Danielle Harbin vom SC Potsdam jubelt (imago images/Julius Frick)

Brandenburg SC Potsdam: Mit Häkeln, Humor und harter Arbeit zum perfekten Saisonstart

Stand: 22.10.2024 12:45 Uhr

Trotz des Chaos in den vergangenen Monaten haben die Volleyballerinnen des SC Potsdam einen perfekten Saisonstart hingelegt. Dahinter stecken starker Teamgeist und eine starke Kapitänin. Die großen Gegner stehen aber erst noch bevor.

Gedankenverloren sitzt Danielle Harbin auf der Tribüne im Luftschiffhafen und beugt sich über Nadel und Faden. Vor einigen Monaten hat die US-Amerikanerin das Häkeln als neues Hobby für sich entdeckt und nutzt jede freie Minute zwischen den Trainings, um ihr erstes großes Projekt fertigzustellen: eine Decke. "Ich denke an nichts, wenn ich häkele. Es ist immer die gleiche Bewegung und ein Moment, in dem ich komplett abschalten kann", erklärt Harbin.
 
Es ist der perfekte Ausgleich für die Diagonalangreiferin. Denn während sie abseits des Feldes in völliger Ruhe häkelt, ist sie auf dem Parkett die lautstarke Strippenzieherin der Volleyballerinnen des SC Potsdam und hat großen Anteil am bisher perfekten Saisonstart.

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Die große Schwester des jungen Teams

Nachdem der Klub in den vergangenen Monaten in finanzielles Chaos gerutscht war und durch Vorwürfe der Steuerhinterziehung, undurchsichtige Schlammschlachten der Verantwortlichen und eine mögliche Insolvenz auf sich aufmerksam gemacht hatte, war im Sommer ein großer Umbruch notwendig geworden. Fast alle Spielerinnen hatten den Verein verlassen – außer Harbin.
 
"Auch wenn viele gegangen sind, habe ich dem Trainer bei meiner Entscheidung vertraut. Potsdam fühlt sich für mich sehr gut und wie ein Zuhause an", erklärt sie. Die Entscheidung zu bleiben, zahlt sich bisher aus. Harbin ist Kapitänin und absolute Leistungsträgerin des SCP. Derzeit gehört sie zu den besten Spielerinnen der Bundesliga und belegt den zweiten Rang auf der Top-Scorer-Liste.
 
"Danielle ist wie eine große Schwester für die Mannschaft. Wir haben in diesem Jahr besonders viele junge Spielerinnen. Sie ist da eine gute Brücke zwischen Team und Trainerstab", lobt Coach Riccardo Boieri die 28-Jährige.

Mit Teamspirit zum Erfolg

Mit Harbin als Leaderin zeigt sich das sonst rundum erneuerte Team in starker Frühform. In der Bundesliga gewannen sie bislang alle ihrer drei Spiele und im europäischen Wettbewerb gelang ihnen mit zwei Siegen gegen Bratislava der Einzug in die nächste Runde.
 
"Wir konnten ja vorher nicht genau einschätzen, wie stark wir in der Liga sein würden. Jetzt sehen wir, dass es ein guter Saisonstart war. Wir haben es geschafft, ein Team zu bilden, das sich vor allem gut versteht. Das ist das Schwierigste", zeigt sich Sportdirektor Eugen Benzel zufrieden. "Es macht viel Spaß zusammen. Ich bin mir sicher, dass uns der Trainer manchmal am liebsten rausschmeißen würde, weil wir während des Trainings ständig Witze machen. Wir passen einfach alle gut zusammen", bestätigt auch die Kapitänin das Erfolgsrezept.
 
Gerade die jungen Spielerinnen scheinen unter dem guten Teamspirit aufzublühen. Im Rückspiel gegen Bratislava stellte Coach Boieri im dritten Satz mit Eigengewächs Leni Kirchhoff und den Berlinerinnen Alina Nasin und Michelle Bachmann gleich drei Spielerinnen unter 20 aufs Feld, die mit starker Leistung den Sieg nach Hause brachten. "Ich bin wirklich stolz auf dieses Team. Wir arbeiten jeden Tag hart und es macht wirklich Spaß, mit ihnen zu spielen. Da gehe ich immer mit einem Lachen raus", erklärt Harbin.

Die Volleyballerinnen des SC Potsdam während eines Spiels. (Archiv) Quelle: imago images/Beautiful Sports
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Die großen Gegner kommen erst noch

Sportdirektor Benzel scheint es gemeinsam mit Boieri also gelungen zu sein, den Widrigkeiten zu trotzen und eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammenzustellen. Wobei das finale Urteil darüber noch aussteht, schließlich steht die wirkliche Konkurrenz im Spielplan erst noch bevor. Zum Beispiel am Mittwochabend (19 Uhr), wenn die Potsdamerinnen mit dem SSC Palmberg Schwerin einen der Favoriten auf den Titel in eigener Halle empfangen und damit die erste große Herausforderung der neuen Saison zu meistern haben.
 
In der vergangenen Spielzeit konnte das Team von Boieri die Mecklenburger zwar noch in zwei von drei Partien schlagen, doch die Voraussetzungen seien laut dem Trainer nun andere. "In dieser Saison haben wir nicht unbedingt das Ziel, gegen Schwerin gewinnen zu müssen. (…) Ich habe das Gefühl, dass Dresden, Stuttgart und Schwerin in diesem Jahr deutlich besser sind. Sie haben ein höheres Budget und eine bessere Situation im Verein", sagt der Italiener. Er habe deshalb als Saisonziel den vierten Platz fest im Fokus.
 
Harbin häkelt derweil bereits an einem Plan, um vielleicht doch auch die großen Gegner ärgern zu können. "Wir wollen auf jeden Fall weiter so hart wie möglich spielen", erklärt sie. "Natürlich würde ich am liebsten sagen, dass wir alles gewinnen werden, aber im Sport weiß man nie, was passiert. Wir werden also weiter trainieren und versuchen jeden Tag ein Stück besser zu werden."

Sendung: Der Tag, 21.10.2024, 19:15 Uhr
 
Mit Material von Jonas Schützeberg und Lars Becker.