Archivbild: Eine Arbeitsgruppe beim Entnehmen von Wasserproben. (Quelle: imago images/Doering)

Brandenburg Berlin ARD- und Correctiv-Recherche offenbart kritischen Zustand von Fließgewässern

Stand: 21.10.2024 08:00 Uhr

Deutschlands Fließgewässer sind in einem kritischen Zustand. Laut einer Recherche von ARD und Correctiv weisen mehr als ein Drittel der beoachteten Gewässer in Brandenburg einen schlechten Zustand auf. In Berlin ist es fast die Hälfte.

Viele Bäche in Deutschland sind in einem alarmierenden ökologischen Zustand. Auch in Berlin und Brandenburg erhielt bei der Mitmachaktion #unsereFlüsse ein großer Teil der Bäche und Flüsse das Testsiegel "schlecht". Das ist das Ergebnis von gemeinsamen Recherchen der ARD und von Correctiv.

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Vieren und Fünfen für Gewässer in Brandenburg und Berlin

In Brandenburg weisen demnach 20 von insgesamt 53 eingereichten Gewässern der Flussbeobachtungen eine schlechte Lebensraumqualität auf. Darunter befindet sich zum Beispiel der Hirtengraben im Südosten Potsdams. Es handelt sich um ein sehr stark verändertes Gewässer im Siedlungsgebiet und befindet sich laut Forschern der Universität Duisburg-Essen in einem schlechten ökologischen Zustand. Demnach ist der Hirtengraben von nutzungsbedingtem Wassermangel betroffen. Dies spiegele sich in einer artenarmen Tierwelt wider. Sie sei von robusten Arten wie der Wasserassel oder dem Schlammröhrenwurm geprägt, also zwei Arten, die gut mit Verschmutzung oder Sauerstoffmangel umgehen könnten, heißt es in der Auswertung der Testdaten. Im Wasser des Hirtengrabens fanden sich auch Spuren der Malermuschel und des europäischen Igels, die beide auf der Vorwarnliste der Roten Liste für Deutschland stehen. Als invasive Art wurde dort die Mittelmeer-Wasserassel nachgewiesen.

In Berlin weisen 16 von insgesamt 37 eingereichten Flussbeobachtungen in der Stadt eine schlechte Lebensraumqualität auf.

Ein Wissenschaftsteam vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) hatte die über 2.700 Einsendungen aus allen 16 Bundesländern ausgewertet.

Auswertung von zustätzlichen DNA-Proben aus 30 Gewässer-Abschnitten

Zusätzlich wurden von Wissenschaftlern 30 Gewässer-Abschnitte mit DNA-Proben untersucht. Dazu gehörten auch drei Abschnitte in Brandenburg, allerdings kein Fließgewässer in Berlin. Neben dem Hirtengraben in Potsdam, der in der "Ökologische Zustandsbewertung" eine Fünf bekam, wurde in Karstädt (Prignitz) die Löcknitz mit DNA-Proben genauer untersucht und erhielt die Lebensraumqualitätsnote "Unbefriedigend". In Neuhausen (Spree-Neiße) bekam die Tranitz bei der "ökologischen Zustandsbewertung" eine Vier.

Archivbild: Gebäude am Hirtengraben im Kirchsteigfeld in Potsdam. (Quelle: imago images/Mueller)

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Für #UnsereFlüsse hatten Erwachsene und Kinder den Zustand vieler Gewässer auch mit Fotos dokumentiert. Am Anfang stand dabei der Aufruf "Wie geht es unseren Bächen?" von Tagesthemen-Moderatorin Jessy Wellmer im Mai. In der Folge hatte hatte die ARD dann mit dem Helmholtz-Zentrum eine Checkliste für Deutschlands Bäche entwickelt. Darin standen etwa die Fragen: Ist das Wasser klar uns wie riecht es? Ist der Bach begradigt, wachsen am Ufer Pflanzen? Das und mehr wurde dokumentiert.
 
Neben Jessy Wellmer hatten weitere Promenten sowie Bundesinstitutionen, Verbände und die UNESCO aufgerufen. Die ersten 2.700 Bachbegutachtungen von Bürgerinnen und Bürgern wurden dann für die ARD durch das Helmholtz-Zentrum ausgewertet. Anhand der Fotos und Beschreibungen stuften Wissenschaftler Bäche nach ihrer Lebensraumqualität auf einer Skala von 1 bis 5 ein.

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Drei Viertel der Fließgewässer bieten keinen guten Lebensraum für Fische und Insekten

Das bundesweite Ergebnis Aktion ist dabei beunruhigend: Drei von vier untersuchten Bächen bieten keinen guten Lebensraum für Fische und Insekten. Zudem seien ihre Ufer nicht geschützt vor Schadstoffen. Meist fehlen Sträucher, Büsche und Bäume, die gefährliche Einträge aus der Landwirtschaft abhalten würden. Gemäß einer EU-Richtlinie sollen bis 2027 alle Fließgewässer wieder gesund und lebendig sein. Fachleute halten ein Erreichen dieser verpflichtenden Zielvorgabe für nahezu ausgeschlossen.
 
Die Ergebnisse der Aktion präsentiert die ARD Story "Unsere Flüsse – Wie retten wir Deutschlands Lebensadern?" am Montag ab acht Uhr in der ARD Mediathek und ab 22:50 Uhr im ERSTEN.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.10.2024, 6:30 Uhr