sehr gut und wir wollen inhaltlich die gleichen Sachen erreichen. Und deswegen haben wir gesagt, dann gehen wir zusammen und versuchen hier proaktiv die Dinge in Potsdam gut voranzubringen."
 
Franziska Ludwig (Die Partei) wird die Fraktion vor allem im Bereich Jugendhilfe verstärken, Benjamin Körner (Volt) in den Bereichen Mobilität und Digitalisierung.
 
Laut Ludwig müssen gerade für junge Menschen Freiräume zur Entwicklung geschaffen und nachhaltig gesichert werden. Der 23 Jahre alte Masterstudent Körner ist einer der jüngsten Stadtverordneten in Potsdam – er hofft, in der neuen Fraktion auch die Ziele seiner Partei umsetzen zu können, wie er sagt. Schnittmengen mit den Grünen gebe es vor allem bei Klimathemen. "Wir wollen, dass wir schneller zur Klimaneutralität kommen", sagte Körner dem rbb. Zudem solle ein potsdamweites Radnetz geschaffen werden.

Symbolbild: Das Rathaus der Stadt Potsdam in der Friedrich-Ebert-Straße. (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
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Kräfteverhältnisse haben sich verschoben

Traditionell ist in der Brandenburger Landeshauptstadt die SPD die dominierende Kraft. Die Kräfteverhältnisse haben sich durch die letzte Wahl aber etwas verschoben. Mehrheiten für die eigenen Themen und die eigenen Vorschläge zu finden, dürfte daher in den kommenden Jahren eine der größten Herausforderungen werden. Neben der neuen Dreier-Fraktion aus Bündnis 90/Die Grünen, Volt und Die Partei gibt es nämlich noch zwei weitere Fraktionen, die mit zehn Sitzen in der neuen Stadtverordnetenversammlung vertreten sind: SPD und CDU.
 
Auch die CDU zog erst kürzlich mit der SPD gleich - Leon Troche (zuvor SPD) und Michael Schröder (Mitten in Potsdam) schlossen sich der Fraktion an. Hintergrund der Zusammenschlüsse ist, dass fraktionslose Stadtverordnete nur wenige Rechte haben und auch keine Anträge einbringen können.

Schubert sieht herausfordernde Situation

Der Autoverkehr in Potsdam nimmt überhand, die Bevölkerung stark zu, der Wohnungsbau muss forciert werden. Auch der Streit um das Kulturhaus "Rechenzentrum" schwelt weiter. Kann die Stadtverordnetenversammlung in dieser Konstellation die Probleme Potsdams lösen? Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) wird sich wechselnde Mehrheiten suchen müssen. "Wir haben eine Situation, die zugegebenermaßen herausfordernd ist. Aber der Oberbürgermeister hat am Ende des Tages überparteilich zu arbeiten", sagte Schubert dem rbb. "Ich bin nicht vom Parlament, sondern von den Bürgern gewählt. Und dementsprechend wir es darum gehen, das Amt auch überparteilich auszuüben."
 
Die CDU, die vor wenigen Wochen noch einem Abwahlantrag gegen Schubert zugestimmt hatte, gibt sich aktuell betont friedlich. "Ich gehe schon davon aus, dass der Oberbürgermeister auch gelernt hat aus der letzten Wahlperiode - und die neue Wahlperiode wird nicht einfacher", sagte der Fraktionsvorsitzende Clemens Viehrig (CDU). "Er braucht die Fraktionen, er braucht Mehrheiten, und er hat schon angekündigt, dass er auch sehr offen sein wird." Es sei alles jetzt auf null gesetzt: "Wir fangen jetzt neu an", sagte Viehrig weiter.

Waldbad Templin. (Quelle: Stadtwerke Potsdam)
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Wegewitz zum neuen Vorsitzenden gewählt

In der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung gibt es aktuell neun Fraktionen, insgesamt sind 56 Stadtverordnete sowie der Oberbürgermeister stimmberechtigt [potsdam.de]. Der langjährige Stadtverordnete Hagen Wegewitz wurde am Montag im Rahmen der konstituierenden Sitzung im zweiten Wahlgang zum neuen Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gewählt. Ins Präsidium wurden danach mit Lars Eichert (CDU), Wiebke Bartelt (Grüne) und Ute Grimm (dIE aNDERE) drei Stellvertreterinnen und Stellvertreter gewählt.
 
"Die Kommunalwahl hat gezeigt, dass Potsdam ein Ort des politischen Pluralismus und der lebendigen Demokratie ist", sagte Oberbürgermeister Schubert. "Diese Vielfalt kann unsere Stärke werden und bietet uns die Möglichkeit, die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Stadt zu finden."
 
Darum wird es bereits am 17. Juli wieder gehen. Dann findet die nächste reguläre Sitzung der Stadtverordnetenversammlung statt.

Mit Material von Stefanie Brockhausen und Friedrich Herkt
 
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 2.7.2024, 19:30 Uhr