Symbolbild: Eine Mücke saugt Blut aus dem Arm einer Person. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)

Brandenburg Berlin Weitere Fälle in Berlin/Brandenburg erwartet: Erste West-Nil-Virus-Infektion eines Menschen in Deutschland

Stand: 30.08.2024 16:46 Uhr

Infektionen mit dem West-Nil-Virus gibt es in Berlin und Brandenburg bislang vor allem bei Pferden und Vögeln. Experten erwarten aber zunehmen auch Infektionen bei Menschen - wie nun bei einer Frau aus Sachsen.

Für Deutschland ist inzwischen erstmals in diesem Jahr ein Fall einer von heimischen Stechmücken übertragenen West-Nil-Virus-Infektion eines Menschen erfasst worden. Betroffen sei eine Frau, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin mit. Bis zum 23. August seien zudem drei weitere Fälle registriert worden, die auf Reisen in andere Länder zurückgehen. Auch dabei seien Frauen betroffen.

Die von heimischen Mücken übertragene Infektion bei einer Frau aus Sachsen in der Grenzregion zu Brandenburg sei bei der Analyse einer Blutspende-Probe nachgewiesen worden, erklärte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg.

Symbolbild: Mitarbeiter des Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI forschen am 02.03.2023 in einem S3-Sicherheitslabor an hochansteckenden Viren wie dem Sars Cov 2-Virus oder dem des Westnilfiebers. (Quelle: Picture Alliance/Jan Woitas)
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Besonders betroffen: Berlin und Brandenburg

Mit weiteren Fällen sei zu rechnen: Die verfügbaren Daten wiesen auf eine erhöhte Aktivität hin. So gebe es vergleichsweise viele erfasste Infektionen mit dem Erreger bei Pferden und Vögeln. Vom zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) wurden bis zum 23. August 18 Nachweise bei Vögeln und 14 bei Pferden erfasst. "Besonders betroffen sind die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen", so das Institut in einer Mitteilung.

Ein weiterer Hinweis auf viele Übertragungen sei die vergleichsweise hohe Zahl eingeschickter auffälliger Proben von Blutspendern, erklärte Schmidt-Chanasit. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass der am häufigsten verwendete Screening-Test auch beim Usutu-Virus anschlage. Dieser Erreger verursacht aktuell ein massives Amselsterben in Deutschland. Menschen können sich Schmidt-Chanasit zufolge damit anstecken, erkranken aber selten.

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Nachweis zeitlich verzögert

"Zwischen beiden Viren aufgrund von Sequenzanalysen zu unterscheiden, ist sehr aufwendig und gelingt nicht immer", erklärte der Virus-Experte. Die langwierigen Tests sorgten zudem für eine zeitliche Verzögerung von einigen Wochen zwischen Probennahme und dem bestätigten Endergebnis basierend auf einer Virus-Sequenzierung. Es könnten also bereits deutlich mehr Infektionen aufgetreten sein, deren gesicherter Nachweis aber noch aussteht.

Generell gibt es beim West-Nil-Virus eine sehr hohe Dunkelziffer nicht erfasster Fälle, da eine Infektion in etwa 80 Prozent der Fälle ohne Symptome verläuft. Bei knapp 20 Prozent gibt es dem RKI zufolge milde, unspezifische Symptome wie Fieber oder Hautausschlag - auch sie bleiben häufig unbeachtet.

Schwerere und tödliche Verläufe des West-Nil-Fiebers betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Nur etwa ein Prozent der Infektionen führen zu solchen schweren neuroinvasiven Erkrankungen.

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Ausbreitung auf dichter besiedelte Gebiete

Mit einem deutlichen Anstieg der Fallzahlen bei Menschen sei zu rechnen, wenn das Virus sich im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet auszubreiten beginne, sagte Schmidt-Chanasit. Bisher seien die Mücken dort trotz der klimatisch günstigen Bedingungen wohl noch frei von dem Erreger - es sei aber damit zu rechnen, dass sich das ändere.

Im vergangenen Jahr waren vom RKI sieben von heimischen Mücken übertragene West-Nil-Infektionen in Deutschland erfasst worden, im Jahr davor 17. Experten gehen von einem Anstieg der Fallzahlen in den kommenden Jahren aus, unter anderem wegen der im Zuge des Klimawandels immer günstigeren Bedingungen für den Erreger. In Süd- und Südosteuropa gibt es schon seit längerem größere Ausbrüche.

Das West-Nil-Virus (WNV) stammt ursprünglich aus Afrika, wie es beim FLI heißt. Es wurde demnach erstmals 1937 im West-Nil-Distrikt in Uganda festgestellt, in Europa trat es Anfang der 1960er Jahre in Frankreich erstmals auf. In Deutschland wurde im August 2018 erstmals ein mit dem Erreger infizierter Vogel gefunden. 2019 hatte das RKI erstmals Infektionen bei Menschen erfasst, die auf eine Übertragung durch heimische Mücken zurückgingen.

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